Übersetzungen wie Übersetzungstheorien unterstellen üblicherweise, dass aus einer in sich selbst geschlossenen Sprache in eine ebensolche übersetzt werde; das wird mit dem Gemeinplatz des Turmbaus zu Babel belegt, dessen Fall die Vielheit der Sprachen als Strafe modelliert, und diese nur als die voneinander geschiedener in sich homogener Sprachen denkt. Der Hermeneutiker Friedrich Schleiermacher forcierte dies mit der Muttersprachigkeit, auf die er alles originäre Dichten verpflichtet, wobei er zugleich die Polyglottie in Metaphoriken abtut, die diese verdächtig machen oder als Unnatur ausschließen. Dem entgegen nehme ich auf verschiedene Weise die Anderssprachigkeit des Sprechens/ Schreibens in den Blick. Der Vortrag fokussiert (u. a.) die mit Wörtern wie Kauderwelsch und Mauscheln – im Dienste (der Konstrukte) von Mutter- oder (väterlicher) Nationalsprache – erfolgenden Diskriminierungen, Verwerfungen des Sprechens der anderen, von fahrenden, kleinen Händlern als wirres-verwirrendes, als betrügerisch-wechselndes. Und zwar um diese gegenzulesen; u. a. mit Kafkas pointierten auch witzigen Umschriften. Kafkas Texte, wie die Celans, Derridas, Cixous‘, Tawadas verweisen (modellhaft für andere) auf eine Anderssprachigkeit, die nicht beschränkt ist auf die Vielen, die eine Sprache sprechen oder schreiben, die nicht die eigene ist: Minderheiten, Migranten, kleine Sprachen, Sprachen im Werden. Sie gehört vielmehr der Sprache als solcher an, macht insbesondere das literarische und übersetzende Schreiben aus. Sie wird offensiv in Schreibstrategien gewendet. Und mit ihr werden Verrechnungen auf Zugehörigkeit drangegeben.
Bettine Menke ist Professorin der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der Universität Erfurt. Ihre wissenschaftlichen Interessen gelten Literatur und Theater, aus den Perspektiven von Dekonstruktion, Rhetorik, gender und Politik, insbesondere den Medien, den Kulturtechniken, Operationen und Formen der Texte, Schriftlichkeit und Stimme, der Medialität des Theaters; zuletzt lag ein besonderer Fokus auf Flucht und Szene, und dem Witz (18.-20. Jahrhundert), Übersetzung und Anderssprachigkeit. Im akademischen Jahr 2021 ist Bettine Menke Senior Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald.
Moderation: Professor Dr. Eckhard Schumacher
Hinweise zur Teilnahme:
Termin:
05.07.2021 18:00 - 19:30
Veranstaltungsort:
Stiftung Alfried Krupp Kolleg Greifswald
Martin-Luther-Straße 14
17489 Greifswald
Mecklenburg-Vorpommern
Deutschland
Zielgruppe:
jedermann
E-Mail-Adresse:
Relevanz:
überregional
Sachgebiete:
Sprache / Literatur
Arten:
Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
25.05.2021
Absender:
Priscilla Primpke
Abteilung:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event68847
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).