Bereits in der antiken Geschichtsschreibung standen Mythen in einem Spannungsverhältnis mit dem Versuch der rationalen Durchdringung von Vergangenheit. Mit der Entstehung von Geschichte als Wissenschaft sind „Glaubensfragen“, verstanden als unbegründete Spekulationen, aus der Historiographie ausgeschlossen worden. Gegen das bloße Fürwahrhalten eigener Wahrnehmungen und Überzeugungen, die Tradierung ungeprüfter Legenden richtete sich das disziplinenspezifische Regelwerk der Historik, welche aufgrund empirischer Erforschung der Vergangenheit und logischem Schlussfolgern nicht zu Glauben, sondern zu Wissen gelangte. Die Zurückweisung von empirisch nicht zu erhärtenden Annahmen über die Vergangenheit und von „Kathederprophetie“ – so Max Webers Begriff in „Wissenschaft als Beruf“ – gehört seitdem zum Kernbestand des professionellen Selbstverständnisses der Geschichtswissenschaft.
Doch sind die Grenzen zwischen Glaubens- und Wissensfragen flüssig geworden. Davon zeugt zum Beispiel der eingeführte Begriff des „religiösen Wissens“, dessen zentrales Kriterium nicht die Überprüfbarkeit eines (geoffenbarten) Wissens ist, sondern die Vernetzung von Wissensbeständen und deren Akzeptanz innerhalb einer bestimmten Gruppe. Für eine kritische Reflexion der eigenen Fachgeschichte noch aufschlussreicher ist die Tatsache, dass viele Theorien, mit denen historische Prozesse analysiert werden, durchaus empirisch nicht zu falsifizierende Elemente, also „Glaubensfragen“, enthalten. Dafür gibt es kaum ein besseres Beispiel als die Säkularisierungstheorie, die, ebenso wie die ihr entgegengesetzte Theorie der Persistenz von Religion im Zeichen „religiöser Pluralisierung“, in der Fachdiskussion seit dem 19. Jahrhundert oft ein weitgehend empirieresistentes Narrativ mit prognostischen Annahmen darstellt.
Mit dem Historikertags-Motto „Glaubensfragen“ ist nicht nur das Verhältnis von Glauben und Wissen angesprochen, sondern selbstverständlich auch Religion als Gegenstand der historischen Forschung. Einen speziellen Ertrag verspricht der 51. Deutsche Historikertag, der vom 20. bis 23. September 2016 an der Universität Hamburg stattfindet, als epochenübergreifende Veranstaltung in der Zusammenschau von antiker, mittelalterlicher und neuzeitlicher Religionsgeschichte.
Der 51. Deutsche Historikertag hat mit Indien erstmals ein Partnerland außerhalb Europas und Nordamerikas. Damit verstärkt der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands die Verbindungen zu der großen und produktiven geschichtswissenschaftlichen Community Indiens. Er trägt auch der Tatsache Rechnung, dass die Geschichtswissenschaft in Deutschland in den vergangenen Jahren zunehmend Aufmerksamkeit für die Verflechtungen der europäischen Geschichte mit der anderer Weltregionen entwickelt hat. Gerade im Hinblick auf die Wahl von Indien als Partnerland des Historikertags lädt der Hamburger Historikertag auch zu Fragen ein, welche transnationale und globalgeschichtliche Perspektiven einnehmen.
Hinweise zur Teilnahme:
Eine Anmeldung zum Kongress ist online über die Webseite des Historikertages möglich: http://www.historikertag.de/Hamburg2016/anmeldungtagungsort/anmeldung/
An den Kongresstagen ist nur der Erwerb von Tageskarten mittels Barzahlung möglich.
Termin:
20.09.2016 - 23.09.2016
Veranstaltungsort:
Universität Hamburg
20148 Hamburg
Hamburg
Deutschland
Zielgruppe:
Journalisten, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
international
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik, Religion
Arten:
Konferenz / Symposion / (Jahres-)Tagung, Pressetermine, Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
15.09.2016
Absender:
Dr. Kristina Matron
Abteilung:
Pressestelle
Veranstaltung ist kostenlos:
nein
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event55363
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