Aus der Perspektive der Enkelgeneration schildert Katarina Bader die schwierige Wiederannäherung zwischen Deutschen und Polen nach dem Zweiten Weltkrieg: Im Februar 2006 stirbt Jerzy Hronowski, genannt Jurek, unter mysteriösen Umständen in seiner Wohnung in Warschau. Erst auf seiner Beerdigung wird Katarina Bader klar, wie einsam ihr Freund Jurek in den letzten Jahren war. Als 18-Jährige hatte sie den damals fast 80-Jährigen in der Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz kennengelernt. Aus der organisierten Begegnung entwickelte sich eine Freundschaft, die ihr Leben veränderte: Jurek half ihr Polnisch zu lernen und beriet sie, egal ob es um Liebeskummer ging oder darum, wo man die besten Kartoffelpuffer Warschaus essen kann. Und er erzählte ihr immer wieder über seine vier Jahre im KZ Auschwitz. In den traurigen Geschichten, die Jurek über das Lager erzählte, war immer ein Funken Hoffnung: Sie handelten vom Essen-Organisieren und davon, wie Jurek bei einem »medizinischen Versuch« mit Fleckfieber infiziert wurde, aber überlebte, weil ein jüdischer Pfleger ihm heimlich Medikamente zuschob. Als Katarina Bader Jurek besser kennenlernte, merkte sie aber, dass er Erinnerungen jenseits dieser Geschichten hatte. Quälende Erinnerungen.
Nach Jureks Tod bleiben Fragen: Warum war er so einsam? Wieso hat er sich von fast allen Menschen, die ihm eine Zeit lang nahe standen, im Streit getrennt? Weshalb war das Erzählen für Jurek so wichtig? Um Antworten zu finden, besucht Katarina Bader Menschen, die Jurek zu verschiedenen Zeiten nahe standen: einen ehemaligen Mithäftling; einen Pfarrer aus Norddeutschland, der seine Kindheit in der Nazi-Eliteschule Napola verbrachte und sich später zusammen mit Jurek für Versöhnung engagierte; Jureks Sohn Tomek, der als 16-Jähriger im Streit von zu Hause wegging und mit dem sich Jurek nie aussöhnen konnte. Aus den Erinnerungen an Jurek setzt sich seine Biographie zusammen, und zugleich entsteht eine lebensnahe Geschichte der Aufarbeitung des NS-Regimes.
Asli Sevindim wird das Buch von Armin Laschet vorstellen, der als erster Integrationsminister der Bundesrepublik Deutschland die neu entdeckte Integrationspolitik analysiert und skizziert, wie es Deutschland gelingen kann, auch für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu einer Republik der Aufsteiger zu werden.
Gäste:
Katarina Bader ist Diplom-Journalistin und Politikwissenschaftlerin an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Asli Sevindim ist Journalistin, Schriftstellerin und für das Kulturhauptstadtjahr 2010 in der Metropole Ruhr als eine von vier künstlerischen Direktoren und für das Themenfeld “Stadt der Kulturen” zuständig.
Moderation:
Claus Leggewie ist Politikwissenschaftler und Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI). Ausgewählte Publikation:
„Moscheen in Deutschland. Religiöse Heimat und gesellschaftliche Herausforderung“, mit Bärbel Beinhauer-Köhler (2009).
Das KWI veranstaltet Lesart Spezial in Kooperation mit dem Deutschlandradio Kultur, dem Schauspiel Essen und der Buchhandlung Proust, Medienpartner ist die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ). Lesart Spezial wird am Sonntag,
13. Juni von 12.30 Uhr bis 13.00 Uhr im Deutschlandradio Kultur ausgestrahlt.
Information on participating / attending:
Kartenvorverkauf (Eintritt 5 Euro): Buchhandlung Proust, Am Handelshof 1, 45127 Essen, Tel. 0201/ 839 68 40, info@buchhandlung-proust.de (reservierte Karten bitte zwei Tage vor der Veranstaltung abholen) und TicketCenter der Theater und Philarmonie Essen (II. Hagen 2, 45127 Essen)
Date:
06/07/2010 20:00 - 06/07/2010 23:00
Event venue:
Café Central, Grillo-Theater, Theaterplatz 11,
45127 Essen
Nordrhein-Westfalen
Germany
Target group:
Journalists, all interested persons
Relevance:
regional
Subject areas:
Cultural sciences, Language / literature, Social studies
Types of events:
Entry:
05/26/2010
Sender/author:
Magdalena Schaeffer
Department:
Pressestelle
Event is free:
no
Language of the text:
German
URL of this event: http://idw-online.de/en/event31543
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