Die christlichen Theologen der Antike substituieren den Gedanken der Weltseele (beispielsweise durch die Vorstellung eines Heiligen Geistes), ohne alle Elemente des Konzeptes zu übernehmen. Insbesondere fehlt die Vorstellung, die Weltseele sei Bild der Welt. Dadurch hängt aber die von den Christen übernommene Vorstellung, die einzelne Seele enthalte ebenfalls ein Bild der Welt, seltsam in der Luft. Der Vortrag schließt mit einem Ausblick: Solche Inkonsistenzen haben letztlich das weitgehende Verschwinden der Vorstellung von einer Seele in der abendländischen Geistesgeschichte zur Folge gehabt; ob deswegen die platonische Vorstellung von einer Seele in transformierter Gestalt repristiniert werden kann, ist fraglich.
Christoph Markschies ist seit 2004 Professor für antikes Christentum an der Humboldt-Universität zu Berlin und war zuvor in Jena und Heidelberg tätig. Er ist Mitglied der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Erfurt und Heidelberg, der Europäischen Akademie der Künste und Wissenschaften sowie der Akademia Europea, ferner korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Institutes.
In der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften leitet er als Sekretar die geisteswissenschaftliche Klasse und trägt Verantwortung für das Akademienvorhaben der Griechischen Christlichen Schriftsteller. Er hat diverse Publikationen zur Geschichte des antiken Christentums vorgelegt, darunter auch einführende Werke über die Gnosis und die Strukturen des antiken Christentums, zuletzt erschien "Antike kaiserzeitliche christliche Theologie und ihre Institutionen" (Tübingen 2007) und der allgemeinverständliche Aufsatzband "Antike ohne Ende" (Berlin 2008).
Zur Akademievorlesung im Sommersemester 2008 "Weltbilder"
Ob in Religion oder Politik, in Wissenschaft oder Kunst - "Weltbilder" sind in unserer Kultur allgegenwärtig. Sie geben unserem Wissen eine Struktur und sollen unser Handeln leiten. Weltbilder sind ein Versprechen auf Übersichtlichkeit in einer unübersichtlichen Welt. Die grundlegenden Fragen, die mit ihrer Hilfe beantwortet werden, haben sich dabei kaum verändert: Welche Gestalt hat die Welt? Welche Kräfte und Ideen wirken in ihr? Woraus besteht sie? Wie ist sie entstanden? Wie sieht ihre Zukunft aus? Es handelt sich um Fragen nach einer umfassenden Ordnung, die den Menschen umgibt, und in der er seinen Platz einnimmt.
Der Begriff des "Weltbildes" kann hierbei ganz wörtlich genommen werden: Als ein Bild von der Welt unterstreicht er die Bedeutung der Anschaulichkeit für unsere Orientierung in der Welt. Denn diese wird nicht allein sprachlich erschlossen, sondern immer auch visuell. Aus geistes- und aus naturwissenschaftlichen Perspektiven sollen daher die historischen und die gegenwärtigen Rollen von Weltbildern kritisch beleuchtet werden. Das Sehen sowie die konkreten Bildmedien stehen im Mittelpunkt der Ausführungen.
Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe "Die Welt als Bild" untersucht seit 2005 systematische und historische Aspekte des Zusammenspiels von Weltanschauungen und ihren visuellen Modellbildungen. Ihre Forschung zielt auf ein besseres Verständnis der Rolle visueller Medien für unsere Weltvorstellungen und Weltordnungen. Leiter der Interdisziplinären Arbeitsgruppe sind Christoph Markschies, Peter Deuflhard und Jochen Brüning. Ansprechpartner sind Ingeborg Reichle, Steffen Siegel, Achim Spelten. E-Mail: bildwissenschaft@bbaw.de
Im Frühjahr 2009 werden im Akademie Verlag die Ergebnisse der Weltbildforschung der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Die Welt als Bild in Form eines "Atlas der Weltbilder" vorgelegt werden.
Hinweise zur Teilnahme:
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Termin:
08.05.2008 18:30 - 20:00
Veranstaltungsort:
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Akademiegebäude am Gendarmenmarkt
Leibniz-Saal
Markgrafenstraße 38
10117 Berlin
Berlin
Deutschland
Zielgruppe:
Journalisten, jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Philosophie / Ethik, Religion
Arten:
Eintrag:
06.05.2008
Absender:
Gisela Lerch
Abteilung:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event23480
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