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01.09.2017 09:32

Verändertes Immunsystem im Gehirn kann Neurodegeneration hervorrufen

Benjamin Waschow Stabsstelle Unternehmenskommunikation
Universitätsklinikum Freiburg

    Krebsmedikament könnte baldige Therapie ermöglichen / Publikation im Fachmagazin Nature

    Eine Genveränderung in Mikrogliazellen, den Immunzellen des Gehirns, kann Auslöser für eine schwere neurodegenerative Erkrankung sein. Dies wies ein internationales Wissenschaftlerteam unter Ko-Leitung von Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie am Universitätsklinikum Freiburg, bei Mäusen nach. Ist das Gen BRAF schon in frühen Entwicklungsstadien der Immunzellen weit vor der Geburt verändert, vermehren sich Mikrogliazellen im Erwachsenenalter übermäßig, lösen Entzündungsreaktionen im Gehirn aus und führen schließlich zum Absterben von Nervenzellen. Gaben die Forscher den Tieren einen Hemmstoff gegen das nur in Mikrogliazellen veränderte Molekül BRAF ins Futter, traten die Hirnschäden und Verhaltensänderungen der Mäuse deutlich später und schwächer auf. Auch Menschen mit einer solchen Genveränderung entwickeln im Laufe des Lebens eine neurodegenerative Erkrankung. Inwieweit die neuen Erkenntnisse auf Alzheimer, Parkinson und andere neurodegenerative Krankheiten übertragbar sind, soll in weiteren Untersuchungen geprüft werden. Die Studie erschien am 30.08.2017 im renommierten Fachmagazin Nature.

    Gehirne von Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen zeigen neben einem Nervenzellverlust auch eine ausgeprägte Aktivierung von Mikrogliazellen. Unklar war bisher, ob dies Ursache oder Folge der Erkrankung ist und ob dieser Effekt das Gehirn eher schützt oder schädigt. „Unsere Studie bringt erstmals den Nachweis, dass Immunzellen des Gehirns neurodegenerative Krankheiten auslösen können. Gleichzeitig eröffnet sich dadurch ein neuer, sehr interessanter therapeutischer Ansatz“, sagt Prof. Prinz, der auch Sprecher des Sonderforschungsbereichs/Transregio 167 „Neuromac“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist.

    Für ihre Untersuchung schleusten die Forscher das veränderte BRAF-Gen vor der Geburt der Mäuse in noch nicht ausgereifte Mikrogliazellen ein. Daraufhin entwickelten die Tiere mit vier bis fünf Monaten erste Lähmungserscheinungen, wie sie auch bei Patienten mit neurodegenerativen Krankheiten auftreten können. Nach neun Monaten waren die Lähmungen bei mehr als der Hälfte der Tiere sehr stark ausgeprägt und es fand sich ein ausgeprägter Nervenzellverlust. Erhielten die Tiere allerdings früh und regelmäßig einen BRAF-Hemmer über das Futter, zeigte nach neun Monaten nur eines von fünf Tieren stärkere neurologische Einschränkungen und die Neurodegeneration im Gehirn konnte gestoppt werden.

    Krebsmedikament könnte Krankheit stoppen

    Auch beim Menschen führt diese Genveränderung zu Neurodegeneration, wie die Forscher aus Deutschland, Großbritannien und den USA bei fünf Patienten mit der seltenen Immunkrankheit Histiozytose nachweisen konnten. Da BRAF auch bei der Entstehung aggressiver Tumore eine Rolle spielt, gibt es seit wenigen Jahren klinisch zugelassene Hemmstoffe. Auf diese Medikamente setzen die Freiburger Forscher ihre Hoffnung. „Im besten Fall könnten diese Krebsmedikamente zukünftig auch bei bestimmten neurodegenerativen Erkrankungen mit dieser Mutation in Mikrogliazellen eingesetzt werden“, sagt einer der führenden Autoren der Studie Dr. Thomas Blank, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg, der gemeinsam mit dem Medizinstudenten Marius Schwabenland die Mechanismen der Neurodegeneration in der Studie untersuchte.

    Original-Titel der Studie: A somatic mutation in erythro-myeloid progenitors causes neurodegenerative disease

    DOI: 10.1038/nature23672

    Kontakt:
    Prof. Dr. Marco Prinz
    Ärztlicher Direktor
    Institut für Neuropathologie
    Universitätsklinikum Freiburg
    Telefon: 0761 270-51060
    marco.prinz@uniklinik-freiburg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature23672.html Link zur Studie


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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