Zum Vortragsthema:
Bei Wagner sind hübsche Bilder auf der Bühne unerwünscht: Sie zeugen vom Drang zur Künstlichkeit, Oberflächlichkeit und Ablenkung in der Opernkultur. Dagegen stellt sich Wagner ein grundverschiedenes Regime der ästhetischen Erfahrung vor, welches durch Tiefe, Authen¬tizität und wahre Not gekennzeichnet sein soll. Im Visuellen findet dieses Regime seinen passenden Ausdruck im prototypischen Blick der Wagnerischen Protagonisten: fest, heftig und vor allem: dauerhaft. Die Blicke, die Sieglinde und Siegmund im ersten Akt der Walküre oder Tristan und Isolde ununterbrochen miteinander austauschen, und - vielleicht am berühmtesten - Sentas Blick, der vom Bild auf die Person des fliegenden Holländers streift, sind allesamt Instanzen von 'authentischen' Blicken, bedeutungsschwangere Zeichen eines wahrhaften, tief empfundenen Verlangens.
Die auf der Bühne vorgeführte Art des Schauens funktioniert als Modell: Erwartet wird ja, dass sie vom Zuschauer, dank seines tiefen Mitfühlens, nachgeahmt wird. In den Musikdramen Wagners werden immer wieder Szenen aufgestellt, die genau jene dauerhafte, visuelle Vertiefung (absorption) vom Zuschauer verlangen, die sie wiederum in Szene setzen. Bei Wagner ersetzt die verkörperte Figuration das Bildhafte, genauso wie das Musikdrama die Oper ersetzen soll. Dieses Phänomen soll im Vortrag am Beispiel des zweiten Aufzugs des Fliegenden Holländers untersucht werden.
Zur Person:
David Levin hat 1992 an der University of California Berkeley promoviert, arbeitete zwischen 1993 und 1998 als Assistant Professor für Germanistik, Theaterwissenschaften und Gender Studies an der Columbia University. Seit 1998 ist er Professor für Germanistik und Film an der University of Chicago und Leiter des neuen Instituts für Theater & Performance Studies.
Neben seinen akademischen Tätigkeiten hat David Levin als Dramaturg zusammen mit Ruth Berghaus an der Frankfurter Oper gearbeitet und - ebenfalls als Dramaturg - für William Forsythe am Ballet Frankfurt. Seit diesem Jahr ist er Herausgeber der Opera Quarterly.
Publikationen: Richard Wagner, Fritz Lang and the Nibelungen: The Dramaturgy of Disavowal. Princeton University Press 1998., Unsettling Opera: Staging Mozart, Verdi, Wagner, and Zemlinsky. University of Chicago Press (im Erscheinen).
Hinweise zur Teilnahme:
Termin:
23.11.2005 20:00 - 22:00
Veranstaltungsort:
Zentrum für Literaturforschung
Jägerstr. 10-11
Berlin-Mitte
Raum 06
10117 Berlin
Berlin
Deutschland
Zielgruppe:
Studierende, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
regional
Sachgebiete:
Kunst / Design, Musik / Theater, Sprache / Literatur
Arten:
Eintrag:
03.11.2005
Absender:
Sabine Zimmermann
Abteilung:
Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZFL)
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event15399
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