idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/11/2018 10:00

Vorläufer von Genen entstehen permanent "aus dem Nichts" – und verschwinden meist wieder

Dr. Christina Heimken Presse- und Informationsstelle
Westfälische Wilhelms-Universität Münster

    Studien der jüngsten Zeit gaben vermehrt Hinweise darauf, dass sich neue Gene auch spontan neu bilden können, also nicht schrittweise durch kleine Veränderungen bewährter Gene entstehen. Bioinformatiker der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster untersuchten nun erstmals auch die frühesten Stadien der Entstehung dieser "Gene aus dem Nichts".

    Die Evolution von Organismen erfolgt in kleinen Schritten – so haben die meisten Menschen es in der Schule gelernt: durch kleine genetische Veränderungen, Punktmutationen genannt. Im Laufe der Generationen treten diese Mutationen in den Kopien der bewährten Gene auf und bringen möglicherweise nützliche neue Eigenschaften mit sich. Dass vollständige neue Gene und somit neue Eigenschaften quasi aus dem Nichts entstehen, galt jahrzehntelang als undenkbar. Erst Studien der jüngsten Zeit gaben vermehrt Hinweise darauf, dass sich neue Gene auch „aus dem Nichts“ in der sogenannten nicht-codierenden DNA bilden, also in dem Teil des Erbguts, der keine Proteine erzeugt. Eine neue Arbeit untersucht nun erstmals auch die frühesten Stadien der Entstehung dieser „Gene aus dem Nichts“. Die Arbeit, die aktuell in der Fachzeitschrift „Nature Ecology and Evolution“ veröffentlicht ist, haben Bioinformatiker um Prof. Dr. Erich Bornberg-Bauer vom Institut für Evolution und Biodiversität der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) durchgeführt.

    Das Team verglich mit Computeranalysen Anzahl, Länge, Position und Zusammensetzung (Nukleotid-Sequenz) von „Genen aus dem Nichts“ beim Menschen mit denen von vier anderen Säugetier-Arten: Maus, Ratte, Kängururatte und Opossum. Letzteres gehört zu den Beuteltieren, deren Evolutionslinie sich früh von dem Zweig der Höheren Säugetiere abgespalteten hat. Durch diesen Vergleich warfen die Forscher Schlaglichter auf 160 Millionen Jahre Evolution der Säugetiere. Die Wissenschafter nahmen dabei DNA-Transkripte unter die Lupe, also solche DNA-Abschnitte, die aktiv sind und als RNA-Kopie vorliegen. Genauer gesagt untersuchten die Forscher die Transkripte sogenannter offener Leserahmen. Diese Sequenzen dienen häufig als Bauanleitungen für Proteine.

    „Unsere Studie zeigt: Neue offene Leserahmen, also die Kandidaten für Bauanleitungen für neue Proteine, entstehen in nicht-codierenden DNA-Regionen permanent ‚aus dem Nichts‘. Sie gehen aber genauso wie ihre Transkripte im Laufe der Evolution auch sehr schnell wieder verloren“, sagt Bioinformatiker Erich Bornberg-Bauer. Obwohl aus nur sehr wenigen dieser Kandidaten tatsächlich funktionstüchtige Gene entstehen, also solche Gene, die den Bauplan für funktionierende Proteine enthalten, bleiben einige Kandidaten zufällig über längere Zeit erhalten – allein aufgrund der enormen Anzahl an ständig neu erzeugten Transkripten. „Diese Transkripte können dann in mehreren Abstammungslinien gefunden werden“, so Erich Bornberg-Bauer. „Wahrscheinlich können sie über lange Zeiträume hinweg das Repertoire der bestehenden Proteine ergänzen und an das molekulare Wechselspiel mit diesen angepasst werden.“

    Manchmal übernimmt also ein „aus dem Nichts“ entstandenes Protein eine Funktion im Organismus. „Damit haben wir auch eine Erklärung dafür, wie grundlegend neue Eigenschaften in einem Organismus entstehen können. Allein durch punktuelle Veränderungen der genetischen Struktur ist das nämlich nicht erklärbar“, so Erich Bornberg-Bauer.

    Die Forschungen wurden durch das „Human Frontier Science Program“ unterstützt.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Erich Bornberg-Bauer
    Westfälische Wilhelms-Universität Münster
    Institut für Evolution und Biodiversität
    Hüfferstr. 1
    D 48149 Münster / Germany

    Tel: + 49 251 - 83 21630
    E-Mail: ebb@uni-muenster.de


    Original publication:

    Jonathan F. Schmitz, Kristian K. Ullrich and Erich Bornberg-Bauer (2018): Incipient de novo genes can evolve from frozen accidents which escaped rapid transcript turnover. Nature Ecology and Evolution; Published: 10 September 2018, DOI: 10.1038/s41559-018-0639-7


    More information:

    http://bornberglab.org/ Webseite von Prof. Dr. Erich Bornberg-Bauer


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).