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09/30/2019 11:20

Neuer Zündstoff für Handelsstreit – Subventionen für Airbus kommen EU teuer zu stehen

Mathias Rauck Kommunikation
Institut für Weltwirtschaft (IfW)

    Die Exportsubventionen der EU an Airbus haben ein teures Nachspiel und könnten den Handelsstreit mit den USA jetzt neu befeuern. Die WTO gestand den USA nun Ausgleichszölle zu, diese würden in Deutschland zu jährlichen Kosten von rund 2 Mrd. Euro führen, in der EU als Ganzes von bis zu 7 Mrd. Euro. Verhängt die EU Gegenzölle, wandelt sich das Bild. Weil die USA mehr Flugzeuge in die EU verkaufen als umgekehrt, würden sie unter europäischen Gegenzöllen besonders leiden. Vor allem China wäre lachender Dritter. Der seit Jahrzehnten dauernde Streit um Subventionen zwischen Airbus und Boeing zählt zu den schwierigsten Aufgaben des als neuer EU-Handelskommissar vorgesehenen Phil Hogan.

    Die Welthandelsorganisation (WTO) hat die USA vor wenigen Tagen autorisiert, Ausgleichszölle auf Importe aus der Europäischen Union (EU) im Wert von 5 bis 8 Mrd. Euro zu erheben. Hintergrund sind Subventionen durch EU-Staaten wie Deutschland an Airbus. „Das Urteil wirft einen dunklen Schatten auf die europäische Industriepolitik. Subventionen verlagern nicht nur das unternehmerische Risiko auf den Steuerzahler, sie stehen auch in Konflikt mit den Regeln des Welthandelssystems und können daher zur Verhängung von Ausgleichszöllen führen, die einen Milliardenschaden anrichten“, sagte Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW Kiel). Er hat mit IfW-Forscher Vincent Stamer die ökonomischen Kosten des WTO-Urteils analysiert („Airbus-Boeing-Konflikt gefährdet Waffenstillstand mit den USA“ / https://www.ifw-kiel.de/index.php?id=13194&L=1).

    Demnach mindern die Ausgleichszölle Deutschlands Exporte jährlich um 2,18 Mrd. Euro und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Ganzes um jährlich 1,97 Mrd. Euro, also etwa 0,06 Prozent. Frankreich erleidet Verluste in etwas höherer Größenordnung, jährlich 2,46 Mrd. Euro bei den Exporten und 1,72 Mrd. Euro beim BIP, was 0,10 Prozent entspricht. Die beiden weiteren Airbus-Standorte Großbritannien und Spanien sind weit weniger betroffen (GB: -0,76 Mrd. Euro Exporte und -0,64 Mrd. Euro BIP; ESP: -0,24 Mrd. Euro Exporte und -0,46 Mrd. Euro BIP).

    Auch EU-Länder ohne Airbus-Standort erleiden durch die Ausgleichszölle wirtschaftliche Schäden. Zum einen aufgrund der verzweigten Lieferketten der Luftfahrtindustrie. Zum anderen dürfen die USA zu einem kleinen Teil auch Produkte mit Zöllen belegen, die nicht aus der Luftfahrtindustrie stammen. Bislang kursieren dazu nur vorläufige Listen des US-Handelsministeriums mit Lebensmitteln wie Schweinefleisch, Mehl und Käse. Auf dieser Grundlage wäre vor allem Italien betroffen und würde jährlich bei den Exporten ein Minus von 0,44 Mrd. Euro und beim BIP ein Minus von 0,66 Mrd. Euro erleiden. Die EU als Ganzes müsste einen Wohlfahrtsverlust von jährlich 7 Mrd. Euro hinnehmen.

    Die USA profitieren durch die Ausgleichszölle, ihre Wirtschaftsleistung erhöht sich um 5,7 Mrd. Euro pro Jahr. Grund sind vor allem Produktionsverlagerungen in die USA bzw. die Substitution von EU-Importen durch US-Produkte, auch wenn diese teurer sein können.

    „Besonders pikant an dem WTO-Entscheid ist, dass er den Handelskonflikt zwischen der EU und den USA wieder neu anfachen könnte, nachdem in den letzten Monaten Ruhe eingekehrt ist“, sagte Felbermayr. „Trump hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er gewillt ist, einen hohen Druck auf seine Handelspartner auszuüben, um wieder mehr Industrieproduktion in die USA zu holen. Er dürfte sich das Urteil also zunutze machen. Weil höchstwahrscheinlich auch der EU im nächsten Jahr Ausgleichszölle für Exportsubventionen der USA an Boeing zugesprochen werden, könnte der Konflikt eskalieren, zulasten des Welthandels und zugunsten von Drittländern. Der für den Posten des EU-Handelskommissars vorgesehene Phil Hogan erbt von seiner Vorgängerin Cecilia Malmström ohnehin ein schwieriges Portfolio; der schon viele Jahre schwelende Streit um Subventionen im Flugzeugbau ist aber eine besonders harte Nuss.“

    Denn auch US-amerikanische Exporthilfen für Boeing sind momentan Gegenstand eines WTO-Verfahrens. Ein Entscheid, der die EU ihrerseits zu Ausgleichszöllen gegen die USA berechtigt, würde das Bild grundsätzlich wandeln. Im Falle wechselseitiger Ausgleichszölle könnte die EU ein minimales Plus bei der Wertschöpfung verzeichnen, während sie in den USA um bis zu 5,46 Mrd. Euro sänke.

    Grund ist, dass die USA im Jahr 2018 bei Flugzeugen und Flugzeugteilen einen Handelsüberschuss von circa 10 Mrd. Euro mit Europa hatte. Europa ist ein größerer Abnehmer für amerikanische Flugzeuge als Amerika für europäische. Airbus könnte daher höhere Umsätze von Boeing in Europa übernehmen, als es in den USA an Boeing verliert. Noch bedeutender sind die Gewinne unbeteiligter Drittländer, insbesondere China, Japan und Südkorea. Ostasien könnte sich als Hersteller von Luftfahrttechnik etablieren. Die Welt insgesamt würde um circa 2,5 Mrd. Euro ärmer werden. „Es sollte also nicht im Interesse der USA liegen, den Airbus-Boeing-Konflikt zu eskalieren“, sagte Felbermayr.

    „Der Airbus-Boeing-Fall zeigt, dass Subventionswettläufe hohe Kosten verursachen können, ohne Nutzen zu stiften. Denn wenn beide beteiligten Länder ihren Unternehmen mit Steuergeld Wettbewerbsvorteile verschaffen wollen, gewinnt am Ende keiner. Die Rechnung zahlen die Bürgerinnen und Bürger, und sie kann durch WTO-Ausgleichszölle sogar noch größer werden.“

    Medienansprechpartner:
    Mathias Rauck
    Pressesprecher
    T +49 431 8814-411
    mathias.rauck@ifw-kiel.de

    Institut für Weltwirtschaft
    Kiellinie 66 | 24105 Kiel
    T +49 (431) 8814-774
    F +49 (431) 8814-500

    www.ifw-kiel.de


    Contact for scientific information:

    Prof. Gabriel Felbermayr, Ph.D.
    Präsident
    T+49 431 8814-236
    gabriel.felbermayr@ifw-kiel.de


    Original publication:

    Zum Kiel Policy Brief: „Airbus-Boeing-Konflikt gefährdet Waffenstillstand mit den USA“ (https://www.ifw-kiel.de/index.php?id=13194&L=1)


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    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
    Economics / business administration, Politics, Social studies
    transregional, national
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