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25.02.2015 10:49

Quo vadis Reporting?

MBA Volker Stößel Media Relations
HHL Leipzig Graduate School of Management

    Rückblick und Aufbruch in Sachen Finanzkommunikation in Deutschland / Fragen an Klaus Rainer Kirchhoff, Vorstand der Kirchhoff Consult AG, und Prof. Dr. Henning Zülch, Inhaber des Chair of Accounting and Auditing an der HHL Leipzig Graduate School of Management.

    „Der Beste Geschäftsbericht“ ist ein von 1995 bis 2013 durch Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge mit dem manager magazin durchgeführter Wettbewerb, der das Ziel verfolgte, Deutschlands inhaltlich, sprachlich und gestalterisch besten Geschäftsbericht zu küren. Im Jahr 2014 wurde dieser abgelöst durch den Wettbewerb „Investors‘ Darling“. Ebenfalls werden seitdem die 160 größten deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften analysiert. Die Zielsetzung ist es, Deutschlands Kapitalmarktstrategen des Jahres zu bennen und neben dem Reporting (Geschäftsberichte) weitere zentrale Elemente der Finanzkommunikation einzubeziehen, um den gestiegenen Anforderungen seitens der Stakeholder Rechnung zu tragen. Dies geschieht insbesondere durch die Integration der Bereiche Investor Relations sowie Capital Markets.

    Unter dem Motto "Rückblick und Aufbruch in Sachen Finanzkommunikation in Deutschland" äußern sich Klaus Rainer Kirchhoff, Vorstand der Kirchhoff Consult AG, und Prof. Dr. Henning Zülch, Inhaber des Chair of Accounting and Auditing an der HHL Leipzig Graduate School of Management im Interview mit Christian Kretzmann (HHL).

    ? Herr Kirchhoff, der Kapitalmarktwettbewerb „Investors‘ Darling“ wurde im vergangenen Jahr erstmals durchgeführt und im Oktober 2014 im manager magazin veröffentlicht. Er löst damit nach beinahe 20 Jahren den bislang größten deutschen Reporting-Wettbewerb „Der Beste Geschäftsbericht“ ab. Wie kam es zu diesem Umbruch?

    ! Der Wettbewerb „Der Beste Geschäftsbericht“ hat die Qualität deutscher Geschäftsberichte enorm gesteigert. Vor 20 Jahren rangierten deutsche Geschäftsberichte im internationalen Vergleich weit hinter angelsächsischen Berichten. Heute gehören sie zu den Besten in der Welt, und zwar sowohl was die Transparenz angeht als auch die analysefreundliche und optisch ansprechende Aufbereitung. Das haben wir vor allem dem Engagement von Professor Jörg Baetge zu verdanken, der in den letzten Jahren enormes Engagement für eine bessere Berichtsqualität gezeigt hat. Durch die klare Guideline, die der Wettbewerb den Unternehmen durch die in den Jahren immer weiter entwickelten Kriterien guter Berichterstattung geboten hat, haben deutsche Geschäftsberichte heute einen vergleichbar hohen Standard, ähnlich wie in der Formel 1 sind die Abstände der besten Berichte sehr knapp. Zudem hat sich das Anspruchsverhalten der wichtigsten Zielgruppe des Geschäftsberichtes, der Investoren, verändert. Anlageentscheidungen werden heute, sofern sie nicht ohnehin Computerprogrammen überlassen sind, schneller getroffen. Deshalb nutzt der Investor neben dem Geschäftsbericht heute stärker als früher verschiedene Informationsmedien und –wege, wie das Internet. Auch haben einige Unternehmen mit Blick auf das Prestige, dass ein Preis im Wettbewerb „Der Beste Geschäftsbericht“ bedeutete, enorme Anstrengungen unternommen, um gut abzuschließen, da diese Unternehmen die Investoren ansonsten weder durch gute IR noch eine gute Performance verwöhnten. Vor diesem Hintergrund war es konsequent, den Wettbewerb weiterzuentwickeln, so dass nun das gesamte Kommunikationsverhalten der Unternehmen im Kapitalmarkt untersucht und auch hinterfragt wird und zudem die Performance mit in die Betrachtung einbezogen wird.

    ? Professor Zülch, der Wettbewerb inklusive der zugrundeliegenden Analysen basiert auf dem dreigliedrigen RIC-Schema. Bisher wurde der Wettbewerb jedoch von dem Bereich Reporting dominiert. Können Sie uns dies bitte erläutern?

    ! Wenn wir im Accounting von Disclosure Quality sprechen, so wird dies häufig auf Elemente der verpflichtenden Publizität in Form von Geschäftsberichten reduziert. Doch dieses Denken ist nicht mehr zeitgemäß. Zweifelsohne ist der Geschäftsbericht neben seinen gesetzlichen Anforderungen sowie den Rechnungslegungsstandards nach wie vor ein wichtiges Element der Unternehmenskommunikation, doch ist zu beachten, dass Stakeholder mittlerweile mehr erwarten. Kaum ein Investor wird sich heute ausschließlich auf die in Geschäfts- oder Halbjahresberichten abgedruckten Zahlen und Kommentare eines Unternehmens stützen. Vielmehr ist eine zielgruppenspezifsche und detailliertere Ansprache im Rahmen der Investor Relations Arbeit unabdingbar. Zusammen bilden diese beiden Bereiche, also Reporting sowie Investor Relations, die Senderperspektive der Unternehmen ab – Informationen werden aufbereitet und in den Kapitalmarkt gegeben. Doch dort ist keineswegs Schluss. Hier kommen die direkten und indirekten Informationsempfänger ins Spiel, welche die Informationen aufnehmen, interpretierten und Handlungen ableiten. Diese Handlungen, bspw. in Form von Aktienkäufen oder –verkäufen, spiegeln sich auf den Märkten wider und verursachen teilweise nicht unbeträchtliche Kursveränderungen, woraus sich wiederum Implikationen für die jeweiligen Unternehmen ableiten. Unserer Ansicht nach ist ein Kapitalmarktwettbewerb erst dann vollständig, wenn sowohl die Sender- als auch die Empfängerperspektive adäquat abgebildet sind. Dies geschieht in unserem RIC-Ansatz, welcher genau diese drei Bereiche Reporting, Investor Relationsund Capital Market erfasst und analysiert.

    ? Herr Kirchhoff, die Ergebnisse des Rankings belegen, dass durch die neue erweiterte Analysemethode Unternehmen mitunter ihre Top-Platzierungen verloren haben. Andere Unternehmen wiederum schneiden gut ab und auf dem Weg an die Spitze sind. Wie beurteilen Sie diese Neuordnung, und wie wird diese seitens der Unternehmen aufgefasst?

    ! Der neue Wettbewerb spiegelt die Investor Relations Qualität der Unternehmen weit besser wider als der bisherige rein auf das Reporting konzentrierte. Für die Unternehmen ist das eine neue Herausforderung, der sie sich aber stellen müssen, wollen sie in dem sich verschärfenden globalen Wettbewerb um Investoren überleben. Insofern trägt der Wettbewerb „Investor’s Darling“ den veränderten Verhältnisse in den globalen Kapitalmärkten Rechnung. Verbesserungen der Rankingergebnisse sind nur möglich, wenn Unternehmen die aufgezeigten Defizite ernst nehmen, analysieren und innerhalb der Organisation systematisch angehen. Kosmetische Veränderungen, die nicht nachhaltig und tiefgreifend sind, werden hier nicht helfen. Unsere Intention ist es allerdings nicht abzustrafen, sondern den Unternehmen einen möglichst umfassenden und neutralen Spiegel vorzuhalten, der Ihnen ermöglicht, selbst aktiv zu werden und im Sinne aller Stakeholder positive Veränderungen anzustoßen.

    ? Professor Zülch, wenn man die Gesamtergebnisse betrachtet, fällt auf, dass kein Unternehmen auch nur nahezu volle Punktzahl in allen Bereichen erhält. Die Top-Performer erreichen gerade einmal 70 von 100 möglichen Punkten. Woran liegt das, und wo sehen Sie konkreten Nachbesserungsbedarf?

    ! Unser Ranking ist keine Compliance-Prüfung, sondern ein Wettkampf der Besten. Hier messen sich etablierte deutsche Unternehmen aus DAX, MDAX, SDAX sowie TECDAX. Unsere Erwartungen an diese Unternehmen sind hoch, aber dennoch realistisch. Man muss immer bedenken, dass diese Unternehmen die Spitze des deutschen Aktienmarkts darstellen und über ihr Handeln eine Vorbildfunktion haben und Maßstäbe setzen. Ein Unternehmen, das vollständige, verständliche und transparente Geschäftsberichte veröffentlicht, eine sehr gute Investor Relations Arbeit betreibt (bspw. über eine aussagekräftige IR-Website) und dessen Ergebnisse über den Kapitalmarkt validiert werden, schneidet hier gut ab. Mangelt es in einzelnen oder gar allen Punkten, so wird das Unternehmen ist das Unternehmen aufgefordert, Verbesserungen durchzuführen; es erhält so die Möglichkeit, im nächsten Jahr besser zu performen.

    ? Herr Kirchhoff, wie Sie sagten, ist der Vorgängerwettbewerb nicht nur ein weithin von der Öffentlichkeit akzeptierter Maßstab, sondern er hat auch dazu beigetragen, die Qualität der Finanzberichterstattung in Deutschland nachweislich zu erhöhen. Wo sehen Sie den Wertbeitrag des aktuellen Rankings für die teilnehmenden Unternehmen sowie ihre Stakeholder?

    ! Wie bei dem vorherigen Wettbewerb wird „Investor’s Darling“ dazu führen, dass sich die Qualität der Investor Relations in Deutschland deutlich steigern wird, und dafür gibt es durchaus Spielraum. Es ist ja bezeichnend, dass es in Deutschland keinen Lehrstuhl für Investor Relations gibt. Hier gebührt der HHL und dem Team um Professor Zülch Dank dafür, dass sie die Initiative übernommen haben. Die Unternehmen werden sich, davon bin ich überzeugt, intensiv in den Wettbewerb einbringen. Wir suchen deshalb auch den Dialog mit den Unternehmen, um die Kriterien kontinuierlich weiter zu entwickeln. Investors‘ Darling hat das Potential, die Aktienkultur in Deutschland zu fördern, denn wir sind in dieser Beziehung ein Entwicklungsland. Investor Relations, und das ist eine besondere Herausforderung, sollte sich auch an Privataktionäre orientieren, eine Anspruchsgruppe, die sehr unterschätzt und deshalb vernachlässigt wird. Durch die Transparenz, die wir mit dem Wettbewerb bieten, können Unternehmen sehr gut nachvollziehen, wie sie ihre Investor Relations verbessern können. Davon werden die Unternehmen und auch der Kapitalmarkt als Ganzes profitieren.


    Weitere Informationen:

    http://www.hhl.de/accounting
    http://www.kirchhoff.de/
    http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/investors-darling-2014-mister-350-...


    Bilder

    Investors' Darling 2015
    Investors' Darling 2015

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    "Investors' Darling ist keine Compliance-Prüfung, sondern ein Wettkampf der Besten.“ Prof. Dr. Henning Zülch, Chair of Accounting and Auditing an der HHL Leipzig Graduate School of Management.
    "Investors' Darling ist keine Compliance-Prüfung, sondern ein Wettkampf der Besten.“ Prof. Dr. Henni ...
    Foto: HHL
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Investors' Darling 2015


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    "Investors' Darling ist keine Compliance-Prüfung, sondern ein Wettkampf der Besten.“ Prof. Dr. Henning Zülch, Chair of Accounting and Auditing an der HHL Leipzig Graduate School of Management.


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