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03/17/2009 09:51

Ethische Fragen vom Beginn bis zum Ende des Lebens - Neues Uni-Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin eingerichtet

Willi Baur Pressestelle
Universität Ulm

    "Wer über Ausrichtungen in der Zukunft entscheidet, muss über die Vergangenheit im Klaren sein. Das gilt auch für die Medizin", sagt Professor Heiner Fangerau. Der approbierte Arzt, Jahrgang 1972, leitet seit Januar das von der Medizinischen Fakultät neu eingerichtete Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin (GTE) der Universität Ulm.

    Insofern war der Blick zurück nur ein Aspekt bei der Einrichtung des Lehrstuhls. Wachsender Bedarf besteht auch an theoretischen und ethischen Grundlagen und Handlungsperspektiven der modernen Medizin, fraglos in Forschung und Lehre gleichermaßen. Die insgesamt zehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerinnen des Instituts, die Hälfte davon in Drittmittel-finanzierten Forschungsprojekten, beschäftigen sich denn auch mit einer Vielzahl spannender Fragen, von der Inanspruchnahme technischer Möglichkeiten in der Medizin über moralische Werte bei Stammzellforschung, Reproduktionsmedizin, Organtransplantation und Sterbehilfe bis zu Krankheitsbildern in anderen Kulturkreisen.
    "Ganz wichtig" sei deshalb, unterstreicht Fangerau, "dass wir interdisziplinär besetzt sind und arbeiten". Interdisziplinär in der Tat wie wohl kein zweites Institut in der Uni-Landschaft: Mediziner, ein Ethnologe, ein Politikwissenschaftler, eine Japanologin, ein Theologe, ein Biologe, teilweise in Kombination mit Medizinethik, Philosophie und Geschichtswissenschaften ausgebildet - die akademische Vielfalt ist so spürbar wie die Aufbruchstimmung in den Räumen des früheren Personalwohnheims am Michelsberg, Professor Fangerau zufolge bestens zugeschnitten auf den Bedarf der hoch motivierten Belegschaft: Mini-Büros ("Denkzellen") für individuelle Aufgaben, Gruppenräume für die Teamarbeit.
    Nicht minder wichtig indes: Die Freiräume im übertragenen Sinne. "Die Struktur hier ist hervorragend. Die Studienordnung lässt uns viel Spielraum", erklärt der zuletzt an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf tätige Wissenschaftler. So könne das Institut auch flexibel auf die Wünsche der Kliniker nach Lehrinhalten reagieren.
    Vor diesem Hintergrund erschließen sich auch die Überlegungen, die vor einigen Jahren zur Aufnahme der Thematik in die Medizinerausbildung geführt hatten. Fangerau: "An der Schnittstelle von Medizin und Gesellschaft gehen wir Fragen nach, die das Verhältnis von Ärzten, Patienten und Politik ebenso betreffen wie die Möglichkeiten und Grenzen einer naturwissenschaftlich-technisch geprägten Medizin." Wobei sich die Wissenschaftler des Instituts, wie ihnen bewusst ist, in einem wachsenden Spannungsfeld zwischen verschiedenen Polen bewegen. Und mitnichten nur in Sachen Medizintechnik. "Ständig eröffnen sich in vielen Bereichen der Medizin neue Möglichkeiten", weiß der Politikwissenschaftler Florian Braune, "oft jedoch verbunden mit der Frage: Darf man, will man, soll man das überhaupt?"
    "Ethische Probleme stellen sich am Lebensbeginn wie am Lebensende", macht Professor Heiner Fangerau deutlich. Die Diskussionen zu Themen wie Sterbehilfe oder Fortpflanzungsmedizin etwa könne nur verstehen, wer moralische Werte historisch einordnen und begreifen kann. Unabhängig vom jeweiligen Standpunkt aber gelte: "Wir wollen politische Entscheidungen wissenschaftlich reflektieren, sind jedoch nicht Akzeptanzbeschaffer für die Politik." Ein weites Aufgabenfeld sieht der Institutsleiter für sich und sein Team zudem in den Folgen der Globalisierung: Unterschiedliche Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit in anderen Kulturkreisen, verschiedene Symptome oder Beschreibungen der gleichen Erkrankung, nicht zuletzt praktisch-rechtliche Fragen bei der Behandlung willenloser Patienten. Entscheidet der Arzt? Entscheidet die Familie oder unter Umständen deren Oberhaupt? Neue und schwierige Fragen, zum Teil noch offene.
    "Deshalb forschen wir auch auf diesem Gebiet für eine bessere Lehre", erklärt der bereits mit einer respektablen Publikationsliste nach Ulm gewechselte Mit-Autor zweier Lehrbücher, "summa cum laude" promoviert und für das Fach "GTE" habilitiert.
    Über seine Kernaufgaben hinaus wolle das Institut schon bald auch in die Gesellschaft hinein wirken, verspricht Heiner Fangerau. Im Sommersemester bereits mit einer öffentlichen, gemeinsam mit dem Humboldt-Studienzentrum organisierten Ringvorlesung zu Charles Darwin, im kommenden Jahr dann mit einer Serie von Abendvorträgen mit Themen aus seinem ureigenen Fachgebiet.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Heiner Fangerau, Tel. 0731/500-39901


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    Das neu eingerichtete Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Uni Ulm hat viele Pläne in Forschung und Lehre. (vorne v.l. Dr. Igor Polianski, Maria Schmitz und Christine Römer, hinten v.l. Klaus Flammer, Prof. Heiner Fangerau, Dr. Frank Kressing und Mattis Krischel. Auf dem Bild fehlt Florian Braune)
    Das neu eingerichtete Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Uni Ulm hat viel ...
    Uni Ulm
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    Criteria of this press release:
    Medicine, Philosophy / ethics
    transregional, national
    Organisational matters
    German


     

    Das neu eingerichtete Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Uni Ulm hat viele Pläne in Forschung und Lehre. (vorne v.l. Dr. Igor Polianski, Maria Schmitz und Christine Römer, hinten v.l. Klaus Flammer, Prof. Heiner Fangerau, Dr. Frank Kressing und Mattis Krischel. Auf dem Bild fehlt Florian Braune)


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