Andrea Althaus hat anhand erzählter Lebensberichte die weibliche Arbeitsmigration in die Eidgenossenschaft untersucht
Tausende junge Frauen aus Deutschland und Österreich wanderten im Laufe des 20. Jahrhunderts in die Schweiz aus. Sie verließen ihr Zuhause, um in den Schweizer Privathaushalten, Gastwirtschaften und Hotels als Dienst- oder Zimmermädchen, Serviertöchter, Buffetfräuleins oder Köchinnen zu arbeiten. „Mädchen, geh in die Schweiz und mach dein Glück!“, hieß es damals sprichwörtlich. Die Historikerin Dr. Andrea Althaus von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat in ihrer Anfang Mai 2017 erschienenen Dissertation die Lebenswege von 79 Frauen untersucht, die zwischen 1920 und 1965 zum Arbeiten in die Schweiz gingen. Auf Grundlage von lebensgeschichtlichen Interviews sowie schriftlichen Erinnerungsberichten zeigt Althaus auf, welche Gründe die Frauen dazu bewogen auszuwandern, wie sie sich an diese Zeit heute erinnern und wie sie aufgrund ihrer Herkunft zur Projektionsfläche schweizerischer Überfremdungsängste wurden. Erstgutachterin der Arbeit war die Freiburger Historikerin Prof. Dr. Sylvia Paletschek.
Im Fokus der Dissertation stehen die Arbeitsgebiete Haushalt und Gastgewerbe, da damals ein ausgesprochener Mangel an „Dienstmädchen“ in der Schweiz herrschte, der die hohe Arbeitsmigration erst ermöglichte. „Viele Frauen kamen aus der Landwirtschaft oder aus Arbeiterhaushalten, etwas weniger aus dem bürgerlichen Milieu“, sagt Althaus. Aus geographischer Sicht seien die Frauen aus ganz Deutschland und Österreich in die Schweiz gegangen. Gleichzeitig habe sich aufgrund der persönlichen Beziehungen die Migration stetig verfestigt. „Self-generating Migration oder auch Kettenmigration wird das genannt. Es hat sich über die Zeit ein breites Migrantinnen-Netzwerk ausgebildet. Fast jede junge Frau kannte jemanden, der in die Schweiz gegangen war. Das erleichterte das Weggehen“, erläutert Althaus.
Im Laufe ihrer Forschungsarbeit zeigte sich, dass die Frauen die Migration in die Schweiz nutzten, um sich zu emanzipieren. „Es waren nicht nur die verlockenden Vorstellungen von gutem Essen, hohen Löhnen und idyllischen Landschaften, die die Frauen dazu bewogen in die Schweiz zu gehen. Viele wollten einfach mal fort, weg vom strengen Elternhaus oder einer unbefriedigenden Arbeit in einer Fabrik“, sagt Althaus. Das Finden eines Schweizer Ehemanns und der damit verbundene Erhalt eines Schweizer Passes habe dabei keine so große Rolle gespielt, wie der damalige, vor allem antideutsch geprägte Überfremdungsdiskurs es vielleicht nahelegte. „Eine interessante Erkenntnis ist auch, dass die Frauen sich an ihre Zeit in der Schweiz sehr positiv erinnern. Manche sagen sogar, dass es die ‚schönste oder beste Zeit‘ gewesen sei.“
Am 31. Mai 2017 hat Andrea Althaus für ihre Forschungsarbeit den Bertha-Ottenstein-Preis von der Albert-Ludwigs-Universität erhalten. Mit dem Preis würdigt die Universität herausragende Leistungen im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung. Die Ausstellung „Mädchen, geh in die Schweiz und mach dein Glück“ im Dreiländermuseum Lörrach zeigt noch bis zum 1. Oktober 2017 die Ergebnisse der Studie.
Originalveröffentlichung:
Althaus, A. (2017): Vom Glück in der Schweiz? Weibliche Arbeitsmigration aus Deutschland und Österreich (1920-1965). Frankfurt am Main.
www.magnetbasel.ch/ausstellungen/dreilaendermuseum
Kontakt:
Andrea Althaus
E-Mail: andrea.althaus@gmx.ch
https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2017/vom-glueck-in-der-schweiz?set_language=de
Foto: Steinmann/Wikimedia Commons
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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