Die Abteilung Kunstgeschichte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) veranstaltet am 14. November 2013 ein öffentliches Kolloquium zum Thema "Begegnungsräume – Konfliktfelder? Kunst, Gesellschaft, Öffentlichkeit". Für den Abendvortrag konnte mit Manuel Herz der Architekt der Neuen Mainzer Synagoge gewonnen werden, die in ihrem spannungsvollen Verhältnis zwischen architektonischer Extravaganz und städtebaulicher Integration das Selbstverständnis der jüdischen Gemeinschaft zum Ausdruck bringt, ein sichtbarer Teil städtischen Lebens zu sein – insbesondere mit dem dem verschlossenen Baukörper vorgelagerten Platz, der eine öffnende Geste sowie einen Ort kommunikativer Begegnungsmöglichkeiten an der Schnittstelle zwischen Gemeinde- und Stadtraum schafft.
Die weiteren Beiträge des Kolloquiums widmen sich ebenfalls dem Verhältnis von Raum, Objekt und Rezipient in Kunst und Architektur, für das seit den 1960er Jahren verschiedenste Versuche einer Neudefinition unternommen wurden.
Die bildenden Künste hinterfragen das Ideal des in sich geschlossenen (Meister-)Werks, das innerhalb eines scheinbar neutralen Raums präsentiert wird, während die Architekten ihren Anspruch auf umfassende wie voraussetzungslose Neugestaltung revidieren und die Bewohner nicht mehr auf normierte Gebäudenutzer reduzieren. Sie setzen sich verstärkt mit dem vielschichtigen historischen Bestand der Stadt und den vielfältigen Bedürfnissen und Perspektiven der Bewohner auseinander. Statt vereinzelter Baukörper schaffen sie wieder städtische Räume: klar definierte, zum Aufenthalt einladende und Interaktion ermöglichende Räume der Begegnung, wie sie sich modellhaft in den vormodernen Stadtplätzen Italiens, allen voran im Markusplatz in Venedig, ausgeprägt hatten. Doch wo Begegnungs- und Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen werden, entstehen zugleich Konfliktpotenziale: Stellt die Gestaltung des Jürgen-Ponto-Platzes vor dem Dresdner Bank-Hochhaus in Frankfurt durch den ZERO-Künstler Heinz Mack (*1931) eine gelungene künstlerische Gestaltung öffentlichen Raums dar, oder doch eine problematische Verbindung von Kunst und Kapital?
In der Kunst hinterfragen Praktiken, die eine Vielzahl von Akteuren miteinbeziehen, nicht nur die Vorstellung des Werks als ein von einem Künstler geschaffenes Objekt; sie verhandeln häufig zugleich gesellschaftliche Probleme. Das "Orgien Mysterien Theater" des Wiener Aktionskünstlers Hermann Nitsch (*1938), eine von ihm erfundene Mischung aus Konzert, Theater, Performance und Malaktion, verstört bereits durch das Spiel mit geschlachteten Tierkörpern und christlichen Symbolen. Mierle Laderman Ukeles (*1939) hingegen führt Projekte mit den Mitarbeitern der New Yorker Stadtreinigung durch und veranstaltete 1983 ein Ballett der Müllwagen und Kehrmaschinen. Im Fokus ihrer "Maintenance Art" stehen Aktivitäten, die das Leben in Gang halten – wie eben Straßenreinigung und Müllabfuhr, aber auch Haushaltstätigkeiten und Kindererziehung. Seit 1977 ist sie die erste Artist in Residence des New York City Department of Sanitation.
Diskutiert werden sollen diese und andere Positionen im Rahmen eines offenen und öffentlichen Gesprächsformats.
Die Veranstaltung wurde von und für Nachwuchswissenschaftler/innen konzipiert und richtet sich insbesondere an Studierende und Künstler/innen. Die interessierte Öffentlichkeit ist aber ebenso herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei. Anmeldung nicht erforderlich.
PROGRAMM
14:00 Uhr
Einführung: Christian Berger, Sascha Köhl
TEIL I (Moderation: Sascha Köhl)
Daniel Leis (Mainz: Der öffentliche Raum in der Kunst. Zur Darstellung des Markusplatzes
Hauke Horn (Braunschweig/Mainz): Der Jürgen-Ponto-Platz in Frankfurt am Main. Kunst trifft Kapital im kommunalen Raum
— Kaffee & Tee —
16:15 Uhr
Teil II (Moderation: Christian Berger)
Alexandra Vinzenz (Marburg/Mainz): Zwischen Seinsbejahung und Tierschutzprotest. Hermann Nitschs "Orgien Mysterien Theater"
Birgit Kulmer (Stuttgart/Berlin): "... after the revolution, who’s going to pick up the garbage on Monday morning?" Mierle Laderman Ukeles' künstlerische Praxis zwischen Fest und Arbeit
Clara Wörsdörfer (Mainz): Den Prozess in Form bringen. Strategien der Partizipation in der zeitgenössischen Kunst
Juliane von Fircks (Berlin/Mainz): Schlussstatement
— Pause —
19:00 Uhr
Abendvortrag — Einführung: Salvatore Pisani (Saarbrücken)
Manuel Herz (Basel): Die Neue Synagoge in Mainz — Licht der Diaspora
— Empfang —
Kontakt für Rückfragen:
Dr. Sascha Köhl / Dr. des. Christian Berger
Institut für Kunstgeschichte und Musikwisssenschaft - Abt. Kunstgeschichte
Tel. 06131 39-33602 / 39-37779
E-Mail: koehls@uni-mainz.de / christian.berger@uni-mainz.de
Hinweise zur Teilnahme:
Der Eintritt ist frei. Anmeldung nicht erforderlich.
Termin:
14.11.2013 14:00 - 21:00
Veranstaltungsort:
Hörsaal 02-521, Georg-Forster-Haus, Jakob-Welder-Weg 12
55128 Mainz
Rheinland-Pfalz
Deutschland
Zielgruppe:
jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Bauwesen / Architektur, Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Religion
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
08.11.2013
Absender:
Petra Giegerich
Abteilung:
Kommunikation und Presse
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event45544
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