idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
16.09.2025 11:37

Armut und finanzielle Sorgen erhöhen Risiko für Gewalt gegen Frauen in Partnerschaften

Sarah Batelka Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

Armut und finanzielle Belastungen erhöhen das Risiko für Frauen, körperliche Gewalt in der Partnerschaft zu erfahren – das zeigt eine neue Studie der Universitäten Bremen und Flensburg. Besonders gefährdet sind arbeitslose Frauen und Mütter. Die Ergebnisse machen deutlich: Finanzielle Abhängigkeit ist nicht nur ein privates Problem, sondern auch ein gesellschaftspolitisches. Kürzungen im Sozialstaat oder fehlende Unterstützung können das Risiko häuslicher Gewalt erhöhen.

Die Soziologinnen Dr. Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen und Dr. Lara Minkus von der Europa-Universität Flensburg zeigen in einer neuen zufallsbasierten Untersuchung, dass ein Mangel an finanziellen und materiellen Ressourcen ein wesentlicher Risikofaktor für Gewalt in Paarbeziehungen ist – insbesondere für Frauen. „Die Ergebnisse bestätigen damit, was Theorien zu Machtverhältnissen und internationale Studien bereits vermuten ließen“, erklärt Abramowski.

Daten: 1.667 Frauen über 14 Erhebungsjahre

Die Studie basiert auf Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam. Ausgewertet wurden Angaben von 1.667 Frauen, die sich seit dem vergangenen Interview von ihrem Partner getrennt haben. Unter Frauen, die im Jahr vor einer Trennung erwerbstätig waren, berichtete etwa jede neunte (11 von 100) von körperlicher Gewalt. Bei Frauen, die in dieser Zeit arbeitslos waren, war es fast jede fünfte (20 von 100). „Mit anderen Worten: Arbeitslosigkeit macht Gewalt in Beziehungen fast doppelt so wahrscheinlich“, betont Minkus.

Auch die persönliche Wahrnehmung der eigenen finanziellen Lage spiele eine Rolle. „Frauen, die mit den Haushaltsfinanzen sehr unzufrieden waren, berichteten signifikant häufiger von Gewalt als Frauen, die sehr zufrieden waren. Das Risiko steigt, wenn Frauen ihre finanzielle Situation als belastend empfinden“, hebt Abramowski hervor.

Besonders gefährdet: Frauen mit Kindern

Frauen mit Kindern sind besonders gefährdet, wie Minkus erläutert. „Während Frauen ohne Kinder deutlich seltener von Gewalt berichteten, war das Risiko bei Müttern mit einem Kind etwa ein Drittel höher.“ Bei zwei oder mehr Kindern steige es sogar noch stärker an.

Neben der wissenschaftlichen Relevanz betonen die Autorinnen auch die politischen Konsequenzen. „Gezielte finanzielle Unterstützungsangebote können Gewalt vorbeugen. Es braucht Maßnahmen, die ökonomische Abhängigkeit abbauen und Frauen echte Handlungsspielräume eröffnen“, sagt Abramowski. Die Studie „Economic deprivation and intimate partner violence in Germany“ (Ökonomische Benachteiligung und Partnerschaftsgewalt in Deutschland) ist in der Fachzeitschrift PLOS One erschienen.

Datenbasis pairfam

Das Beziehungs- und Familienpanel pairfam („Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics“) war eine multidisziplinäre Längsschnittstudie zur Erforschung partnerschaftlicher und familialer Lebensformen in Deutschland. Seit 2008 wurden über 12.000 Personen aus mehreren Geburtsjahrgängen jährlich befragt. Es handelte sich um ein Kooperationsprojekt der Universität Bremen, der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Universität zu Köln.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Ruth Abramowski, SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Universität Bremen, Tel.: +49 421/218-58550, E-Mail: ruth.abramowski@uni-bremen.de

Dr. Lara Minkus, Europa-Universität Flensburg, Tel.: +49 461/ 805 2325, E-Mail: lara.minkus@uni-flensburg.de


Originalpublikation:

Minkus, L. & Abramowski, R. (2025): Economic deprivation and intimate partner violence in Germany. PLOS One. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0329930


Bilder

Ergänzung vom 17.09.2025

Die Studie basiert auf Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam. Ausgewertet wurden Angaben von 1.667 Frauen, die sich seit dem vergangenen Interview von ihrem Partner getrennt haben. Im Rahmen von allen beobachteten Trennungen berichteten elf Prozent aller Frauen (mehr als jede zehnte) von handgreiflichen Auseinandersetzungen. Insbesondere Frauen, die arbeitslos waren oder die, die sich Sorgen um das finanzielle Auskommen machen, werden Opfer von körperlicher Gewalt.

Auch die persönliche Wahrnehmung der eigenen finanziellen Lage spiele eine Rolle. „Frauen, die mit den Haushaltsfinanzen sehr unzufrieden waren, berichteten signifikant häufiger von Gewalt als Frauen, die sehr zufrieden waren. Das Risiko steigt, wenn Frauen ihre finanzielle Situation als belastend empfinden“, hebt Abramowski hervor.

Besonders gefährdet: Frauen mit Kindern

Frauen mit Kindern sind besonders gefährdet, wie Minkus erläutert. „Während Frauen ohne Kinder deutlich seltener von Gewalt berichteten, war das Risiko bei Müttern mit einem Kind etwa zehn Prozentpunkte höher.“ Bei zwei oder mehr Kindern steige es sogar noch stärker an (13 Prozentpunkte).


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Hilfe

Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
Verknüpfungen

Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

Klammern

Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

Wortgruppen

Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

Auswahlkriterien

Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).