Was ist ein "Klassiker"? Wie wird ein bedeutender literarischer Autor, Philosoph oder Naturwissenschaftler dazu? Bezeichnet man in der Literatur einen großen Dichter oder Schriftsteller von zeitloser Bedeutung wie z. B. Goethe als Klassiker, so entspricht dies auf der historischen Ebene herausragenden Akteuren der Geschichte, sprich: großen Königen, Herrschern oder Feldherrn, wie z. B. Friedrich II. von Preußen - exakt aus diesem Grund "der Große" genannt. Diese Aspekte von Klassik und Klassizität stehen im Zentrum der von der Gerda Henkel Stiftung geförderten, internationalen Fachtagung "Kanonbildung im Zeitalter der Globalisierung" am Potsdamer Forschungszentrum Europäische Aufklärung (FEA), konzipiert von Robert Charlier, Literaturwissenschaftler an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW).
Kanonbildung setzt stets eine kollektive Übereinstimmung voraus in der Bewertung einer bestimmten Auswahl von Dichtern und Denkern, Autoren oder Texten im Hinblick auf ihre überzeitliche oder Welt-Geltung. Ein Kanon macht das Komplexe überschaubar. Einerseits ist das notwendig, z. B. für ein Schul- oder Lesebuch. Andererseits kann das aber auch problematisch sein: Denn wer bestimmt, wer oder was ,ein Klassiker' sei? Im Zeitalter der Globalisierung erscheint die Frage nach einer Kanonbildung (und einem ,Bildungskanon') besonders berechtigt, man denke nur an die Informationsfluten des Internets. Die sog. Rankings der Suchmaschinen sind in gewisser Weise mathematisierte Prozeduren semantischer Kanonbildung. Und die Wahrnehmung fremder Kanonbildungen, besonders im persischen oder arabischen Kulturraum, könnte neue Möglichkeiten der kulturellen Völkerverständigung eröffnen. So war z. B. Goethes große Liebe zu den klassischen Dichtern des Orients konstitutiv für bestimmte Facetten der Weimarer Klassik.
Vertreter der Literatur-, Geschichts- und Erziehungswissenschaft sowie der Philosopie werden diese Aspekte vom 1. bis 3. März 2007 am Potsdamer FEA diskutieren, darunter so wichtige Vertreter der amerikanischen Germanistik wie Katharina Mommsen (Stanford) und Theodore J. Ziolkowski (Princeton). Der Abendvortrag von Katharina Mommsen, der wohl bedeutendsten Goetheforscherin unserer Gegenwart, hat einen ganz besonderen Potsdam-Bezug und lautet: "Potsdam und Weimar um 1780. Gedanken zur Kanonbildung anlässlich von Friedrichs II. ,De la littérature allemande'." Zur Einführung wird Robert Charlier über Katharina Mommsens wissenschaftsgeschichtliche Wurzeln an der früheren (Ost-)Berliner Akademie der Wissenschaften sprechen (Donnerstag, 1. März 2007, 18:00 Uhr, Am Neuen Markt 9d, 14467 Potsdam; weitere Informationen: www.klassikermacher.de; Anmeldung: info@klassikermacher.de).
Aus dem Vortragsprogramm:
Theodore J. Ziolkowski (Princeton): Zur Politik der Kanonbildung. Prolegomena zum Begriff einer literarischen ,Klassik' in Deutschland (1800-1835) - Robert Charlier (Berlin): Klassikermacher. Literarische Kanonbildung im Zeitalter der Globalisierung - Anke Bosse (Namur): Zur Wahrnehmung literarischer Fremdkanones am Beispiel von Goethes Orientrezeption - Alfred K. Treml (Hamburg): Klassiker. Zur Evolution einflussreicher Semantik - Günther Lottes (Potsdam): Klassiker der Geschichtsschreibung? u. a. m.
Information on participating / attending:
Date:
03/01/2007 18:00 - 03/02/2007 15:00
Event venue:
Forschungszentrum Europäische Aufklärung e. V.
Am Neuen Markt 9 d
14467 Potsdam
Brandenburg
Germany
Target group:
Journalists, Scientists and scholars
Email address:
Relevance:
transregional, national
Subject areas:
History / archaeology, Language / literature
Types of events:
Entry:
02/23/2007
Sender/author:
Dr. Anna-Monika Lauter
Department:
Geschäftsstelle
Event is free:
yes
Language of the text:
German
URL of this event: http://idw-online.de/en/event19653
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