idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
05/28/2018 21:00

Vererbungsturbo mit Stockungen

Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Biologen der Universität Göttingen haben Probleme aufgezeigt, die sich beim so genannten Genantrieb (englisch „Gene Drive“) mithilfe von Gen-Scheren ergeben. Wissenschaftler erhoffen sich, mit der Methode CRISPR/Cas als Gen-Schere zielgerichtete „selbstsüchtige Gene“ schaffen zu können, die sich über eine Art „Vererbungsturbo“ beschleunigt in Insektenpopulationen verbreiten, um diese unschädlich zu machen oder zu reduzieren. Die Göttinger Forscher konnten jedoch zeigen, dass der Einsatz dieser Gen-Schere zur Entstehung und Verbreitung von resistenten Genvarianten führt, die den Gene Drive blockieren.

    Pressemitteilung Nr. 119/2018

    Vererbungsturbo mit Stockungen
    Göttinger Biologen identifizieren Probleme des Genantriebs mit Gen-Scheren

    (pug) Biologen der Universität Göttingen haben Probleme aufgezeigt, die sich beim so genannten Genantrieb (englisch „Gene Drive“) mithilfe von Gen-Scheren ergeben. Wissenschaftler erhoffen sich, mit der Methode CRISPR/Cas als Gen-Schere zielgerichtete „selbstsüchtige Gene“ schaffen zu können, die sich über eine Art „Vererbungsturbo“ beschleunigt in Insektenpopulationen verbreiten, um diese unschädlich zu machen oder zu reduzieren. Die Göttinger Forscherinnen und Forscher konnten jedoch zeigen, dass der Einsatz dieser Gen-Schere zur Entstehung und Verbreitung von resistenten Genvarianten führt, die den Gene Drive blockieren. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift PNAS erschienen.

    Die Methode der Gene Drives ist in der Wissenschaft nicht unumstritten: Bei krankheitsübertragenden Mü-cken könnte man beispielsweise ein „Antimalaria-Gen“ in die Population einschleusen, damit die Mücken die Krankheit nicht mehr übertragen können. Bei Schädlingen ließe sich durch gezielte Mutation von Fruchtbar-keitsgenen ein Kollaps der gesamten Population herbeiführen. Kritiker dieser Methoden befürchten jedoch, dass sich Gene Drives unkontrolliert und unaufhaltsam in der Natur ausbreiten könnten.

    Die Göttinger Entwicklungsbiologen testeten im Labor unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen ein selbstsüchtiges Gen, das sich in ein Gen zur Geschlechtsbestimmung einnistet und dieses zerstört – mit der Folge, dass genetisch weibliche Fliegen sich zu Männchen entwickeln, und dem Ziel, dass die Population schließlich zusammenbricht. Zu Beginn der Versuche nahm der Anteil der Männchen auch schnell zu – aber nach 15 Generationen hatte sich das Verhältnis der Geschlechter wieder ausgeglichen.

    In der Population entstanden funktionstüchtige Gene Drive-resistente Genvarianten. Dies scheint nach An-sicht der Forscher ein grundsätzliches Problem beim Einsatz von Gen-Scheren zu sein, da die zelleigenen Reparaturmechanismen die geschnittene DNA teilweise ungenau reparieren und die Gen-Schere an diesen Stellen nicht mehr ansetzen kann. „Die Methode erhöht also selbst die Wahrscheinlichkeit von Mutationen und löst dadurch zwangsläufig die Entwicklung von Resistenzen aus“, erläutert der Leiter der Studie, Prof. Dr. Ernst Wimmer. „Der Effekt eines einfachen Gen-Scheren-basierten Gene Drives ist damit nicht nachhal-tig.“

    Die Forscher interpretieren ihre Ergebnisse zum einen als deutliche Warnung vor zu hohen Erwartungen, zum anderen aber auch als Entwarnung, da das Gefährdungspotenzial offenbar wesentlich geringer ist als be-fürchtet. Mithilfe von Simulationen konnten sie gemeinsam mit Biostatistikern der Universität von Kalifornien in Berkeley zudem Parameter identifizieren, die es vermutlich ermöglichen, einen vermännlichenden Gene Drive für bestimmte Schadinsekten zur lokalen Populationskontrolle erfolgreich einzusetzen. „Dies sind bis-lang jedoch rein theoretische Spekulationen, die sich wegen des ungeklärten Gefährdungspotenzials nicht einfach überprüfen lassen“, so Wimmer.

    Originalveröffentlichung: Mohammed KaramiNejadRanjbar et al. Consequences of resistance evolution in a Cas9-based sex-conversion-suppression gene drive for insect pest management. PNAS 2018. Doi: 10.1073/pnas.1713825115.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Ernst A. Wimmer
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Biologie und Psychologie
    Abteilung Entwicklungsbiologie
    Justus-von-Liebig-Weg 11, 37077 Göttingen
    Telefon (0551) 39-22888
    E-Mail: ewimmer@gwdg.de


    More information:

    http://www.uni-goettingen.de/de/49202.html


    Images

    Prof. Dr. Ernst A. Wimmer
    Prof. Dr. Ernst A. Wimmer
    Foto: Franck Simonnet
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists, all interested persons
    Biology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Prof. Dr. Ernst A. Wimmer


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).