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07.04.2017 16:54

Besser als die Natur: Künstlicher Biofilm steigert Stromproduktion mikrobieller Brennstoffzellen

Christian Wißler Mediendienst Forschung
Universität Bayreuth

    Mikrobielle Brennstoffzellen nutzen den Stoffwechsel von Bakterien, um elektrischen Strom zu erzeugen. Ein neuartiger Biofilm aus Bayreuth kann diese noch junge Technologie deutlich effektiver, stabiler und anwendungsfreundlicher machen. Ein Forschungsteam der Universität Bayreuth hat jetzt ein Material hergestellt, das sich weit besser als natürliche Biofilme zur Stromproduktion in Brennstoffzellen eignet. In der Zeitschrift „Macromolecular Bioscience“ stellen die Wissenschaftler die Vorteile ihrer neuen Entwicklung vor.

    Bakterien in mikrobiellen Brennstoffzellen ernähren sich von organischen Substanzen, zum Beispiel von Milchsäure. Dabei werden durch Stoffwechselprozesse ständig Elektronen freigesetzt. Sobald diese Elektronen mit der Anode der Brennstoffzelle in Berührung kommen, werden sie zur gegenüberliegenden Kathode weitergeleitet. So entsteht ein Stromkreislauf. Um auf diese Weise Strom zu produzieren, war es bislang üblich, die metallische Oberfläche der Anode mit Bakterien zu besiedeln. Dort vermehren sich die Bakterien, bilden allmählich einen natürlichen Biofilm und übertragen Elektronen auf die Anode. Der neu entwickelte, künstliche Biofilm aus Bayreuth hat den gleichen Effekt, optimiert diese Art der Stromerzeugung aber gleich in mehrfacher Hinsicht.

    Bakterien in Kunststoffnetzen: stabiler als natürliche Biofilme

    Das Material, das die Forschergruppe um Prof. Dr. Ruth Freitag (Bioprozesstechnik) und Prof. Dr. Andreas Greiner (Makromolekulare Chemie) entwickelt hat, ist ein Biokomposit, genauer: ein Hydrogel. Es handelt sich um ein Netzwerk aus winzigen Polymerfasern, in denen sich lebende Bakterien befinden, die ihren stromerzeugenden Stoffwechsel uneingeschränkt fortsetzen. Doch die Menge des erzeugten Stroms ist deutlich höher: „Unser Biofilm enthält nur eine einzige Art von Bakterien, Bakterien der Art Shewanella oneidensis. Die elektrische Leistung einer Brennstoffzelle ist mit diesem Film doppelt so hoch, als wenn Bakterien der gleichen Art einen natürlichen Biofilm produzieren“, erklärt der Bayreuther Doktorand Patrick Kaiser M.Sc., einer der Autoren der jetzt veröffentlichten Studie.

    Zu dieser Leistungssteigerung kommt ein weiterer Vorteil hinzu: Die Stromerzeugung verläuft zuverlässig und berechenbar, denn die Dichte der Bakterien ist im künstlichen Biofilm von vornherein festgelegt. Ein natürlicher Biofilm wird im Gegensatz dazu auf eine schwer zu kontrollierende Weise abgebaut und ist deshalb instabil. Das neue Biokomposit der Bayreuther Wissenschaftler macht Brennstoffzellen deshalb wesentlich anwendungsfreundlicher.

    Das Biokomposit wurde auf dem Bayreuther Campus durch das Elektrospinnen von Polymerfasern hergestellt, die zusammen einen Vliesstoff bilden. „Das Elektrospinnen von Vliesstoffen ist heute eine weit verbreitete Technologie. Für die Einbettung der Bakterien sind keine zusätzlichen Produktionsschritte erforderlich“, betont Steffen Reich M.Sc., der sich in seiner Bayreuther Doktorarbeit mit der Verkapselung von Bakterien in Polymeren befasst.

    Finanzierung durch Bayerischen Projektverbund

    Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse zur mikrobiellen Brennstoffzelle sind aus dem Vorhaben „Biofilme für die Prozessintensivierung“ hervorgegangen, das dem Projektverbund „Ressourcenschonende Biotechnologie in Bayern – BayBiotech“ angehört. Dieser Verbund wird seit 2015 vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit insgesamt rund zwei Millionen Euro finanziert.

    Veröffentlichung:

    Patrick Kaiser, Steffen Reich, Daniel Leykam, Monika Willert-Porada, Seema Agarwal, Andreas Greiner, Ruth Freitag,
    Electrogenic single-species biocomposites as anodes for microbial fuel cells,
    Macromolecular Bioscience (2017), doi: 10.1002/mabi.201600442.

    Video zum Vorhaben „Biofilme für die Prozessintensivierung“:

    http://www.youtube.com/watch?v=_OYnFJ4-Z5o&feature=youtube_gdata
    oder bei http://www.baybiotech.de

    Kontakt:

    Prof. Dr. Ruth Freitag / Prof. Dr. Andreas Greiner
    Lehrstuhl für Bioprozesstechnik / Lehrstuhl für Makromolekulare Chemie II
    Universität Bayreuth
    95447 Bayreuth
    Telefon: +49 (0)921 55 7371 / 3399
    E-Mail: ruth.freitag@uni-bayreuth.de / andreas.greiner@uni-bayreuth.de


    Bilder

    Die Bayreuther Doktoranden Patrick Kaiser M.Sc. und Steffen Reich M.Sc. (v.l.) mit einer Probe nassgesponnener Mikrofasern im Labor für Bioprozesstechnik.
    Die Bayreuther Doktoranden Patrick Kaiser M.Sc. und Steffen Reich M.Sc. (v.l.) mit einer Probe nassg ...
    Quelle: Foto: Christian Wißler; zur Veröffentlichung frei.

    Konfokalmikroskopische Aufnahme einer nassgesponnenen Mikrofaser mit Shewanella oneidensis-Bakterien. Grün: lebende Bakterien, rot: tote Bakterien.
    Konfokalmikroskopische Aufnahme einer nassgesponnenen Mikrofaser mit Shewanella oneidensis-Bakterien ...
    Quelle: Bild: Patrick Kaiser; mit Autorangabe zur Veröffentlichung frei.


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Chemie, Energie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die Bayreuther Doktoranden Patrick Kaiser M.Sc. und Steffen Reich M.Sc. (v.l.) mit einer Probe nassgesponnener Mikrofasern im Labor für Bioprozesstechnik.


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    Konfokalmikroskopische Aufnahme einer nassgesponnenen Mikrofaser mit Shewanella oneidensis-Bakterien. Grün: lebende Bakterien, rot: tote Bakterien.


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