„Finanzmarktkapitalismus“ ist zu einer Chiffre für eine Reihe von tiefgreifenden Veränderungen in der Wirtschaft, der Welt der Unternehmen und der Arbeit geworden. Die Finanz(markt)krise von 2008, die dadurch ausgelöste allgemeine Wirtschaftskrise und die durch staatliche Krisenbewältigungsversuche (Bankenrettung) maßgeblich mitausgelöste Staatsschuldenkrise haben zuletzt vor allem die fatale Rolle der (Investment)Banken und die Frage der Regulierung der Finanzmärkte in den Vordergrund der wissenschaftlichen und öffentlichen Debatte gerückt.
Durch die Akzentverschiebung auf „profit financialization“ ist die „control financialization“ etwas aus dem Blickfeld geraten: nämlich die Einflussnahme von Finanzmarktakteuren auf „produzierende“ Unternehmen und auf die Umstellung von Unternehmensstrategien, die sich unter dem Kürzel „Shareholder Value“ an teils expliziten, teils vermuteten Erwartungen und Forderungen von Aktionären orientiert. Welche Wirkungen hat diese „control financialization“ tatsächlich, die sich in Deutschland vor allem in der sprichwörtlichen Auflösung der Deutschland AG und dem Bedeutungsgewinn institutioneller Investoren manifestiert? Welche Auswirkungen auf wirtschaftliches Wachstum, die Innovationstätigkeit von Unternehmen und die Entwicklung von Arbeit und Beschäftigung sind von ihr zu erwarten? Diese Themen wollen wir mit der 2. SOFI-Tagung „Work in Progress“ im März 2013 ins Zentrum rücken, denn die damit aufgeworfenen Fragen sind noch nicht befriedigend beantwortet.
Die Tagung gliedert sich in die folgenden Panels:
Panel 1: Der „Finanzmarktkapitalismus“ und seine Unternehmen (Arbeits- und Innovationsbedingungen).
Wie lässt sich die aktuelle Entwicklungsphase der kapitalistischen Ökonomie und der „finanzialisierte“ Governance-Rahmen des Wirtschaftens soziologisch so auf den Begriff bringen, dass die Makro- und Mikroentwicklungen empirisch und systematisch in den Blick genommen werden können? Was genau bedeuten „Finanzialisierung“, „Finanzmarktkapitalismus“, Kapitalmarktorientierung und Kapitalmarkteinfluss auf der Unternehmens- bzw. Organisationsebene? Wie muss eine Theorie des Unternehmens aussehen, das zwar „finanzialisiert“ ist, aber nicht nur „finanzialisiert“ sein kann?
Panel 2: Unternehmen, Arbeit, Innovation I: Externe Beobachtung, Bewertung, und Einflussnahmen auf Unternehmen aus Finanzmarktperspektiven.
Wie beobachten und bewerten unterschiedliche Finanzmarktakteure die Unternehmen der „Realwirtschaft“ und in welcher Hinsicht und mit welchem Nachdruck üben sie Einfluss oder Kontrolle auf die Unternehmen aus. Wie agieren Aktienfondsmanager und Analysten im Vergleich zu Anleihefonds und Ratingagenturen? Was unterscheidet Marktbeziehungen von traditionellen Bank-Kreditbeziehungen? Insbesondere: Wie beobachten und bewerten Finanzmarktakteure Innovation und Arbeit und wie beziehen sich Unternehmen wiederum auf die entstehende Innovationsnarrative?
Panel 3: Unternehmen, Arbeit, Innovation II: Unternehmensinterne Steuerung von Innovation und Arbeit und der betriebliche Stellenwert der „Finanzialisierung“.
Was sind die organisatorischen, manageriellen, finanziellen und arbeits- und beschäftigungspolitischen Voraussetzungen für Innovation? Wie wirkt sich der Ökonomisierungsdruck auf Wissens- und Innovationsarbeit aus und welche Folgen hat dies für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen? Welche Entwicklungstendenzen und –alternativen von Produktions- und Dienstleistungsarbeit lassen sich arbeits- und industriesoziologisch innerhalb dieses veränderten Rahmens ausmachen? Frisst der Shareholder Value, wie in den späten 1990er Jahren befürchtet, die innovative Arbeit wirklich auf oder gibt es national, sektoral oder lokal unterschiedliche „Übersetzungen“ von Managementkonzepten der „wertorientierten“ Steuerung?
Als Keynote Speaker haben wir William Lazonick (University of Massachusetts Lowell) gewonnen, der zum Thema „The Innovative Enterprise and Corporate Governance“ sprechen wird.
Zum Abschluss der Tagung diskutieren Vertreter/innen aus der Praxis (Unternehmen, Banken, Investmentfonds, Betriebsräte, Gewerkschaften) auf einem Podium zum Thema „(Ver-) Führt die Kapitalmarktorientierung von Unternehmen zum Kurzfristdenken und zur Innovationsschwäche?“
Hinweise zur Teilnahme:
Die Teilnahme ist kostenlos.
Aufgrund einer begrenzten Teilnehmerzahl bitten wir um eine verbindliche Anmeldung bis zum 08.02.2013
Bitte benutzen Sie dafür beiliegendes Anmeldeformular.
Termin:
11.03.2013 ab 12:00 - 12.03.2013 16:00
Anmeldeschluss:
08.02.2013
Veranstaltungsort:
Tagungszentrum an der Sternwarte
Geismar Landstr. 11
37083 Göttingen
Niedersachsen
Deutschland
Zielgruppe:
Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Wirtschaft
Arten:
Konferenz / Symposion / (Jahres-)Tagung, Seminar / Workshop / Diskussion
Eintrag:
18.12.2012
Absender:
Namara Freitag
Abteilung:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event42039
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