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07.03.2017 11:39

Klausurwoche Pränataldiagnostik in Deutschland und Polen: Gibt es noch ein Recht auf Nichtwissen?

Annika Bingmann Pressestelle
Universität Ulm

    Bei einer interdisziplinären Klausurwoche an der Universität Ulm diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und Polen über die Pränataldiagnostik in beiden Ländern. Vom 13. bis zum 17. März stehen ethische, gesellschaftliche und rechtliche Aspekte invasiver und nicht-invasiver Untersuchungsmethoden im Fokus. Die BMBF-Klausurwoche wird vom Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Universität Ulm organisiert. Alle Interessierten sind zu öffentlichen, kostenfreien Vorträgen eingeladen.

    Eine 38-Jährige freut sich, endlich schwanger zu sein. Doch in der Ultraschall-Feindiagnostik ergeben sich Hinweise auf eine Trisomie 21 („Down Syndrom“) des ungeborenen Kindes. Die Gynäkologin bietet der verunsicherten Patientin den nicht-invasiven PraenaTest© an, bei dem Genmaterial des Fötus aus dem Blut der Mutter gewonnen und risikofrei untersucht wird. Doch will oder muss die Schwangere zwangsläufig wissen, ob ihr Baby mit dem Down Syndrom geboren wird? Und würden die Konsequenzen eines positiven Testbefunds in Deutschland und Polen tendenziell anders ausfallen?

    Um ethische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte der invasiven und nicht-invasiven Pränataldiagnostik in Deutschland und Polen dreht sich eine interdisziplinäre Klausurwoche vom 13. bis zum 17. März an der Universität Ulm. Junge, aber auch erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus beiden Ländern werden unter anderem über die Auswirkungen schnell verfügbarer, nicht-invasiver Blutuntersuchungen wie den PraenaTest© diskutieren. Auf der einen Seite sind diese Tests so kostengünstig und risikoarm, dass sie schon bald zur Standarddiagnostik gehören könnten. Auf der anderen Seite beschneiden sie das Recht der Eltern auf Nichtwissen und erzwingen womöglich bestimmte Entscheidungen. In Deutschland tendiert schon heute die große Mehrzahl der Mütter bei einem Verdacht auf Trisomie 21 oder schwerere Fehlbildungen zu einem Schwangerschaftsabbruch. In der Klausurwoche sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Beurteilung vorgeburtlicher Untersuchungen in Deutschland und Polen herausgearbeitet werden. Neben ethischen Problemen wollen die Forscher auch den gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmen in den Nachbarländern diskutieren. Welche rechtlichen Maßnahmen sind nötig, um auf die veränderten diagnostischen Möglichkeiten zu reagieren? Und wie verändert sich das Bild von Krankheit und Behinderung, wenn sie immer früher feststellbar sind? Das sind nur zwei wichtige Fragestellungen von vielen.

    Die interdisziplinäre Klausurwoche wird vom Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin unter der Leitung von Professor Florian Steger organisiert und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Sie richtet sich sowohl an Mediziner und Naturwissenschaftler als auch an Geistes- und Sozialwissenschaftler. Die wissenschaftliche Veranstaltung wird durch öffentliche Vorträge ergänzt. Unter anderem referiert der Ärztliche Direktor der Ulmer Universitäts-Frauenklinik, Professor Wolfgang Janni, über Entscheidungskonflikte im Umfeld der modernen Pränataldiagnostik. Die prominente polnische Politikerin Wanda Nowicka, die sich beispielsweise für die Legalisierung von Abtreibungen einsetzt, wird über die politische Diskussion zur vorgeburtlichen Diagnostik in Polen informieren. Bis 2015 war Nowicka Vizemarschall der Sejm, einer der beiden Kammern der polnischen Nationalversammlung. Der Eintritt zu den öffentlichen Vorträgen ist frei. Eine Anmeldung ist nicht nötig.

    Öffentliche Vorträge

    im Rahmen der BMBF-Klausurwoche „Ethische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte invasiver und nicht-invasiver genetischer Pränataldiagnostik in Deutschland und Polen“

    Montag, 13.3.2017
    Entscheidungskonflikte im Umfeld der modernen Pränataldiagnostik in der Gynäkologie
    Referent: Prof. Dr. Wolfgang Janni (Direktor der Universitätsfrauenklinik Ulm)
    Zeit: 14:30-15:45 Uhr
    Ort: Klinik für Frauenheilkunde, Prittwitzstraße 43, Donauraum, Zi. 308, 2.OG

    Dienstag, 14.3.2017
    Fortpflanzungsmedizin aus juristischer Sicht
    Referent: Prof. Dr. Josef Franz Lindner (Universität Augsburg)
    Zeit: 16:00-17:30 Uhr
    Ort: Haus der Stadtgeschichte – Schwörhaus, „Schwörsaal“, Weinhof 12

    Mittwoch, 15.3.2017
    Auf dem Weg zum fetalen (Epi)Genom? Genetische Pränataldiagnostik im Spannungsfeld von Technologieentwicklung und informierter Entscheidung
    Referent: Prof. Dr. Reiner Siebert (Universität Ulm)
    Zeit: 11:00-12:30 Uhr
    Ort: Universität Ulm, Albert-Einstein-Allee, Bereich Ost, Hörsaal 8

    Mittwoch, 15.3.2017
    What politicians have to do with it? Current debates on prenatal medicine in Poland
    Referentin: Wanda Nowicka (Universität Warschau)
    Zeit: 16:30-18:00 Uhr
    Ort: Haus der Stadtgeschichte – Schwörhaus, „Schwörsaal“, Weinhof 12

    Donnerstag, 16.3.2017
    Making sense of non-directiveness of genetic counseling. The case of Poland
    Referent: Prof. Dr. Paweł Łuków (Universität Warschau)
    Zeit: 11:00-12:30 Uhr
    Ort: Villa Eberhardt, Rittersaal, Heidenheimer Straße 80


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-ulm.de/med/med-medgeschichte/forschung/drittmittelprojekte


    Bilder

    Prof. Florian Steger, Leiter des Ulmer Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
    Prof. Florian Steger, Leiter des Ulmer Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
    Quelle: Foto: Eberhardt/Uni Ulm


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Medizin, Philosophie / Ethik, Politik, Recht
    überregional
    Pressetermine, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Prof. Florian Steger, Leiter des Ulmer Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin


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