idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
04/06/2017 12:17

Das hab ich doch schon mal gesehen“: Nervenzellen im Auge signalisieren die Wiederkehr eines Bildes

Stefan Weller Stabsstelle Unternehmenskommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

    Forscher der Universitätsmedizin Göttingen haben untersucht, wie die Nervenzellen des Auges auf die ständigen Änderungen der Augenposition reagieren und entdecken „Déjà-vu“-Detektoren. Grundlagenforschung zum Sehen: Veröffentlicht im renommierten Wissenschaftsmagazin „eLife“.

    (umg) Wir sehen nur dann klar, wenn unser Sehsinn scharfe Bilder liefert. Dabei scheinen unsere Augen ständig in Bewegung zu sein. Mehrmals pro Sekunde springen sie, meist von uns unbemerkt, von einer Position zur anderen, um die visuelle Umgebung abzuscannen und unserem Sehsinn neue Details zu liefern. Zwischen diesen Bewegungen müssen die Augen jedoch möglichst starr verharren. So geben sie den Nervenzellen im Auge genug Zeit, um das aktuelle Bild zu verarbeiten, ohne es durch weitere Bewegungen verschwimmen zu lassen: Wir „fixieren“ den Blick.

    Die Fixierung des Blicks gelingt gesunden Augen, obwohl sie dabei ständig gestört werden, etwa durch Ermüden oder Zucken der Augenmuskulatur oder durch Blinzeln der Augenlider. Dazu muss die Augenposition ständig überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Bisher ist ungeklärt, wie genau es unser Sehsystem schafft, den Blick stabil zu halten. Die nötige Information dafür scheint das Sehsystem selbst zu liefern. Die Fähigkeit zur genauen Fixierung nimmt bei Fehlsichtigkeit oder altersbedingter Sehschwäche ab.

    Wissenschaftler an der Klinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) haben nun Nervenzellen im Auge von Mäusen entdeckt, die bei der Stabilisierung der Blickrichtung eine wichtige Rolle spielen könnten. Dabei handelt es sich um eine spezielle Gruppe von Nervenzellen, die nach einer Augenbewegung nur dann aktiv werden, wenn wieder das gleiche Bildmuster auf sie fällt wie vor der Augenbewegung. Diese Zellen melden, wenn sich im zuständigen Bereich über die Augenbewegung hinweg nichts geändert hat: Damit funktionieren sie wie „Déjà-vu“-Detektoren. Dies könnte als wichtiges Signal dafür dienen, dass eine erfolgreiche Korrekturbewegung der Augenposition stattgefunden hat.

    Die Untersuchungen unter der Leitung von Prof. Dr. Tim Gollisch, Professor für „Sensory Processing in the Retina“ in der Klinik für Augenheilkunde und Forscher im Sonderforschungsbereich 889 „Zelluläre Mechanismen sensorischer Verarbeitung“ (Sprecher: Prof. Dr. Tobias Moser) an der UMG, wurden jetzt im renommierten Wissenschaftsmagazin „eLife“ veröffentlicht.

    „Die Ergebnisse können zu einem besseren Verständnis beitragen, wie die Stabilisierung der Blickrichtung erfolgt und welchen Einfluss eine Abnahme der Sehstärke auf die Fähigkeit zur Fixierung hat“, sagt Prof. Gollisch, Senior-Autor der Publikation. Langfristig hoffen die Forscher, diesen Informationsfluss in visuellen Prothesen nachbauen zu können, etwa künstlichen Netzhäuten, wie sie bereits bei gewissen Formen der Erblindung getestet werden, um einen Teil des Sehvermögens wieder herzustellen.

    Die Forscher haben zudem herausgefunden, auf welche Weise die besondere Nervenzell-Aktivität der „Déjà-vu“-Detektoren entsteht. Normalerweise werden diese Nervenzellen nach einer Augenbewegung durch hemmende Botenstoffe anderer Nervenzellen in ihrer Aktivität unterdrückt. Wenn jedoch das gleiche Bildmuster nach der Augenbewegung wieder auftritt, werden genau jene Nervenzellen, die diese hemmenden Signale liefern, selbst in ihrer Aktivität unterdrückt. Aus dieser doppelten Hemmung entsteht dann die Aktivierung der Nervenzellen bei einer Bildwiederkehr: eine „Minus-mal-minus-gibt-plus“-Rechnung – wie bekannt aus guten, alten Schulzeiten. Die Forscher vermuten, dass die gleichen Mechanismen zur Erkennung einer Bildwiederkehr auch beim Menschen wirken.

    Originalveröffentlichung: Krishnamoorthy V, Weick M, Gollisch T (2017). Sensitivity to image recurrence across eye-movement-like image transitions through local serial inhibition in the retina. eLife 6: e22431, doi: 10.7554/eLife.22431

    WEITERE INFORMATIONEN
    Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
    Klinik für Augenheilkunde
    AG Sensory Processing in the Retina
    Prof. Dr. Tim Gollisch, Telefon 0551 / 39-13542
    tim.gollisch@med.uni-goettingen.de
    www.retina.uni-goettingen.de


    Images

    Änderungen der Blickrichtung und Blinzeln beeinflussen kontinuierlich das auf die Netzhaut fallende Abbild der visuellen Umgebung.
    Änderungen der Blickrichtung und Blinzeln beeinflussen kontinuierlich das auf die Netzhaut fallende ...
    Foto-Collage: umg
    None

    Prof. Dr. Tim Gollisch, Klinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen (UMG)
    Prof. Dr. Tim Gollisch, Klinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen (UMG)
    Foto: privat
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Änderungen der Blickrichtung und Blinzeln beeinflussen kontinuierlich das auf die Netzhaut fallende Abbild der visuellen Umgebung.


    For download

    x

    Prof. Dr. Tim Gollisch, Klinik für Augenheilkunde der Universitätsmedizin Göttingen (UMG)


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).