Ausgangspunkt des Zukunftsforums: Wissenschaft - Kultur - Gesellschaft ist die
Beobachtung, dass in aktuellen Fragen des Zusammenlebens kulturell und religiös
verschieden geprägter Gruppen wissenschaftliche Diskurse, öffentliche Debatten
und Alltagshandeln zu wenig aufeinander bezogen sind. Ein gutes Beispiel dafür
ist das Verhältnis von Religion und Werten. In der Öffentlichkeit, sowohl beim
sprichwörtlichen "Mann auf der Straße" oder der "Frau auf der Straße", als auch in politischen Diskussionen, wird beides häufig miteinander identifiziert, wogegen in den zuständigen Wissenschaften (Religionswissenschaft, Philosophie, Theologie) dieser Zusammenhang zumindest umstritten ist.
Im ersten Symposium des "Zukunftsforums" wird es daher um das Verhältnis von
Religionen, Werten und öffentlicher Moral gehen: Wie konstituieren sich in
modernen, religionspluralistischen Gesellschaften gemeinsame Werte? Welcher
Zusammenhang besteht unter diesen Bedingungen zwischen individueller
Wertbegründung bzw. Wertzumessung ("was den Menschen heilig ist") und den
gemeinschaftsstiftenden Werten, von denen die Gesellschaft lebt? Wie werden
wichtige Werte der Gesellschaft (z.B. die so genannten Grundwerte) an die nächste Generation weiter vermittelt, inwieweit bleiben sie stabil oder verändern sich im Zuge der Vermittlung? Spielen dabei religiöse Orientierungen eine Rolle, oder behindern diese unter gegenwärtigen Bedingungen eher einen gesellschaftlichen Konsens?
Solche und ähnliche Fragen sollen insbesondere im Blick auf den Islam und seine
Rolle in Europa diskutiert werden. Damit nimmt das Bayreuther Zukunftsforum ein
sehr aktuelles Thema auf, wie es derzeit auch im Rahmen der Islamkonferenz des
Bundesinnenministeriums thematisiert wird. Das Zukunftsforum ermöglicht es, diese Frage unabhängig vom politischen Tagesgeschäft, aber in bewusster Verknüpfung wissenschaftlicher, politischer, gesellschaftlicher und religiöser Akteure vertieft zu diskutieren.
Thematischer Zugang
Werte werden in öffentlichen Debatten üblicherweise als pluralistische, zum Teil ganz subjektive, wandlungsfähige, gleichwohl unverzichtbare Grundlage für die soziale Kohäsion und Funktion der Gesellschaft angesehen. Europa proklamiert sich selbst als eine "Wertegemeinschaft" und steuert - nicht zuletzt - über seinen Wertekanon die Zugehörigkeit zu dieser Gemeinschaft. Es ist eine offene Frage, wie beides, die Wertekonstruktion der Individuen und der gesellschaftliche Bedarf an Wertekonsens, in einer pluralistischen Gesellschaft herzustellen und zu sichern ist. In den öffentlichen Diskussionen wird dabei häufig auf die Religion verwiesen, was u.a. in der Rede vom "Christlichen Abendland" zum Ausdruck kommt. Dieser Zusammenhang kann aber unter gegenwärtigen Bedingungen nicht mehr selbstverständlich vorausgesetzt werden - zumal in historischer Hinsicht fraglich ist, ob er jemals bestanden hat. So bezeichnet sich etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung selbst als nicht-religiös, und auf der anderen Seite hat sich durch Säkularisierungs- und Individualisierungserscheinungen in den christlichen Kirchen, aber auch durch die verstärkte Präsenz nicht-christlicher Religionen, das religiöse
Feld selbst stark ausdifferenziert.
Es fragt sich daher, welche Rolle Religionen in den religiös gemischten
Gesellschaften der Zukunft spielen können und sollen. Wie können sowohl die
positiven wie die negativen Aspekte der Religionsfreiheit berücksichtigt werden? Soll "Religion" zur Privatsache werden, oder gibt es öffentliche Felder, in denen sich Religionen - jeweils für sich oder evtl. auch gemeinsam - in Politik und Gesellschaft einbringen können? Wie geht man mit der Tatsache um, dass Religionen in ihren normativen Begründungsmustern nicht übereinstimmen? Gibt es Wege, trotz unterschiedlicher religiöser und nicht-religiöser Begründungsmuster zu einem Wertekonsens in der Gesellschaft zu gelangen?
Zusammenarbeit mit der Stiftung für Zukunftsfragen der British American Tobacco
Zur Vorbereitung des ersten Symposiums wurden von DozentInnen der Universität
Bayreuth gemeinsam mit der Stiftung für Zukunftsfragen der British American
Tobacco (BAT) zwei Seminare für Studierende durchgeführt. Die Stiftung forscht
unter Leitung von Prof. Dr. Horst W. Opaschowski und Dr. Ulrich Reinhardt seit
vielen Jahren im Bereich der gesellschaftlichen Trends und des Wertewandels. In
den Seminaren wurde Grundlagenwissen zu Werten, Religion und Moral und ihrem
Zusammenhang erarbeitet. Auf dieser Basis wurde im Auftrag der Stiftung für
Zukunftsfragen durch die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) eine
repräsentative Erhebung durchgeführt. Sie fragte danach, "was den Menschen heilig ist" und wie in ihrem Verständnis Religion und Werte zusammenhängen. Außerdem wurden durch die Studierenden qualitative Interviews zum Verständnis von Werten und Religion in der Lebensführung geführt und ausgewertet. Die Ergebnisse dieser Forschungen, die zusammen mit den Symposiumsbeiträgen publiziert werden sollen, werden beim Symposium vorgestellt.
Programm
Veranstaltungsort: Audimax der Universität Bayreuth
Freitag, 17.10.08, 13.30 bis 18.00 Uhr
13.30 Uhr
Eröffnung durch Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Ruppert,
Präsident der Universität Bayreuth, und Dr. Michael Hohl,
Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth
13.45 Uhr
Vortrag: Rückkehr der Religion? Religionen und Werte
zwischen Erhalt, Auflösung und Neubegründung
Prof. Dr. Christoph Bochinger, Religionswissenschaft, Bayreuth
14.15 Uhr
Vortrag: Wertegemeinschaft und Wertevielfalt aus
islamisch-theologischer Perspektive
Prof. Dr. Ali Bardakoglu, Präsident des Amtes
für religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet)
14.45 Uhr
Fragerunde von Studierenden
Moderation: Klaus Häffner, Leiter Studio Franken des
Bayerischen Rundfunks
15.15 Uhr Pause
15.45 Uhr Vortrag:
"Was den Deutschen heilig ist ...":
Ergebnisse einer Repräsentativstudie
Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, Stiftung für Zukunftsfragen.
Eine Initiative von British American Tobacco, Hamburg
16.15 Uhr
Gesprächspodium: Was den Medien heilig ist - Religionen
und Werte in der öffentlichen Wahrnehmung
Moderation: PD Dr. Ronald Uden, Christliche Publizistik, Erlangen
17.30 Uhr Ende des ersten Teils des Symposiums
19.30 Uhr Verleihung des Markgräfin-Wilhelmine-Preises der
Stadt Bayreuth für Toleranz und Humanität in kultureller
Vielfalt im Markgräflichen Opernhaus
Preisträger: Prof. Wole Soyinka, Nigeria/USA
Laudator: Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble
anschließend Empfang im Evangelischen Gemeindehaus
Samstag, 18. Oktober 2008, 9.00 bis 13.15 Uhr
9.00 Uhr
Vortrag: Die Rolle der Religionen bei der Integration
kultureller Minderheiten in Deutschland
Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D., Berlin
9.30 Uhr
Vortrag: Die Bedeutung "religiöser Werte" in säkularen Diskursen
PD Dr. Arne Manzeschke, Theologische Ethik und
Anthropologie, Bayreuth
10.00 Uhr
Vortrag: Leitkultur, Verfassungspatriotismus und Wertepluralismus
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger MdB, Bundesjustizministerin
a.D., Berlin
10.30 Uhr Pause
11.00 Uhr Vortrag: Wie christlich ist das Abendland? Religiöse Vielfalt
und Wertekonsens
Prof. Dr. Hans G. Kippenberg, Religionswissenschaft, Bremen/Erfurt
11.30 Uhr
Podiumsdiskussion:
Gibt es gemeinsame Werte? Die Rolle der Religionen im
politischen Rahmen der Zukunft
Prof. Dr. Rita Süssmuth, Berlin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger MdB, Berlin
Prof. Dr. Hans G. Kippenberg, Religionswissenschaft,
Bremen/Erfurt
Prof. Dr. Harun H. Behr, Islamische Religionspädagogik,
Erlangen
Prof. Dr. Christoph Bochinger, Religionswissenschaft,
Bayreuth
Dr. Ulrich Reinhardt, Stiftung für Zukunftsfragen.
Eine Initiative von British American Tobacco, Hamburg
Moderation: Klaus Häffner, Leiter Studio Franken des
Bayerischen Rundfunks
13.00 Uhr
Fazit zum Symposium
Prof. Dr. Reiner Anselm, Ethik und Theologie, Göttingen/Zürich
13.15 Uhr Ende des Symposiums
Hinweise zur Teilnahme:
Teilnahmegebührt 30.- Euro,
für Studierende frei
Anmeldung über das
Tagungsbüro
Leitung: Karin Hanstein M.A.
Mitarbeit: Bernhard Selig B.A.
Gebäude GW II, Raum U 1.18
Universitätsstr. 30
95447 Bayreuth
Telefon: 0921 / 55-4153
E-Mail: tagungsbuero@uni-bayreuth.de
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 8.30 - 12.00 Uhr
Termin:
17.10.2008 ab 13:30 - 18.10.2008 13:15
Veranstaltungsort:
Audimax auf dem Campus der Universität Bayreuth
Universitätsstraße 30
95447 Bayreuth
Bayern
Deutschland
Zielgruppe:
jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Religion
Arten:
Eintrag:
04.08.2008
Absender:
Jürgen Abel M. A.
Abteilung:
Pressestelle
Veranstaltung ist kostenlos:
nein
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event24262
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