idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
11.05.2017 13:38

„Koal-O-Mat“ für NRW: Minderheitsregierung könnte die beste Lösung sein

Katja Bär Pressestelle: Kommunikation und Fundraising
Universität Mannheim

    Die Mannheimer Politikwissenschaftler Dr. Christian Stecker und Dr. Thomas Däubler zeigen, warum die Regierungsbildung in NRW schwierig werden könnte – und warum eine Minderheitsregierung eine Überlegung wert ist

    Die jüngsten Umfragen lassen für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ein knappes Rennen zwischen SPD und Union erwarten. Und wie zuletzt in Schleswig-Holstein werden höchstwahrscheinlich weder SPD und Grüne noch Union und FDP eine parlamentarische Mehrheit erringen. Neben einer Großen Koalition könnten Dreierbündnisse eine mögliche Lösung sein – aber nicht notwendigerweise die beste, sagen die Mannheimer Politikwissenschaftler Dr. Christian Stecker und Dr. Thomas Däubler. Sie empfehlen den Parteien, auch eine Minderheitsregierung in Betracht zu ziehen.

    Stecker und Däubler, beide Projektleiter am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) der Universität Mannheim, haben die Gemeinsamkeiten und potentiellen Konflikte denkbarer Koalitionspartner in Nordrhein-Westfalen ermittelt. Als Datenbasis dient den Wissenschaftlern die bekannte Online-Anwendung Wahl-O-Mat. Der Wahl-O-Mat gleicht die persönlichen Standpunkte eines Nutzers zu 38 politischen Themen mit den entsprechenden Positionen der Parteien ab und zeigt so, welcher Partei der Nutzer am nächsten steht. Die Parteipositionen geben auch Hinweise darauf, wie gut oder schlecht verschiedene Partner miteinander regieren könnten. Aus dem Wahl-O-Mat ergibt sich so der Koal-O-Mat.

    "Jamaika" und "Ampel": Viel mehr Konflikte als Gemeinsamkeiten

    Die Analyse der Wissenschaftler zeigt, dass die vermutlich sechs Parteien im künftigen Düsseldorfer Landtag bei der Regierungsbildung vor einer schwierigen Aufgabe stehen: "Eine Große Koalition oder Rot-Rot-Grün könnte zwar auf einer weitgehenden Einigkeit in Sachfragen aufbauen. Beide Bündnisse sind aber bekanntlich aus parteitaktischen Gründen nicht erwünscht. Und bei einer Jamaika- oder Ampel-Koalition sind die inhaltlichen Gemeinsamkeiten sehr gering", erklärt Christian Stecker. Ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP enthielte laut Koal-O-Mat nur 13 thematische Gemeinsamkeiten, aber 18 Konflikte. Bei einer Koalition aus CDU, Grünen und FDP wären es sogar nur 11 Gemeinsamkeiten und 21 Gegensätze. Zum Vergleich: Rot-Grün hätte 26 Gemeinsamkeiten und nur vier Konflikte, und Schwarz-Gelb hätte 27 Übereinstimmungen bei nur 6 Widersprüchen. "Rot-Grün und Schwarz-Gelb gelten nicht umsonst nach wie vor als Wunschverbindungen der jeweiligen Parteien und ihrer Anhänger", erklärt Thomas Däubler. "Mehrheiten für diese traditionellen Bündnisse scheinen allerdings in weiter Ferne. Das wird wohl vorerst so bleiben, auch bei der Bundestagswahl im September. Die Parteien sollten sich daher Gedanken machen, wie sie künftig handlungsfähige Regierungen bilden können", regt Däubler an.

    Minderheitsregierungen – in Dänemark ganz normal

    Die beiden Politikwissenschaftler empfehlen den Parteien, künftig auch Minderheitsregierungen in Erwägung zu ziehen: "In Dänemark beispielsweise sind Minderheitsregierungen ganz normal und nicht etwa ein Zeichen von Krise oder Schwäche. Die Regierungsparteien suchen sich je nach Thema wechselnde Kooperationspartner aus dem Spektrum der im Parlament vertretenen Parteien. Dass sich, wie hierzulande, dieselben Parteien bei jedem Thema auf eine gemeinsame Linie festlegen und die anderen ausschließen, ist dort schwer vorstellbar", sagt Stecker.

    Wechselnde Mehrheiten würden parlamentarischen Handlungsspielraum in NRW erhöhen

    Der Koal-O-Mat zeigt, dass der künftige Düsseldorfer Landtag seinen Handlungsspielraum deutlich vergrößern könnte, würden die Parteien flexibler zusammenarbeiten. "Schätzt man die künftige Parlamentszusammensetzung auf Basis der jüngsten Umfragen ab, dann sieht man: Bei insgesamt 24 von 38 Themen könnten sich die Parteien zu einer Parlamentsmehrheit zusammenfinden – und das ohne die AfD miteinzubeziehen", betont Stecker.

    Gewinner des Regierens mit wechselnden Mehrheiten könnten die Sozialdemokraten sein. "Die SPD hat leichte strategische Vorteile, weil sie die größte Schnittmenge mit anderen Parteien besitzt", erklärt Däubler. "Sie könnte bei allen 24 Themen auf der Gewinnerseite stehen."

    Allerdings ist der von Stecker und Däubler ermittelte strategische Vorteil für die SPD deutlich geringer als früher. Verschiebungen im Parteiensystem hätten die Schnittmengen der CDU mit anderen Parteien vergrößert. Auch für die Union sei die Führung einer Minderheitsregierung daher praktikabel, heißt es in der Analyse.

    Hannelore Kraft führte bereits 2010 bis 2012 eine Minderheitsregierung

    Bringe das Wahlergebnis am Sonntag keine klaren Mehrheiten, so werde sich Hannelore Kraft möglicherweise daran erinnern, dass sie zwischen
    2010 und 2012 bereits mit wechselnden Mehrheiten regiert habe, so die beiden Politikwissenschaftler. "Und für die parlamentarische Demokratie Nordrhein-Westfalens wäre eine Neuauflage des 'Düsseldorfer Experiments'
    von 2010 sicher keine schlechte Option", fasst Stecker zusammen.

    Weitere Informationen:
    Die vollständige Analyse der Wissenschaftler inklusive grafischer Darstellung steht zum Download zur Verfügung:
    www.mzes.uni-mannheim.de/publications/papers/koalomat_nrw_2017.pdf

    Kontakt:
    Dr. Christian Stecker
    Projektleiter
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
    Universität Mannheim
    Telefon: +49-621-181-2855
    E-Mail: Christian.Stecker@mzes.uni-mannheim.de
    http://www.mzes.uni-mannheim.de/d7/de/profiles/christian-stecker

    Dr. Thomas Däubler
    Projektleiter
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
    Universität Mannheim
    Telefon: +49-621-181-2809
    E-Mail: Thomas.Daeubler@mzes.uni-mannheim.de
    http://www.mzes.uni-mannheim.de/d7/de/profiles/thomas-daubler

    Nikolaus Hollermeier
    Direktorat / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
    Universität Mannheim


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2017/Mai/%22Ko...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Gesellschaft, Politik
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).