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28.09.2015 - 30.09.2015 | Saarbrücken

Deutsch-israelische Tagung zu den Babatha-Papyri: Wie Rom sein Recht weiterentwickelte

Profitierte Rom von guten Rechtslösungen seiner Provinzen? Welche Wechselwirkungen gab es zwischen römischem und provinzialem Recht? Mit diesen Fragen befassen sich vom 28. bis 30. September Forscher aus Israel, den USA, England, Österreich und Deutschland an der Saar-Universität, darunter die renommierte Altphilologin Professor Hannah Cotton von der Hebrew University Jerusalem. Im Mittelpunkt steht das „Babatha-Archiv“, antike Papyri, die 1961 in der judäischen Wüste gefunden wurden.

Die Rechtshistorikerin Tiziana Chiusi veranstaltet die Tagung, die von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert wird, gemeinsam mit dem Collegium Europaeum Universitatis Saraviensis (CEUS) und dem Institut für Europäisches Recht der Universität des Saarlandes.

Tagung: „Wechselwirkungen zwischen römischem Recht und provinzialen Rechten anhand der Dokumente aus der judäischen Wüste“, 28. bis 30.9., Campus, B 4.1, HS 0.2
Programm: http://chiusi.jura.uni-saarland.de/
Interessierte Zuhörer sind herzlich willkommen.

Die Jüdin Babatha lebte Anfang des zweiten Jahrhunderts nach Christus in der römischen Provinz Judäa in der Nähe der Stadt Petra im heutigen Jordanien. Sie war eine Frau aus der oberen Mittelschicht, war zweimal verwitwet, hatte einen Sohn namens Jesus aus erster Ehe. Sie starb vermutlich in einer Höhle oberhalb des Toten Meeres, wo sie – so nehmen Historiker an – um das Jahr 132 herum beim Bar-Kochba-Aufstand der Juden gegen Rom Zuflucht suchte. 1961 fand der israelische Archäologe Yigael Yadin dort ihren Lederbeutel. Sein Inhalt erwies sich als Glücksfall für Rechtshistoriker: Zu Tage kam eine Vielzahl von Papyri – die persönlichen Unterlagen der Babatha.

„Die Urkunden dokumentieren die juristischen Angelegenheiten der Babatha: Mitgifturkunden, Ehe-, Kauf-, Pacht- und Verwahrungsverträge und gerichtliche Vorgänge hinsichtlich ihres Sohnes, darunter auch Petitionen an den römischen Statthalter in Judäa“, erklärt die Saarbrücker Juraprofessorin Tiziana Chiusi. Die gebürtige Römerin ist Expertin für römisches Recht und erforscht anhand des Babatha-Archivs die Wechselwirkung zwischen römischem Recht und dem Recht von Roms Provinzen. Vom 28. bis 30. September lädt sie internationale Experten auf den Saarbrücker Campus, die sich über die neuesten Forschungsergebnisse zu den Babatha-Dokumenten austauschen.

„Das europäische Verständnis des Rechts ist römisch geprägt, unser heutiges Recht ist tief im römischen Recht verwurzelt. Aus den Erfahrungen der Antike können wir heute wichtige Lehren ziehen und Hintergründe verstehen. Das macht auch das Babatha-Archiv für uns heute so bedeutsam“, erläutert Tiziana Chiusi.

Das Römische Reich war ein Vielvölkerstaat, nach und nach hatte Rom sich den gesamten Mittelmeerraum einverleibt. Aber Rom gewährte den Provinzen weitgehende Autonomie, sofern nicht seine Interessen betroffen waren – auch beim Recht. „Die Römer exportierten ihr Recht nicht. Sie ließen den eroberten Gebieten ihr Recht und entwickelten ihr eigenes weiter“, sagt Chiusi. Es ging ihnen nicht darum, alles zu vereinheitlichen, sondern darum, von den Provinzen zu profitieren. „Das römische Recht ist das Extrakt der Rechte des gesamten Imperiums. Durch die Verwaltung der Provinzen lernten die Römer die fremden Rechte kennen. Sie absorbierten diese und passten sie an, es entstand eine Wechselwirkung. Hierdurch wurde ihr Recht erstaunlich präzise und differenziert“, erklärt die Rechtshistorikerin. Es galt, was besser passte, die beste Lösung setzte sich durch. „Die Papyri der Babatha sind vor diesem Hintergrund eine echte Fundgrube, um die Verhältnisse zwischen römischem Recht und provinzialen Rechten und allgemein die Entwicklung des Rechts in den Territorien des Imperium Romanum zu erforschen“, sagt sie.

So war Babatha etwa nicht damit einverstanden, wie die vom Gericht der Stadt Petra bestellten Vormünder das Vermögen ihres Sohnes verwalteten. Sie selbst konnte nach damals geltendem Recht nicht Vormund sein. Aus den Papyri geht hervor, dass sie sich deshalb an den römischen Statthalter wandte. „Die Lösung, die Babatha dem Statthalter vorschlug – sie übernimmt die Verwaltung des Kindesvermögens unter gleichzeitigem Versprechen, die Vormünder schadlos zu halten – findet sich ein Jahrhundert später als Modell im römischen Recht. Babatha könnte zu einer Anpassung des römischen Rechts beigetragen haben“, erläutert Chiusi. Solche und weitere Erkenntnisse aus den Papyri des Babatha-Archivs werden die Wissenschaftler im Rahmen der Tagung diskutieren.

Kontakt:
Prof. Dr. Tiziana Chiusi (Lehrstuhl für Zivilrecht, römisches Recht und Europäische Rechtsvergleichung): Tel.: 0681/302-2145; E-Mail: tiziana.chiusi@mx.uni-saarland.de
Sebastian Overkamp: Tel.: 0681/302-4242, E-Mail: s.overkamp@mx.uni-saarland.de

http://chiusi.jura.uni-saarland.de/

Hinweise zur Teilnahme:
Interessierte Zuhörer sind herzlich willkommen.

Termin:

28.09.2015 ab 09:00 - 30.09.2015

Veranstaltungsort:

Campus Saarbrücken
Gebäude B 4.1, HS 0.21
66123 Saarbrücken
Saarland
Deutschland

Zielgruppe:

Journalisten, Wissenschaftler

Relevanz:

regional

Sachgebiete:

Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Recht

Arten:

Konferenz / Symposion / (Jahres-)Tagung

Eintrag:

10.09.2015

Absender:

Claudia Ehrlich

Abteilung:

Pressestelle der Universität des Saarlandes

Veranstaltung ist kostenlos:

ja

Textsprache:

Deutsch

URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event51883


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