Das Thema des 10. NRW-Workshops Verbraucherforschung, den das Kompetenzzentrums Verbraucherforschung NRW (KVF NRW) am 10. Juli 2017 veranstaltet, sind Herausforderungen vor denen die Verbraucherpolitik angesichts einer sich differenzierenden Verbraucherwelt und der Debatte über das Leitbild des „mündigen Verbrauchers‟ steht. Interessierte Referentinnen und Referenten können bis zum 4. Mai 2017 ihre Vorschläge einreichen.
1. Leitbilddebatte und gesellschaftliche Realität
Verbraucherpolitik wird durch gesellschaftliche und ökonomische Wandlungsprozesse geprägt: Aufgrund der Pluralisierung von Lebensstilen, sozialer Ungleichheit, gesellschaftlichen Differenzierungsprozessen, Krisen und sozialstrukturellen Umbrüchen werden politische Akteure und Verbraucherorganisationen, damit konfrontiert, dass es „den Otto Normalverbraucher‟ nicht gibt. Bereits 1995 stellten Yannis Gabriel und Tim Lang die These vom „unmanageable consumer‟ auf, die auch 20 Jahre später aufrecht erhalten werden kann (Gabriel und Lang 2015). Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen, so die Autoren, „many different faces and images‟, sie seien „unpredictable, contradictory and unmanageable‟. Verbraucherinnen und Verbraucher sind in dieser Perspektive nicht nur Marktakteure, sondern auch Bürger, Aktivisten, Identitätssucher oder verletzliche Personen. Die Verbraucherpolitik steht vor der Herausforderung Instrumente für unterschiedliche Zielgruppen und ihre Bedürfnissen und Ansprüchen zu entwickeln.
In der Erkenntnis, dass ein eindimensionales Verbraucherbild in Forschung und Politik den verschiedenen Verbrauchergruppen und ihrer Lebensrealität nicht gerecht wird (vgl. Bala und Müller 2015; Fridrich et al. 2017), wurde in den Verbraucherwissenschaften (vgl. Kenning et al.2017) eine Diskussion darüber begonnen, welche Begriffe und Typologien an die Stelle der überkommenen Bilder und Vorstellungen treten könnten. Mit der Infragestellung des Verbrauchers als rationalen Akteur, des „mündigen Verbrauchers‟ und eines überwiegend ökonomischen geprägten Verbraucherbegriffs wurde eine Debatte über das Verbraucherleitbild in Gang gesetzt (vgl. Micklitz et al. 2010; Strünck et al. 2012), welche die Auseinandersetzungen über Ziele und Instrumente einer modernen Verbraucherpolitik mitgeprägt hat: Hält sich Politik zurück und geht von einem Verbraucher aus, der souverän in Märkten agiert? Oder greift der Staat stärker ein und setzt bei der Steuerung des Verbraucherverhaltens (Nudging) an?
Der Workshop soll die Herausforderungen vor denen verbraucherpolitische Akteure stehen, konkretisieren und im Dialog mit Wissenschaft, Politik und Gesellschaft Ansätze für politisches Handeln jenseits des Otto Normalverbrauchers entwickeln.
2. Fachgebiete und Themen
Wir laden Sie ein, Vorschläge einzureichen. Die ausgewählten Themen sollen in einem 20-minütigen Vortrag auf dem 10. NRW-Workshop Verbraucherforschung am Montag, den 10. Juli 2017 vorgestellt werden, der sich an Forschende und Vertreterinnen und Vertreter aus Verbraucherpolitik und -arbeit richtet. Willkommen sind Beiträge aus allen für die Verbraucherforschung relevanten Fachrichtungen (bspw. Ökonomie, Politikwissenschaft, Psychologie, Rechtswissenschaft, Sozialwissenschaft, Informatik, Marketing, etc.), aber auch inter- und transdisziplinäre Projekte.
Die einreichenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten ihren Dienst- oder Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben.
3. Deadline und Terminplanung
Bitte senden Sie ein aussagefähiges Abstract (maximal 2.000 Zeichen inkl. Leerzeichen; Titel, Autorennamen, Kontaktdaten und Keywords zählen nicht dazu) und eine Kurzbiografie bis zum 4. Mai 2017 als eine PDF-Datei an folgende E-Mail:
verbraucherforschung@verbraucherzentrale.nrw
Bis zum 12. Mai 2017 erhalten Sie Nachricht über die Annahme Ihres Vorschlags. In diesem Fall werden wir Sie bitten, uns bis zum 5. Juli 2017 eine Präsentation (PowerPoint, Open/Libre Office Impress oder PDF) zuzusenden. Bitte beachten Sie, dass die Vorträge dieses Workshops als Sammelband in unserer Open-Access-Schriftenreihe „Beiträge zur Verbraucherforschung‟ erscheinen sollen. Die Abgabe der Manuskripte soll bis zum 9. Oktober 2017 erfolgen.
4. Literatur
Bala, Christian und Klaus Müller, Hrsg. 2015. Abschied vom Otto Normalverbraucher. Moderne Verbraucherforschung: Leitbilder, Information und Demokratie. Essen: Klartext.
Fridrich, Christian, Renate Hübner, Karl Kollmann, Michael-Burkhard Piorkowsky und Nina Tröger, Hrsg. 2017. Abschied vom eindimensionalen Verbraucher. Kritische Verbraucherforschung. Wiesbaden: Springer VS.
Gabriel, Yiannis und Tim Lang. 2015. The unmanageable consumer. 3. Auflage. Los Angeles: SAGE Publications.
Kenning, Peter, Andreas Oehler, Lucia A. Reisch und Christian Grugel, Hrsg. 2017. Verbraucherwissenschaften: Rahmenbedingungen, Forschungsfelder und Institutionen. Wiesbaden: Springer Gabler.
Micklitz, Hans-W., Andreas Oehler, Michael-Burkhard Piorkowsky, Lucia A. Reisch und Christoph Strünck. 2010. Der vertrauende, der verletzliche oder der verantwortungsvolle Verbraucher? Plädoyer für eine differenzierte Strategie in der Verbraucherpolitik. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV. Berlin, Dezember.
Strünck, Christoph, Ulrike Arens-Azevedo, Tobias Brönneke, Kornelia Hagen, Mirjam Jaquemoth, Peter Kenning, Christia Liedtke, Andreas Oehler, Ulf Schrader und Marina Tamm. 2012. Ist der „mündige Verbraucher“ ein Mythos? Auf dem Weg zu einer realistischen Verbraucherpolitik. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats Verbraucher- und Ernährungspolitik beim BMELV. Berlin, Dezember.
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Das KVF NRW ist ein Kooperationsprojekt der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V. mit dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV) und dem Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung (MIWF) des Landes Nordrhein-Westfalen.
https://www.verbraucherzentrale.nrw/kvfws10cfp Call for Papers "Jenseits des Otto Normalverbrauchers"
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Studierende, Wissenschaftler
fachunabhängig
überregional
Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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