Was es mit dunkler Materie, schwarzen Löchern und explodierenden Sternen auf sich hat, wo sie zu finden und wie sie entstanden sind, diesen großen Rätseln der Astrophysik will Dr. Alexander Kappes, Wissenschaftler an der Friedrich Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gemeinsam mit Kollegen aus aller Welt näherkommen – und sucht im ewigen Eis der Antarktis nach Antworten. Am Südpol haben die Forscher ein riesiges Teleskop namens IceCube installiert, mit dem sie kosmische Teilchen – hochenergetische Neutrinos – aufspüren, die dort entstehen, wo es dunkle Materie, schwarze Löcher und explodierende Sterne gibt. Jetzt können sie erste, ganz einmalige Erfolge vermelden.
Neutrinos sind winzige Elementarteilchen, die durch das Weltall rasen. Sie entstehen – der Theorie nach – zum Beispiel in der Nähe von supermassiven schwarzen Löchern im Zentrum von Galaxien oder in der Folge gewaltiger Sternenexplosionen. Eine andere Quelle hochenergetischer Neutrinos könnte dunkle Materie sein, die im Urknall bei der Geburt des Universums entstanden ist. Neutrinos können lange kosmische Distanzen problemlos überwinden und so Informationen über die Funktionsweise der energiereichsten und entlegensten Phänomene im Universum liefern. Trotz jahrzehntelanger Anstrengungen haben Wissenschaftler bisher nur bei einem einzigen kosmischen Ereignis – einer Supernova im Jahr 1987 – Neutrinos von außerhalb unseres Sonnensystems beobachten können und diese hatten eine vergleichsweise geringe Energie.
Ein Teleskop, tief im Eis
Zu den Neutrinojägern gehören auch die Wissenschaftler des IceCube-Konsortiums. Während die meisten Astronomen ihre Teleskope gen Himmel richten, um mehr über das Weltall und seine Geheimnisse zu erfahren, begeben sich die Forscher tief unter die Erde. Im kilometerdicken, sehr klaren Eis des Südpols, in Tiefen zwischen 1450 und 2450 Metern, haben sie ihr Teleskop installiert. Die Apparatur erinnert ganz und gar nicht an das, was man gemeinhin als Teleskop kennt. An 86 rund 2.500 Meter langen Trossen hängen mehr als 5.000 lichtempfindliche Sensoren. Rund einen Kubikkilometer Eis – tausend mal tausend mal tausend Meter – umspannt die Konstruktion, mit der die Wissenschaftler nach den Spuren von Neutrinos Ausschau halten.
Es sind einige besondere Eigenschaften, die die Neutrinos so interessant für die Astrophysiker machen: Auf ihrem Weg zur Erde werden die Neutrinos weder von magnetischen noch von elektrischen Feldern abgelenkt, so dass man von ihrer Bewegungsrichtung auf ihren Herkunftsort schließen kann. Außerdem gelingt es ihnen, auch aus sehr dichten Objekten wie Sternen zu entkommen und so Informationen über deren Inneres zu liefern. Erreichen die Neutrinos dann unseren Planeten, durchdringen sie – anders als andere kosmische Teilchen – die Erde nahezu ungehindert. Denn Neutrinos gehen äußerst selten Reaktionen mit anderen Elementarteilchen ein.
Eine verräterische blaue Spur
Die Reaktionsunlust der Neutrinos stellt die Astrophysiker aber gleichzeitig vor eine schwere Aufgabe. Um die Teilchen aufzuspüren und ihren Herkunftsort zu bestimmen, müssen sie riesige Detektoren bauen, in denen wenigstens einige der ankommenden Neutrinos eine Reaktion eingehen. Wenn die Neutrinos dann doch reagieren, hinterlassen sie eine Spur von bläulichem Licht. Die Photosensoren im Neutrinoteleskop registrieren diese Lichtsignale und vermessen sie. Aus den so gewonnenen Daten können die Forscher dann rekonstruieren, aus welcher Richtung die Neutrinos kommen und welche Energie sie besitzen.
Derzeit spüren weltweit drei riesige Detektoren den energiereichen Teilchen nach, darunter auch das Antares-Teleskop, an dem ebenfalls Wissenschaftler der FAU beteiligt sind. Am erfolgreichsten sind bisher die Forscher am Südpol. Allein mit IceCube werden im Jahr knapp 100.000 Neutrinos beobachtet. Der überwiegende Teil stammt allerdings nicht aus dem Weltraum. Die Teilchen werden in der Erdatmosphäre durch Strahlung aus dem All erzeugt. Deshalb ist es für die Wissenschaftler ein einzigartiges Ereignis, wenn ihnen ein echtes kosmisches Neutrino ins Netz geht. Das zeigen die jetzt im renommierten Fachmagazin Science veröffentlichten Ergebnisse der IceCube-Forscher. Als erstes Neutrinoteleskop überhaupt, hat IceCube einen überzeugenden Hinweis auf die Existenz von hochenergetischen kosmischen Neutrinos gefunden. Nach Schätzungen der Forscher stammen etwa 16 von 28 mit dem Teleskop innerhalb von zwei Jahren herausgefilterten Neutrinos aus den Weiten des Alls. Zwei von ihnen waren besonders energiereich – rund tausendmal energiereicher als die Teilchen, die im weltgrößten Teilchenbeschleuniger, dem LHC in Genf, erzeugt werden können. Eine größere Zahl kosmischer Neutrinos aus bestimmten Richtungen, die auf einzelne Neutrinoquellen hindeuten würde, konnten die Wissenschaftler aber noch nicht beobachten.
„Wir hoffen, dass die zusätzlichen Daten, die wir gerade analysieren, den gefundenen Neutrinofluss endgültig bestätigen, und natürlich, dass wir mit künftigen Daten letztlich auch Hinweise auf einzelne Neutrinoquellen finden werden, und zur Lösung einiger der größten Fragen der Astrophysik beitragen können“, gibt sich Alexander Kappes zuversichtlich.
Das Ice-Cube-Konsortium
Das internationale IceCube-Team besteht aus rund 280 Wissenschaftlern aus zwölf Ländern. Aus Deutschland sind neben dem Helmholtz-Zentrum DESY neun Hochschulen beteiligt: die Universitäten Bochum, Bonn, Mainz und Wuppertal, die Technischen Universitäten Dortmund und München, die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen, die Humboldt-Universität zu Berlin und die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Der deutsche Beitrag von etwa 20 Millionen Euro wurde durch Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und über die Grundausstattungen der beteiligten Universitäten finanziert.
Informationen für die Medien:
Dr. Alexander Kappes
Tel.: 09131/85-27087
alexander.kappes@physik.uni-erlangen.de
„Icecube“ hat nur wenig mit dem gemeinsam, was man landläufig ein Teleskop nennt: Icecube besteht au ...
Illustration: Jamie Yang, IceCube Collaboration
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Rund 2,5 Kilometer tief ragen die Kabel mit den Sensoren ins ewige Eis der Antarktis.
Foto: Jim Haugen, IceCube/NSF
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Criteria of this press release:
Journalists
Physics / astronomy
transregional, national
Research results
German
„Icecube“ hat nur wenig mit dem gemeinsam, was man landläufig ein Teleskop nennt: Icecube besteht au ...
Illustration: Jamie Yang, IceCube Collaboration
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Rund 2,5 Kilometer tief ragen die Kabel mit den Sensoren ins ewige Eis der Antarktis.
Foto: Jim Haugen, IceCube/NSF
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