Die Annahme, dass Schlangensterne über kristalline Skelettstrukturen Licht wahrnehmen, konnte durch Forscherinnen und Forscher des Museums für Naturkunde Berlin und ihre vertiefende Forschung für Natur sowie internationale Kooperationspartnern widerlegt werden. Die gefundene, unvermutet hohe Anzahl der über den gesamten Körper verteilten Sehzellen bietet eine erste strukturelle Grundlage, um das Sehvermögen dieser augenlosen Tiere genauer zu erforschen.
Lange Zeit wurde vermutet, dass Schlangensterne der Art Ophiocoma wendtii (nahe Verwandte von Seeigeln und Seesternen) ihr Sehvermögen kristallinen Strukturen ihres Kalkskeletts verdanken. Diese Verdickungen im gitterartigen Innenskelett der Tiere können in der Tat, wenn aus dem Gewebe der Tiere isoliert, Licht auf einen Fokuspunkt unterhalb des Kalkkristalls konzentrieren.
Lange wurden diese Strukturen deshalb als „Mikrolinsen“ bezeichnet und für immer neue, vor allem auch fossile Arten von Schlangen- und sogar Seesternen beschrieben.
Am Museum für Naturkunde Berlin wurde nun in Kooperation mit einem internationalen Forschungsteam nachgewiesen, dass eine optische Funktion dieser spezialisierten Kalkstrukturen sehr unwahrscheinlich ist. Die häufig zitierte Hypothese eines hochspezialisierten, komplexaugenähnlichen Sehsystems bei Schlangensternen kann durch die neuen Befunde aus Antikörperfärbungen, computertomographischen und elektronenmikroskopischen Vermessungen des Skeletts, sowie aus histologischen Untersuchungen nicht belegt werden. Im Gegenteil - in der aktuellen Studie konnte gezeigt werden, dass unterhalb der hypothetisierten „Mikrolinsen“, an deren vermeintlichen Fokuspunkten, keine Fotorezeptoren zu finden sind. Stattdessen befinden sich die Sehzellen zwischen den Skelettverdickungen, wobei ihre lichtsensitiven Membranoberflächen am Skelett vorbei bis an die Hautoberfläche der Schlangensterne führen.
Zu Vergleichszwecken wurden zwei weitere Arten der Gattung Ophiocoma untersucht, wobei eine davon nicht über den für Ophiocoma wendtii typischen Hautfarbwechsel zwischen Tag und Nacht verfügt, die keine ausgeprägte Verhaltensreaktion auf Licht zeigt und weniger regelmäßig geformte Skelettverdickungen besitzt. Bei allen drei untersuchten Arten wurden entgegen vorangegangener Untersuchungen nicht nur auf der dem Licht zugewandten Körperseite, sondern in der Haut des gesamten Körpers tausende von Lichtrezeptoren identifiziert. Die Forscherinnen und Forscher schließen daraus, das entgegen der langverbreiteten Annahme die kristallinen Skelettstrukturen keine Rolle bei der Lichtwahrnehmung der Schlangensterne spielen, sondern eine andere biologische Funktion erfüllen. Die unvermutet hohe Anzahl der über den gesamten Körper verteilten identifizierten Sehzellen bietet eine erste strukturelle Grundlage, um das Sehvermögen dieser augenlosen Tiere genauer zu erforschen.
Veröffentlicht in:
Lauren Sumner-Rooney, Imran A. Rahman, Julia D. Sigwart, Esther Ullrich-Lüter: Whole-body photoreceptor networks are independent of ‘lenses’ in brittle stars, Proceedings of the Royal Society Published 24 January 2018.DOI: 10.1098/rspb.2017.2590
Die Publikation steht unter diesem Link zur Verfügung:http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/285/1871/20172590
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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