idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
06/22/2007 14:30

Gülledüngung fördert Antibiotika-resistente Bakterien im Boden

Stefanie Hahn Pressestelle
Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft

    Wissenschaftler der Biologischen Bundesanstalt (BBA) weisen nach, dass Bodenbakterien sich mittels horizontalem Gentransfer an Antibiotika anpassen

    Braunschweig/Wernigerode (22.06.07) Ein Grund, warum Bakterien selbst in extrem giftigen Umgebungen existieren können, ist ihre Fähigkeit, sich rasch an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Wissenschaftler der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) konnten nachweisen, dass Bodenbakterien auf künstlich erzeugte höhere Antibiotika-Konzentrationen reagieren, indem sie entsprechende Resistenz-Gene austauschen. Dieser so genannte horizontale Gentransfer hilft ihnen zu überleben. Angesichts zunehmender Komplikationen durch Antibiotika-Resistenzen in der Human- und Tiermedizin ist dies jedoch problematisch. Darüber berichten die Forscher der BBA auf der internationalen BAGECO-Tagung, die ab morgen (23.6.) in Wernigerode stattfindet.

    "In der landwirtschaftlichen Praxis wird Schweinegülle zur Bodendüngung eingesetzt. Da die Tiere oft vorbeugend mit Antibiotika behandelt werden, landen diese Medikamente und ihre Abbauprodukte in der Gülle und letztlich auf den Feldern", berichtet Prof. Dr. Kornelia Smalla von der BBA. In ihrer mikrobiologischen Arbeitsgruppe sind diese Bedingungen im Labor nachgestellt worden. Dazu wurden zwei verschiedene Bodenarten mit Schweinegülle vermengt, die das Antibiotikum Sulfadiazin enthielt. Anschließend wurden die Effekte auf die Mikrobengesellschaft untersucht und mit unbehandelten Bodenproben verglichen. "In beiden Bodenarten konnten wir vermehrt resistente Bakterien nachweisen. Die Häufigkeit, mit der die speziellen Resistenzgene gegen Sulfadiazin ausgetauscht wurden, nahm rapide zu", berichtet Prof. Smalla. Die synergistischen Effekte, die Gülle und Antibiotikum auf die Verbreitung von Resistenzen unter den Bodenbakterien hatten, waren auch nach zwei Monaten noch nachweisbar.

    "Diese Ergebnisse geben uns auf jeden Fall zu denken. Denn die Resistenzgene, die heute noch im Boden sind, könnten auch in den Pflanzen des gedüngten Ackers auftauchen und so in die menschliche Nahrungskette gelangen", beschreibt Prof. Smalla ein mögliches Szenario. Die BBA-Wissenschaftlerin entwickelt Methoden, mit denen sich die Verbreitung von Resistenzgenen in "normalen" Bodenbakterien abschätzen lässt. Sie ist sicher, dass das Ausmaß der Antibiotika-Nutzung in den letzten 60 Jahren die Zusammensetzung mikrobieller Gemeinschaften und damit auch das natürliche Reservoir der jeweiligen Antibiotikaresistenz beeinflusst haben. "Dass Bakterien auf den einsetzenden Selektionsdruck außerordentlich schnell reagieren, liegt in ihrer Natur. Wie rasch die Resistenzgene dann in die Mikroflora des Menschen gelangen, darüber können wir derzeit noch keine genauen Angaben machen", so Smallas Fazit. Die Arbeiten im Rahmen des von der DFG geförderten Projektes, an dem die Wissenschaftlerin beteiligt ist, gehen weiter.

    Die wissenschaftliche Publikation "Manure and sulfadiazine synergistically increased bacterial antibiotic resistance in soil over at least two months" ist erschienen in der Fachzeitschrift Environmental Microbiology 9(3)/2007, S. 657-666

    Hintergrundinfo zu mobilen genetischen Elementen und horizontalem Gentransfer:
    Unter mobilen genetischen Elementen versteht man u. a. ringförmige DNA außerhalb des eigentlichen Bakterien-Chromosoms (Plasmide), Bakterien befallende Viren (Phagen) und springende Gene, so genannte Transposons. Mit ihrer Hilfe kann genetisches Material, etwa Antibiotika-Resistenzgene, zwischen Bakterien der gleichen Art, aber auch über die Artgrenzen hinweg ausgetauscht werden. Bakterien können sogar freie DNA aus ihrem Umgebungsmilieu aufnehmen. Ein solcher Austausch wird als "horizontaler Gentransfer" bezeichnet. Sein Beitrag zur Anpassung und Diversität von Bakterien wurde lange Zeit unterschätzt. Durch den horizontalen Gentransfer können Bakterien viel leichter und in viel größerem Umfang Erbmaterial austauschen als dies zum Beispiel bei Tieren oder Pflanzen der Fall ist, deren Erbgut sich nur durch sexuelle Vorgänge zwischen Partnern der gleichen Art mischt.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Kornelia Smalla
    Institut für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit
    Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA)
    Messeweg 11-12, 38104 Braunschweig
    Tel.: 0531 / 299-3814
    E-Mail: k.smalla(at)bba.de


    More information:

    http://www.conventus.de/bageco9 - Informationen zur wiss. Tagung


    Images

    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Information technology, Oceanology / climate, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research results, Scientific conferences
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).