Die Debatten zur Gegenwartsliteratur haben in den letzten Jahren etwas Grundsätzliches bekommen. In den Verwerfungen der David Forster Wallace-Rezeption, zuletzt hierzulande in einem Artikel von Christiane Frohmann, der „Murakami-Girls“ gegen „DFW-Boys“ ausspielt, aber auch im Streit um Takis Würgers Stella, der alle literarischen Instanzen bis hin zu den BuchhändlerInnen umfasste, oder in der Rezeption von Ann Cottens’ Lyophilia – überall begegnet eine grundlegende Unklarheit darüber, auf welches Publikum Literatur eigentlich zielt bzw. zielen soll und welches sie tatsächlich erreicht – und damit verbunden eine Unklarheit über die literaturästhetischen und -ethischen Maßstäbe. Auf der einen Seite steht die verständliche Klage über einen Verlust basaler literarischer Qualitäten und eine generelle Kultur des Midcult (U. Eco), auf der anderen die ebenso bedenkenswerte Kritik an elitären Ausschlussgesten – der Literatur selbst, aber auch der akademischen und kritischen Instanzen. Die unterstellten wie die tatsächlichen Stilgemeinschaften (J. Venus), die der Buchmarkt bedient, scheinen sich in den Bereichen von Habitus, Gender, Bildung, aber auch von im engeren Sinne ästhetischen Erwartungen und Maßstäben derart ausdifferenziert zu haben, dass die alten Wertungs- und Gatekeeperinstanzen (Literaturkritik im Feuilleton, Universität) an Bedeutung verlieren. An ihre Stelle treten zunehmend Lese-Communities, die ihre Informationen und Wertungen vor allem im Netz austauschen.
Der Workshop fragt nach den impliziten und den realen Leserinnen und Lektüregemeinschaften unserer Gegenwartsliteratur, nach den unterstellten und tatsächlichen Wertungskategorien und Habitus im Lesepublikum, aber auch in der Literaturkritik und bei den Jurys, bei Verlagen und Buchhandel sowie nicht zuletzt bei den Autorinnen und in den Texten (und Paratexten) selbst. Sie stellt damit auch die Frage nach der Einheit dieser Literatur (oder gibt es nur noch Sparten?), nach ihrem Sitz in einer Lebenspraxis, die durch vielfältigen Mediengebrauch charakterisiert ist, sowie nach der Vielfalt und Reichweite unserer ästhetischen Kategorien und damit nach dem Gültigkeitsanspruch unserer Geschmacksurteile.
ORGANISATION
Moritz Baßler, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU)
Hanna Engelmeier, Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)
Andrea Geier, Universität Trier
Hinweise zur Teilnahme:
EINE TEILNAHME IST NUR VIA ZOOM UND NACH ANMELDUNG MÖGLICH.
Teilnahme via Zoom nach Anmeldung bis zum 20.9.2020 unter maria.klauwer@kwi-nrw.de
Termin:
29.09.2020 - 30.09.2020
Anmeldeschluss:
20.09.2020
Veranstaltungsort:
Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI), Gartensaal, Goethestraße 31
45128 Essen
Nordrhein-Westfalen
Deutschland
Zielgruppe:
Wissenschaftler
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Kulturwissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur
Arten:
Seminar / Workshop / Diskussion
Eintrag:
03.08.2020
Absender:
Miriam Wienhold
Abteilung:
Pressestelle
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event66641
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