Ab 1942 mussten KZ-Häftlinge verstärkt für die deutsche Kriegswirtschaft arbeiten. Hierfür errichteten SS und Wirtschaftsbetriebe KZ-Außenlager, die häufig auf Betriebsgeländen oder mitten in Städten oder Ortschaften lagen. Schließlich überzog 1944 ein Netz von mindestens sechshundert dieser Lager das Deutsche Reich. Die KZ-Außenlager waren Orte der Sklavenarbeit, massiver Gewalt und des Sterbens.
In dem Vortrag geht es zunächst um die von der SS und dem Betriebspersonal ausgeübte Gewalt. Buggeln zeigt, dass die SS-Führung in der Lage war, das Ausmaß der Gewalt in den Lagern zu steuern und nach Bedarf zu intensivieren oder zu begrenzen. Nachdem die Gewalt 1942 zu solch hohen Todesraten geführt hatte, dass die kriegswichtigen Projekte gefährdet schienen, welche die SS mit der Arbeitskraft der Häftlinge betrieb, setzte die SS-Führung bestimmte Gewaltbegrenzungen in Kraft, wodurch es zu einem deutlichen Absinken der Sterblichkeitsraten in den KZ-Außenlagern kam. Erst im Herbst 1944 begann die SS mit der absehbaren Kriegsniederlage, die Gewaltpraktiken wieder zu verschärfen, was zu Gewalteskalationen, Massakern und einem dramatischen Anstieg der Sterblichkeitsziffern führte. Buggeln fragt, ob die zu beobachtenden Gewaltphänomene als besonders modern zu charakterisieren sind, wie dies in Teilen der Forschungsliteratur geschieht. Ebenfalls untersucht wird der Zusammenhang zwischen Raum und Gewalt. Die KZ-Außenlager waren kein abgeschlossener Raum. Die Lagerverhältnisse wirkten in vielerlei Hinsicht auf die das Lager umgebende deutsche Gesellschaft ein, wie dies auch umgekehrt der Fall war. Da es sich bei den Außenlagern häufig um schnell errichtete Provisorien handelte, konnte die deutsche Bevölkerung mitunter die Lager einsehen. Lagerzaun und SS-Wachmannschaften bildeten nur noch eine sehr durchlässige Grenze zwischen Häftlingen und deutscher Gesellschaft. So kam es zu vielfältigen Kontakten und auch zu gewaltsamen Übergriffen auf die Häftlinge.
Referent:
Dr. Marc Buggeln ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er wurde 2008 an der Universität Bremen mit einer Studie über das System der Außenlager des KZ Neuengamme promoviert. Diese Arbeit gewann den Herbert-Steiner-Preis des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (Wien) im Jahr 2009. Marc Buggeln ist Redaktionsmitglied von HSozKult, WerkstattGeschichte und Sozial.Geschichte.Online. Zurzeit arbeitet er an einer Habilitation zur Geschichte der Öffentlichen Finanzen in der Bundesrepublik.
Hinweise zur Teilnahme:
Der Vortrag ist öffentlich.
Termin:
05.07.2011 18:00 - 20:00
Veranstaltungsort:
Kulturwissenschaftliches Institut Essen
Goethestraße 31
45128 Essen
Nordrhein-Westfalen
Deutschland
Zielgruppe:
Journalisten, jedermann
Relevanz:
lokal
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik, Psychologie
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
16.06.2011
Absender:
Viola Noll
Abteilung:
Pressestelle
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event35825
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