Auf den ersten Blick scheint die Gesichtswahrnehmung sehr automatisiert und unabhängig von anderen kognitiven Prozessen zu sein. Trotz der Leichtigkeit mit der wir tagtäglich viele Informationen aus Gesichtern lesen sind die dahinter stehenden Prozesse komplex. Während die Erkennung von Objekten eher merkmalsbasiert stattfindet, ist die Gesichtswahrnehmung holistisch, d. h. Merkmalsinformation wie Augenfarbe, Hauttextur, Gesichts- und Kopfform sowie metrische Abstände zwischen den Hauptgesichtsmerkmalen (Augen, Augenbrauen, Nase, Mund) werden in der Wahrnehmung und im Arbeitsgedächtnis nicht unabhängig voneinander dargestellt.
In dem Vortrag werden neue Befunde über die lebenslangen Veränderungen der Prozesse der visuellen Wahrnehmung, und insbesondere der Gesichtserkennung, vorgestellt. Dabei stehen zwei Fragen im Fokus: 1) Sind Gesichter „spezielle“ visuelle Objekte über die gesamte Lebensspanne? 2) Unterscheiden sich die Entwicklungstrajektorien für gesichtsspezifische holistische und merkmalsbasierte Wahrnehmung? Es werden Ergebnisse mehrerer eigener Studien aus dem Mainzer Labor vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die holistische Gesichtswahrnehmung bis ins Teenage-Alter weiterentwickelt. Sie bleibt im mittleren (50- bis 60-Jährige) und in älteren (65- bis 82-Jährige) Erwachsenalter erhalten und tendenziell stärker ausgeprägt als im jungen Erwachsenalter (20- bis 30-Jährige). Ab dem mittleren Erwachsenalter scheint jedoch die Enkodierung von merkmalsbasierten Informationen und ihr räumliches Zueinander (z. B. Abstände zwischen beiden Augen – auch genannt „second-order Information“) betroffen zu sein. Diese Befunde deuten auf eine nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Veränderung in den Mechanismen der Gesichtswahrnehmung über die Lebensspanne hin. Dagegen wurden keine qualitativen, dafür aber quantitative Veränderungen der merkmalsbasierten Prozesse der Objekt-Wahrnehmung gefunden. Die Entwicklungstrajektorien für Gesichts- und Objektwahrnehmung über die Lebensspanne sind, diesen Befunden nach, eindeutig unterschiedlich – ein Befund, der mit der unterschiedlichen domänenspezifischen Verarbeitung von Gesichtern und anderen visuellen Objekten in Einklang steht.
Hinweise zur Teilnahme:
Kontakt: Institut für Psychologie der Universität Greifswald
Franz-Mehring-Straße 47, 17489 Greifswald
Tel. 03834 86-3756, psychologie@uni-greifswald.de
Termin:
06.01.2015 18:15 - 19:15
Veranstaltungsort:
Institut für Psychologie, Hörsaal 1
Franz-Mehring-Straße 48
17489 Greifswald
Mecklenburg-Vorpommern
Deutschland
Zielgruppe:
Studierende, Wissenschaftler
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Psychologie
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
15.12.2014
Absender:
Sabine Köditz
Abteilung:
Presse- und Informationsstelle
Veranstaltung ist kostenlos:
nein
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event49489
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