Von den neun Göttinnen der Dichtung, der Musik und des Gesanges ist Thalia, die heitere Muse der Hirtendichtung und der Komödie, die von Sidonius bevorzugte und wird öfter angerufen als ihre Schwestern. Wenn die Musen bei Sidonius schweigen, bedeutet dies weder ein permanentes Schweigen der gesamten Dichtung in der Epoche der Spätantike, noch ein lang andauerndes Schweigen des Dichters. Methoden der Psychologie und des “inward turn” werden angewandt, um zu zeigen, dass Sidonius, im Diskurs mit den wechselnden Stimmen der Musen, eine Serie von Selbstportraits schuf – als Bittsteller vor Kaiser Majorian, als Gastgeber der Burgunder und als Trauernder über den Mord an Lam-
pridius –, um seine Vision von einer sich auflösenden römischen Welt zu erklären. Es ist paradoxerweise das “Schweigen der Muse”, die Stilfigur für die Sprachlosigkeit des Dichters, die das Spektrum der Emotionen der poetischen persona am deutlichsten enthüllt. Indem er die Allegorie der schweigenden Muse und die literarische Technik der Anspielung verwendet, evoziert Sidonius eine vielschichtige Bilderwelt, die ihn dazu befähigt, seine Traumata zu überwinden und seine Leser in Zuschauer zu verwandeln, die bereit sind, sich mit den Krisen ihrer Zeit auseinanderzusetzen.
Sigrid Mratschek ist Professorin für Alte Geschichte an der Universität Rostock, im Vorstand der internationalen patristischen Vereinigung (Oxford/Paris) und Consulting Editor des amerikanischen Journal of Late Antiquity. Sie wurde in Heidelberg in Alter Geschichte und Klassischer Philologie promoviert und an der Goethe-Universität Frankfurt habilitiert. Ihre Dissertation über Die Reichen und Mächtigen (Divites et praepotentes) unter dem Prinzipat wurde mit dem Bruno Heck-Wissenschaftspreis ausgezeichnet, ihre Habilitationsschrift über Kommunikation und soziale Kontakte zwischen christlichen Intellektuellen im Briefwechsel des Paulinus von Nola von der DFG gefördert. Der aktuelle Fokus ihrer Forschung liegt auf den Wissenskulturen und der Geschichte der Bildungseliten im römischen Kaiserreich und in der Spätantike. Ihr Forschungsprojekt „Sidonius Apollinaris: Creating Identity from the Past“ umfasste ein Visiting Fellowship in dem prominenten All Souls College in Oxford und vielfältige Publikationen über Epistolographie, darunter die Briefsammlungen des Sidonius, Augustinus, Paulinus von Nola und Plinius des Jüngeren.
Moderation: Dr. Susanne Froehlich
Zugang zur Digital Lecture
Das Alfried Krupp Wissenschaftskolleg bietet diese Veranstaltung live als digitalen Vortrag an. Der Zugang zu den Vorträgen wird über die Software Zoom bereitgestellt. 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn leitet der Link zu einem Wartebereich von Zoom weiter. Zum angekündigten Veranstaltungsbeginn werden dann die Teilnehmenden automatisch in den digitalen Hörsaal weiter geleitet. Die Handreichung zur Digital Lecture gibt Hilfestellungen im Umgang mit der App Zoom.
Aufzeichnung der Digital Lecture
Diese Digital Lecture wird aufgezeichnet werden, um sie für die Mediathek des Kollegs zu nutzen. In der Aufzeichnung wird nur der Vortragende, dessen Präsentation sowie der Moderator/die Moderatorin zu hören bzw. zu sehen sein. Chatbeiträge sowie Fragen und Antworten werden nicht aufgezeichnet. Ein „REC“-Zeichen am rechten oberen Bildrand informiert die Teilnehmenden über die aktuelle Aufzeichnung.
Hinweise zur Teilnahme:
Termin:
17.03.2021 18:00 - 19:30
Veranstaltungsort:
Stiftung Alfried Krupp Kolleg Greifswald
Martin-Luther-Straße 14
17489 Greifswald
Mecklenburg-Vorpommern
Deutschland
Zielgruppe:
jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Geschichte / Archäologie
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
04.02.2021
Absender:
Susanne Kuhn
Abteilung:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event67887
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