Das mittlerweile 9. interdisziplinäre Kolloquium der Mediävistiken in Bamberg, Bayreuth, Gießen, Chemnitz, Karlsruhe und Braunschweig, das vom 9. bis 10.12.2016 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) stattfindet, widmet sich dieses Jahr mit der Trias „Fälschung(en), Falschheit, Fehler“ einem für die mediävistische Forschung ebenso spannenden wie aktuellen Problemfeld (vgl. etwa den diesjährigen Mediävistenkongress in Köln zum Thema „Irrtum“ ). Schon ein flüchtiger Blick ins mittelhochdeutsche Wörterbuch lässt die Vielfalt an Fragen und Themen erahnen, die mit dem umrissenen Begriffsfeld verknüpft werden können. Demnach reicht die Semantik des mhd. Wortes valsch – eine Lehnbildung zum afrz. fals (nfrz. faux), das sich seinerseits aus dem lat. falsus („falsch, irrig, unwahr“) ableitet – von „treulos, unredlich, unehrenhaft“ über „unecht, nachgemacht“ bis hin zu „unrichtig, irrig, trügerisch“.
Berührt sind damit sowohl die Ebene der Akteure als auch diejenige der Artefakte: Als „falsch“ im o.g. mehrdeutigen Sinne des Wortes können der Charakter einer Person (bzw. einer literarischen Figur), das Handeln, Glauben und Wissen von Individuen und Kollektiven ebenso bezeichnet werden wie die in solches Handeln, Glauben und Wissen eingebundenen bzw. aus ihm hervorgehenden Gegenstände. „Falsch“ ist, auch das zeigt die semantische Erläuterung, all dies freilich nur vor dem Hintergrund eines entsprechenden normativen Bezugsrahmens, in dem das Gegenteil des jeweils als „falsch“ Deklarierten – etwa das „Richtige“, „Wahre“, „Echte“, „Redliche“ – als gültiger Maßstab explizit oder implizit vorausgesetzt wird. Fehlt ein solcher Bezugsrahmen, verliert er aufgrund historischen Wandels seine Geltung oder wird er durch einen anderen Bezugsrahmen ersetzt, dann stellt sich auch die Frage danach, was „falsch“, „gefälscht“ oder „fehlerhaft“ genannt werden kann, nicht bzw. neu und anders.
Angesichts dieser Abhängigkeit des „Falschen“ (im o.g. Sinne) vom „Wahren“, „Echten“ oder „Richtigen“ lässt sich das Spektrum der titelgebenden Begriffe sinnvoll zwischen den Polen der Intentionalität und der Nicht-Intentionalität auffächern: Während eine „Fälschung“ meist als Ergebnis eines intentionalen Aktes (bzw. als dieser Akt selbst) begriffen wird, mithin als etwas, das Akteure im Bewusstsein seiner „Falschheit“ ausführen oder erschaffen, können „Fehler“ zweifellos – und dies vermutlich sogar in der Mehrzahl der Fälle – auch nicht-intentional zustande kommen, d.h. ohne, dass die betreffenden Akteure sich der „Fehler“ als solcher bewusst sind bzw. sie überhaupt für „Fehler“ halten (können). Geht man von dieser Unterscheidung aus, so ist mit Blick auf die mittelalterliche Kultur (und ihre wissenschaftliche Erforschung!) eine Vielzahl an Phänomenen denkbar, die in der einen oder anderen Weise mit dem Problem des „Falschen“ zusammenhängen:
• Verstellung und Betrug
• Fälschungen i.e.S.
• gezielte Geschichtsfälschungen
• Denk-, Wissens- und Glaubens-'Fehler'
• narrative 'Fehler'
• 'Handlungsfehler'
• 'Fehler' der Textüberlieferung/Editorisches
• 'falsche' Mittelalterbilder in unterschiedlichen Rezeptionskulturen
• 'falsche' Forschungspositionen.
Das Kolloquium wird sich mit diesen und vergleichbaren Phänomenen intensiv auseinandersetzen und bietet darüber hinaus ein (kleines) thematisch freies Panel, in dem Forschungsprojekte sowie Abschluss- und Qualifikationsarbeiten themenunabhängig vorgestellt werden.
Hinweise zur Teilnahme:
Bei Interesse wenden Sie sich bitte an Frank Jasper Noll (frank.noll@kit.edu).
Termin:
09.12.2016 ab 09:00 - 10.12.2016 19:00
Anmeldeschluss:
05.12.2016
Veranstaltungsort:
Badische Landesbibliothek,
Erbprinzenstr. 15
76133 Karlsruhe
Baden-Württemberg
Deutschland
Zielgruppe:
Studierende, Wissenschaftler
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Sprache / Literatur
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
17.11.2016
Absender:
Inge Arnold
Abteilung:
Presse, Kommunikation und Marketing
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event56076
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