idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
11/01/2017 19:00

Wandlungsfähige Meeresbakterien könnten die Erderwärmung beeinflussen

Dr. Manfred Schloesser Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie

    Kleine Meeresbewohner voller Überraschungen: Wissenschaftler berichten, dass eine bislang für selten gehaltene Bakteriengruppe nicht nur durchaus weit verbreitet ist, sondern auch erstaunliche Stoffwechselfähigkeiten hat, die zur Produktion von Treibhausgasen beitragen könnte.

    EMBARGO BIS MITTWOCH 1. NOVEMBER 19:00 Uhr (18:00 London time)

    Die internationale Forschergruppe zeigt, dass die bislang wenig erforschten Nitrococcus-Bakterien auf der ganzen Welt zu finden sind. Außerdem sind diese Bakterien in der Lage, ohne Sauerstoff zu leben, indem sie ihren Stoffwechsel umdrehen, berichten die Forscher. Sie veröffentlichen ihre Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift Science Advances. Die Gruppe besteht aus Forschern des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen, der Universität Southhampton (Großbritannien), Universität Wien (Österreich), Universität Nijmegen (Niederlande) und Universität Hamburg.

    Üblicherweise ist Nitrococcus gemeinsam mit einer Handvoll ähnlicher Bakterien dafür zuständig, in den Meeren die Nitratbestände aufzufüllen. Die Bakterien produzieren Nitrat (NO3-) durch die Oxidation von Nitrit (NO2-). Gleichzeitig wandeln sie Kohlendioxid (CO2) in Bausteine ihrer Biomasse um.

    Stickstoff (N) ist ein Grundbaustein des Lebens auf unserem Planeten. Er ist unverzichtbar um beispielsweise Proteine und Nukleinsäuren herzustellen. In der Umwelt ist der Stickstoff oft Mangelware. Das Wachstum von Algen, die an der Meeresoberfläche mittels Lichtenergie CO2 in ihre Biomasse einbauen, wird dadurch beschränkt. Die häufigste und stabilste Form, in der Stickstoff Organismen zur Verfügung steht, ist das Nitrat. Dadurch ist die Verfügbarkeit von Nitrat direkt verknüpft mit der Fähigkeit des Ozeans, das Treibhausgas CO2 aufzunehmen und zu speichern.

    Während es an der sonnendurchstrahlten Oberfläche des Meeres an Stickstoff mangelt, sammelt er sich in tieferen, dunklen Ozeanregionen in großer Menge an. Verantwortlich dafür sind nitritoxidierende Bakterie wie Nitrococcus. Wenn das Wasser aus der Tiefe durch Strömungen wieder an die Oberfläche gelangt, steht dieses Nitrat den dortigen Algen zur Verfügung – sie können weiter wachsen.

    Die Forscher stellten nun fest, dass Nitrococcus – wenn kein Sauerstoff vorhanden ist – seinen Stoffwechsel umkehren kann. Anders als sonst reduziert es dann Nitrat zu Nitrit und weiter zu Lachgas (N2O). Währenddessen setzt es CO2 frei (anstatt es aufzunehmen).

    Lachgas ist ein sehr potentes Treibhausgas, es ist etwa 300-mal so klimaschädlich wie CO2. Während lachgasproduzierende Bakterien schon länger bekannt sind, berichten die Forscher nun erstmals von einem nitritoxidierenden Bakterium, dass dieses starke Treibhausgas produziert.

    Eine detaillierte Suche in weltweiten Datenbanken zeigte außerdem, dass Nitrococcus auf der ganzen Welt verbreitet ist. Daraus folgt, dass dieses Bakterium auch auf der ganzen Welt Lachgas erzeugen kann. „Die Ozeane erwärmen sich zusehends und enthalten immer weniger Sauerstoff“, erklärt Erstautorin Jessika Füssel. „Mit diesen Eigenschaften könnte Nitrococcus insbesondere in sauerstoffarmen Gewässern an der Kippe stehen und womöglich seine stickstoff-erhaltende Funktion verlieren und stattdessen zusätzlich zum Treibhauseffekt beitragen.“

    Die Forscher erlebten noch eine weitere Überraschung: Nitrococcus kann auch Sulfid – eine hochgiftige Verbindung, die für die meisten Lebewesen tödlich ist – in harmlosen Schwefel umwandeln. Diese Fähigkeit von Nitrococcus könnte zu einer „Entgiftung“ sogenannter Todeszonen im Meer beitragen.

    “Diese Bakterien wurden bislang nicht im Detail untersucht“, so Füssel. „Wir waren sehr überrascht, dass sie nicht nur weltweit verbreitet und zahlreich sondern auch noch zu solchen Wandlungen ihres Stoffwechsels fähig sind.“

    Die Studie wurde von der Max Planck Gesellschaft, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, BMBF, dem Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds, dem österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der niederländischen Organisation for Scientific Research und dem britischen Natural Environmental Research Council gefördert.

    Originalveröffentlichung:

    Adaptability as the key to success for the ubiquitous marine nitrite-oxidizer Nitrococcus
    Jessika Füssel, Sebastian Lücker, Pelin Yilmaz, Boris Nowka, Maartje A H J van Kessel, Patric Bourceau, Philipp F Hach, Sten Littmann, Jasmine Berg, Eva Spieck, Holger Daims, Marcel M M Kuypers and Phyllis Lam. Science Advances (1. November 2007)

    Bei Fragen:

    Prof. Dr. Marcel Kuypers
    Max Planck Institut für Marine Mikrobiologie
    mkuypers@mpi-bremen.de

    Die Pressesprecher:

    Dr. Fanni Aspetsberger
    Dr. Manfred Schlösser
    Max Planck Institut für Marine Mikrobiologie
    presse@mpi-bremen.de

    www.mpi-bremen.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Geosciences, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).