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17.12.2018 14:31

Satellitenbilder entlarven Grabräuberei

Nathalie Matter Corporate Communication
Universität Bern

    Weltweit wird kulturelles Erbe rapide durch Grabräuberei zerstört. Die Beraubung archäologischer Stätten vernichtet die Forschungsgrundlagen zu alten Kulturen – der Verlust von Wissen über deren Herkunft und Identität sind die Folgen. Forschungen der Universität Bern zeigen nun, dass mittels Satellitendaten die fortschreitende Zerstörung archäologischer Stätten verfolgt werden kann. Damit ergibt sich auch erstmals ein Bild des Ausmasses der Grabräuberei in schwer zugänglichen Weltregionen.

    Vor mehr als zweieinhalb Jahrtausenden begannen sich nomadische Kulturen von Südsibirien bis nach Osteuropa auszudehnen. Ihnen war gemein, dass sie für ihre Toten grosse Hügelgräber errichteten, die sie oftmals mit kunstvoll gefertigten Waffen und filigranem Goldschmuck für das Jenseits ausstatteten. Viele der organischen Materialien sind für Archäologinnen und Archäologen für immer verloren, aber die Artefakte aus Metall blieben erhalten. Oftmals aus Bronze oder Gold hergestellt, ziehen diese Grabschätze aber Räuber an. Während der Kolonialisierung Sibiriens im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Grabräuberei zum regelrechten Beruf: So zogen Grabräuberbanden mit bis zu 300 Mitgliedern durch die Steppen und zerstörten diverse Gräber. Zumeist schmolzen sie die Kunstwerke, die sie aus den Gräbern erbeutet hatten, zwecks leichteren Transports gleich vor Ort ein.

    Forschen mit hochauflösenden Satellitendaten

    Heute ist es deshalb schwierig geworden, unzerstörte Gräber zu finden. Die Preise, die für archäologische Kunstwerke aus Gräbern auf dem Schwarzmarkt erzielt werden können, sind aber umso höher. Gino Caspari vom Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern untersuchte in seinem Forschungsprojekt den Zustand von Gräbern in einer schwer zugänglichen Region in Nordwestchina mithilfe von hochauflösenden Satellitendaten. Diese können den Zustand der Gräber vom All aus erfassen. «Für unsere Untersuchungen haben wir uns bewusst ein Gebiet in Xinjiang ausgesucht – wir vermuteten, dass aufgrund der erschwerten Zugänglichkeit mehr Gräber intakt geblieben und nicht geplündert worden sind», erklärt Caspari. Jedoch wurde diese Annahme nicht bestätigt: «Mehr als 74,5 Prozent der untersuchten Gräber waren bereits zerstört und ausgeraubt», so Caspari.

    Archäologische Stätten akut bedroht

    Mittels einer Begehung vor Ort gelang es den Forschenden aufzuzeigen, dass die Satellitendaten erlauben, eine akkurate Einschätzung des Zerstörungsgrades von Gräbern vorzunehmen. Über eine wiederkehrende Auswertung von Satellitenbildern können somit Grabräuberaktivitäten verfolgt werden. Caspari analysierte Daten, die bis ins Jahr 2003 zurückgehen, und stellte fest, dass seither immer wieder archäologische Stätten geplündert wurden. «Die letzten archäologischen Stätten der antiken Steppenkulturen sind damit akut bedroht», sagt Caspari.

    Die neuen Forschungsresultate, die im Journal «Heritage» veröffentlicht worden sind, erlauben es aber nun, auch in schwer zugänglichen Regionen ein konsequentes Monitoring dieser bedrohten Kulturgüter durchzuführen. Die Aktivitäten von Grabräubern können frühzeitig erkannt und entsprechende Massnahmen zum Schutz der Gräber ergriffen werden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Gino Caspari
    Institut für Archäologische Wissenschaften (IAW), Universität Bern und Sydney Social Sciences and Humanities Advanced Research Centre (SSSHARC), Universität Sydney

    Telefon +41 79 282 97 29
    E-Mail: gino.caspari@sydney.edu.au


    Originalpublikation:

    Caspari, G. (2018), «Assessing Looting from Space: The Destruction of Early Iron Age Burials in Northern Xinjiang.», in: Heritage, 1, 320-327. https://doi.org/10.3390/heritage1020021


    Weitere Informationen:

    https://tinyurl.com/Grabraeuberei
    https://doi.org/10.3390/heritage1020021


    Bilder

    Kürzlich beraubtes Grab in Nordwestchina.
    Kürzlich beraubtes Grab in Nordwestchina.
    Quelle: Trevor Wallace

    Projektleiter Dr. Gino Caspari, Institut für Archäologische Wissenschaften, Universität Bern
    Projektleiter Dr. Gino Caspari, Institut für Archäologische Wissenschaften, Universität Bern
    Quelle: Trevor Wallace


    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

    Kürzlich beraubtes Grab in Nordwestchina.


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    Projektleiter Dr. Gino Caspari, Institut für Archäologische Wissenschaften, Universität Bern


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