idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/13/2024 10:04

Krankenhausfinanzierung: Steuergelder oder Insolvenz?

Katharina Lenz AWMF Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.

    Berlin, 13. März 2024 · Bei drohender Insolvenz erhalten kommunale Krankenhäuser und Universitätsklinika finanzielle Unterstützung durch die Länder. Kliniken freigemeinnütziger und privater Träger bekommen keine derartigen Fördermittel. Warum es für sie schwierig ist, rechtliche Ansprüche zu stellen und was problematisch am System der Fallpauschalen (DRG) ist, diskutierten die Teilnehmenden der Veranstaltungsreihe Ärzte und Juristen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF).

    „Das System kannibalisiert sich von innen heraus“, konstatierte Prof. Wolfgang Thasler, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Minimalinvasiven Chirurgie am Rotkreuzklinikum München. Er berichtete von seinen Erfahrungen an einem Krankenhaus der Schwerpunktversorgung eines freigemeinnützigen Trägers, der sich derzeit im Schutzschirmverfahren zur Vermeidung einer Insolvenz befinde.

    Prof. Thasler wies auf die Schwierigkeit der Krankenhausfinanzierung hin und kritisierte in diesem Zusammenhang eine Zwangsbelegung im Rahmen der Notfallversorgung, die in Kliniken der Schwerpunktversorgung besonders ausgeprägt sei. Bei akuten komplexen Fällen lehnten spezialisierte Krankenhäuser und Kliniken der Maximalversorgung häufig Verlegungen ab, weil Patienten möglicherweise nicht versichert seien oder es sich finanziell nicht rentieren würde. „Aus ethischen Gründen behandeln wir diese Patienten selbstverständlich. Nicht selten bleibt das Krankenhaus aber auf den Behandlungskosten sitzen“, erklärte Prof. Thasler. Während kommunal getragene Krankenhäuser beziehungsweise Universitätskliniken Steuermittel erhielten, müssten freigemeinnützige und private Krankenhäuser ohne eine solche zusätzliche Finanzhilfe auskommen. „Daraus entsteht effektiv eine finanzielle Benachteiligung und das geht zu Lasten und auf Kosten der Patientenversorgung“, sagte er.

    „Krankenhäuser müssen selbstverständlich ausreichend finanziert werden, die Notwendigkeit eines Defizitausgleiches dürfte daher in der Regel gar nicht bestehen“, erklärte Rechtsanwalt Dr. Peter Sieben, Partner der Kanzlei Quaas und Partner aus Stuttgart. Er verdeutlichte, dass eine kommunale Förderung grundsätzlich zulässig sei, unter Berücksichtigung der Trägervielfalt ergebe sich jedoch aus Art. 28 GG kein Anspruch, da dieser lediglich die Rechte der Kommunen regele. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2016 (I ZR 263/14, Landkreis Calw) verstößt zwar eine europarechtswidrige Beihilfe gegen nationales Wettbewerbsrecht, woraus eventuell ein Unterlassungsanspruch privater oder freigemeinnütziger Krankenhausträger folgen könne. Es ergebe sich daraus aber kein Anspruch auf eigene Förderung. Der Landkreis habe zudem einen besonderen Sicherstellungsauftrag gemäß des Landeskrankenhausgesetzes, woraus sich eine Sonderstellung gegenüber anderen Trägern rechtfertigen lasse. „Der politische Druck ist hoch“, kommentierte Dr. Sieben.

    „In Bezug auf die Finanzierung von Krankenhäusern sehe ich das DRG-System kritisch. Es ist völlig intransparent, da Kosten für Leistungen nicht ohne entsprechende Programme zu ermitteln sind“, erklärte er. Hinsichtlich der Festlegung der Fallpauschalen sei es kaum möglich, eine Klage bei eventueller Unterfinanzierung einzureichen, weil schon unklar sei, gegen wen sich die Klage richten sollte. „Die Übertragung des Versorgungsauftrags, in Form eines Vergütungssystems für Krankenhäuser, auf einen privaten Anbieter ist nach meiner Auffassung in der derzeitigen Form verfassungswidrig, weil diese Aufgabe eigentlich dem Gesetzgeber zukommt“, stellte Dr. Sieben fest.

    Die Veranstaltungsreihe Arbeitskreis Ärzte und Juristen der AWMF findet zweimal im Jahr statt. Vorgestellt und diskutiert werden Themen, bei denen sich Berührungspunkte zwischen Medizinerinnen und Medizinern sowie Juristinnen und Juristen ergeben.

    Weitere Informationen
    Vorträge der Veranstaltungsreihe Ärzte und Juristen der AWMF vom 1. und 2. März 2024
    https://www.awmf.org/die-awmf/veranstaltungen/sitzungsarchiv-aerztinnen-und-juri...


    Contact for scientific information:

    Prof. Rolf-Detlef Treede, Präsident der AWMF


    More information:

    http://Weitere Informationen
    http://Vorträge der Veranstaltungsreihe Ärzte und Juristen der AWMF vom 1. und 2. März 2024
    https://www.awmf.org/die-awmf/veranstaltungen/sitzungsarchiv-aerztinnen-und-juri...


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Law, Medicine, Politics
    transregional, national
    Scientific conferences, Transfer of Science or Research
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).