An letzten Worten ist die Nachwelt interessiert, weil sie als authentische Konfessionen gelten, in denen die Summe des Lebens gezogen wird. Von Todgeweihten erwartet man keine Dichtung, sondern Wahrheit. Auf diesem ‚autobiographischen Pakt’ beruht die ungeheure Wirkung von Kleists Briefen vor seinem Selbstmord, in denen ein seinen Zeitgenossen kaum bekannter Dramatiker und Erzähler seine ‚letzte Chance’ sucht. Denn Kleists Kalkül̈ hier ist der strategische Entwurf eines Autorbildes für die Nachwelt, die Kontrolle der Kommunikation posthum. Der Korpus der letzten Briefe Kleists folgt insofern einer Ökonomie des Opfers, ebenso wie sein heiter-ausgelassener Selbstmord selbst, der als eine zugleich heikle wie grandiose Inszenierung zur Sicherung seines Nachruhms begriffen werden kann. Von den Zeitgenossen, vor allem von Goethe, wurden danach Person und Werk gleichermaßen pathologisiert. Goethes „Schauder und Abscheu“ vor dem hypochondrischen Dichter hält Kleist allerdings überhaupt nur im Gedächtnis. Das verhindert seine Kanonisierung im 19. und ermöglicht sie im 20. Jahrhundert, der Exklusion folgt die Inklusion. Er wird ein "Vorfechter für die Nachwelt" (Adam Müller), die gegenidealistische Literatur der Moderne entdeckt in ihm ihr Vorbild: Kafka, Musil, Döblin u.a.m.
Information on participating / attending:
Date:
11/17/2011 10:00 - 11/19/2011 18:00
Event venue:
Collegium Hungaricum, Ungarisches Kulturinstitut, Dorotheenstraße 12, 10117 Berlin
10117 Berlin
Berlin
Germany
Target group:
Scientists and scholars, Students
Email address:
Relevance:
international
Subject areas:
Cultural sciences, Language / literature
Types of events:
Conference / symposium / (annual) conference
Entry:
09/06/2011
Sender/author:
Sabine Zimmermann
Department:
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZFL)
Event is free:
yes
Language of the text:
German
URL of this event: http://idw-online.de/en/event36490
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