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07/17/2014 11:03

Buchveröffentlichung: Klare Zeichen

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Die nützliche Seite von Farbe und Form: Wie die Malerei Anfang des 20. Jahrhunderts die Entwicklung von Verkehrszeichen und Piktogrammen beeinflusst hat, zeigt die neue Veröffentlichung einer LMU-Kunsthistorikerin.

    Wer sich heute in der Großstadt mithilfe eines U-Bahn-Plans orientiert, fühlt sich nicht an die Malerei Kandinskys erinnert. Tatsächlich haben jedoch der russische Maler sowie seine Künstlerkollegen Anfang des 20. Jahrhunderts den Weg bereitet für die Entstehung der visuellen Kommunikation, die heute für uns mit Verkehrsschildern, Infografiken oder auch U-Bahn-Plänen selbstverständlich ist.

    Dr. Daniela Stöppel vom Institut für Kunstgeschichte der LMU zeigt den geschichtlichen Zusammenhang zwischen den Anfängen der gegenstandslosen Kunst und der Entwicklung von Zeichensystemen in ihrer neusten Buchpublikation auf. „Visuelle Zeichensysteme der Avantgarden 1910 bis 1950“ lautet der Titel der überarbeiteten und ergänzten Fassung ihrer Dissertation, für die sie im Jahr 2012 mit dem „Forschungspreis für angewandte Kunst“ ausgezeichnet wurde.

    Suche nach einer grenzenlosen Sprache

    Die im 19. Jahrhundert beginnende rasante technische Entwicklung machte die Kommunikation mithilfe von Zeichen und Signalen zunehmend notwendig. Im Schiffverkehr verständigte man sich bereits mithilfe von Flaggen, nun musste auch der Zug- und Straßenverkehr mit Signalen und Schildern geregelt werden. Im Idealfall sollte diese international verständlich sein.

    Auch Sprachwissenschaftler und Künstler beschäftigten sich zu dieser Zeit mit der Idee, weltübergreifend kommunizieren zu können. Welthilfssprachen, die universal verständlich sein sollten, entstanden, darunter Esperanto. „Diese Bewegung war zum einen von den neuen pragmatischen Erfordernissen globaler Kommunikation geleitet, zum anderen knüpften sich daran utopische Vorstellungen von einer friedlichen Weltgemeinschaft“, schreibt Stöppel. Maler versuchten die Idee der Universalität bildhaft umzusetzen. So verkündete Kandinsky bereits im Jahr 1904: „Wenn ich genügend Zeit vom Schicksale geschenkt bekomme, entdeckte ich eine neue internationale Sprache, die ewig sein wird und nicht Esperanto heißt. Malerei heißt sie.“

    Kunstwerke als Zeichensysteme

    Daniela Stöppel beschreibt in ihrem Buch die daraus hervorgehenden Zeichentheorien. „Insbesondere viele gegenstandslos arbeitende Künstlerinnen und Künstler verstanden Kunst nicht mehr als das subjektive Produkt eines intuitiven Ausdruckswillens, sondern fassten das Kunstwerk als ein elementar aufgebautes und objektiv begründbares Zeichensystem auf.“ Die damit verbunden Konstruktionen unterschieden sich jedoch. „Es gab nicht die Zeichentheorie der Avantgarde“, sagt Stöppel.

    Mondrian zum Beispiel überwand die Gegenständlichkeit, indem er die Bildelemente begrenzte und sich auf ihre unterschiedliche Proportionierung und die Flächenteilung konzentrierte. Seine Bilder wurden so nach festen Regeln aufgebaute Zeichensysteme. „Diese Elemente stellen formale Setzungen Mondrians dar und erfüllen keinen symbolischen Zweck“, erklärt Stöppel. Kandinsky dagegen war davon überzeugt, dass die von ihm verwendeten Bildzeichen und Farben eine feste Bedeutung hatten, die er auch schriftlich festhielt. Mit seiner Auffassung, dass die Form des Buchstabens psychologische Wirkung hat, stellte er zudem „einen Grundsatz der modernen Typografie auf“, schreibt Stöppel.

    Das Prinzip, elementare Inhalte systematisch zu organisieren, wurde in der Folge auch in der Kartografie angewandt, der sich viele Künstler widmeten. Das bis heute gültige Vorbild für U-Bahn-Pläne ist dem technischen Zeichner Harry Beck zu verdanken. Er entwarf Anfang der 1930er-Jahre den ersten systematischen Linienplan der Londoner U-Bahn. Beck abstrahierte von der topografischen Wirklichkeit und konzentrierte sich auf die Abfolge der einzelnen Stationen. So schuf er eine schematisch-geometrische Darstellungsweise, die es uns bis heute erlaubt, uns in vielverzweigten U-Bahn-Netzen zu orientieren.

    Publikation:
    Daniela Stöppel
    Visuelle Zeichensysteme der Avantgarden 1910 bis 1950. Verkehrszeichen, Farbleitsysteme, Piktogramme
    Verlag Silke Schreiber 2014, 495 S.
    ISBN 978-3-88960-123-0


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    Criteria of this press release:
    Journalists
    Art / design, Cultural sciences
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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