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23.03.2017 16:08

Das Beispiel im Wissen der Ästhetik (1750–1850). Erforschung einer diskursiven Praxis

Susanne Bossemeyer Stabsstelle 2 – Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
FernUniversität in Hagen

    Rosen, Schnabeltiere, die Sixtinische Madonna oder Leichen: In den ästhetischen Schriften großer Denker wie Lessing, Hegel oder Kant wurde eine bunte Fülle von Beispielen herangezogen. Diesem Phänomen wendet sich bald das Forschungsprojekt „Das Beispiel im Wissen der Ästhetik (1750–1850). Erforschung und Archivierung einer diskursiven Praxis“ zu, das vom Lehrgebiet Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Medienästhetik im Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft der FernUniversität in Hagen betrieben wird. Ab 1. Mai wird das Vorhaben über einen Zeitraum von drei Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

    Rosen, Schnabeltiere, die Sixtinische Madonna oder Leichen: In den ästhetischen Schriften großer Denker wie Lessing, Hegel oder Kant wurde eine bunte Fülle von Beispielen herangezogen. Diesem Phänomen wendet sich bald das Forschungsprojekt „Das Beispiel im Wissen der Ästhetik (1750–1850). Erforschung und Archivierung einer diskursiven Praxis“ zu, das vom Lehrgebiet Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Medienästhetik im Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft der FernUniversität in Hagen betrieben wird.

    Ab 1. Mai wird das Vorhaben über einen Zeitraum von drei Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Neben dem Leiter des Lehrgebiets Prof. Dr. Michael Niehaus betreuen die Wissenschaftlichen Mitarbeitenden Jessica Güsken, M.A., und Dr. Christian Lück das Projekt.

    Einbettung in Online-Archiv

    Jessica Güsken hat sich durch die Arbeit an ihrer Dissertation bereits intensiv mit der Materie auseinandergesetzt. Auch Lück ist auf dem Feld der Beispielforschung erfahren: Er begleitet schon seit mehreren Jahren die Datenbank „Archiv des Beispiels“ (http://beispiel.germanistik.tu-dortmund.de/), die seit 2014 im Lehrgebiet von Prof. Niehaus beheimatet ist. Die Online-Plattform katalogisiert und beschreibt Beispiele aus Wissenschaftsdiskursen der Moderne. Sämtliche Erkenntnisse, die das neue Projekt hervorbringt, sollen in das noch im Aufbau befindliche Archiv eingebettet werden.

    Ausdifferenzierte Analyse

    Im Rahmen des Projekts wird eine Vielzahl von Beispielen aus ästhetischen Schriften von 1750 bis 1850 analysiert. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt. Eine Herausforderung liegt darin, dass zwischen zahlreichen Beispielarten differenziert werden muss: So dienen manche Exempel einfach nur der Klärung allgemeiner Begriffe oder als Gegenbeweise. Andere hingegen haben einen normativen Charakter und beinhalten indirekte Aufforderungen an die Leserschaft.

    Somit wohnt den Abhandlungen auch ein praktischer Gehalt inne: Die Ästhetiker wollten ihr Publikum geschmacklich bilden. Anhand von didaktischen Beispielen sollten die Rezipierenden gewisse Sicht-, Denk- oder Verhaltensweisen einüben. Dabei ging es nicht nur um Muster des Erhabenen oder Schönen, sondern genauso um deren Gegenteil: „Gerade beim Hässlichen hat man ja auch ein Wort dafür: ‚das abschreckende Beispiel‘!“, erklärt Jessica Güsken.

    Ein Beispiel, mehrere Auslegungen

    Auffällig ist, dass gleiche Beispiele teils völlig konträr verwendet wurden. „Es gibt regelrechte Beispielstreits!“, erläutert sie weiter. Die Philosophen widersprachen sich auch in Fällen, die aus heutiger Sicht marginal erscheinen mögen. So wurde etwa das Krokodil, das wiederholt zur Veranschaulichung herhalten musste, von verschiedenen Autoren mit gegensätzlichen Eigenschaften assoziiert. Güsken: „Manche behaupten, es sei als amphibisches Wesen schlicht widerlich und hässlich. Andere meinen hingegen, mit seinem kräftigen Körper und dem großen Maul sei das Krokodil vielmehr etwas Erhabenes.“

    Im Laufe des Untersuchungszeitraums zeigen sich zudem Paradigmenwechsel. Etwa hinsichtlich des Aals, der noch bei Herder aufgrund seines glitschigen Körpers in Verruf stand, späterhin jedoch wegen seiner im Sinne eines neuen Zeitgeists faszinierenden elektrischen Eigenschaften als besonders interessant rehabilitiert wurde.

    Anschlussüberlegungen

    Auch der Frage, was die Denker zur Wahl ihrer Exempel bewegte, wird nachgegangen. „Bei dem einen kommt eher die Rose als Beispiel vor, bei dem anderen eher die Tulpe. Man fragt sich dann: Woher haben die das jetzt?“, meint Lück. Allein im Spezialfall der Blume führt das zu vielfältigen Überlegungen – angefangen beim Einfluss der Denker untereinander über die Praxis des Gartenbaus bis hin zur Geschichte biologischer Entdeckungsreisen.

    Außerdem beinhaltet das Projekt quantitative Erhebungen: Dokumentiert wird etwa, inwiefern sich gewisse Beispiele im ästhetischen Diskurs ablösen, häufen oder verloren gehen.

    Neue Stelle und Zeitschrift in Planung

    Mithilfe der DFG-Mittel soll eine zusätzliche Stelle für wissenschaftlich Beschäftige im Lehrgebiet besetzt werden. Zudem ist bereits eine Fachzeitschrift mit dem Titel „z.B.“ in Planung, die in unregelmäßigen Abständen über die Fortschritte des Projekts informieren und noch dieses Jahr erscheinen soll. Auch für eine interdisziplinäre Konferenz zum Thema „Handgreifliche Beispiele“, die im Juli 2017 an der FernUniversität gemeinsam mit Dr. Peter Risthaus von der Ruhruniversität Bochum veranstaltet wird, laufen schon Vorbereitungen. Zurzeit werden im Rahmen des Bachelorstudiums Kulturwissenschaften Fern-Praktika angeboten, in denen Studierende online am „Archiv des Beispiels“ mitarbeiten können.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wissenschaftler
    Kulturwissenschaften, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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