Unter „Falsos Positivos“ (falsch-positive Meldungen) wurden in Kolumbien Fälle bekannt, bei denen Soldaten während des bewaffneten Konflikts wahllos Zivilpersonen töteten und die Leichen als im Kampf gefallene Guerilla-Kämpfer*innen präsentierten, um Erfolgsprämien wie zum Beispiel Beförderungen oder Sonderurlaub zu erhalten. Der Ausdruck „Falsos Positivos“ stammt aus dem Bereich der Statistik, wo er sich auf falsch positive Ergebnisse in diagnostischen Tests bezieht. Im kolumbianischen Kontext wurde der Begriff jedoch umfunktioniert, um eine tragische und inakzeptable Praxis von Menschenrechtsverletzungen zu beschreiben.
Mit dem 2016 geschlossenen Friedensabkommen zwischen dem kolumbianischen Staat und der bis dato größten Guerrilla-Organisation Kolumbiens, den Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo (FARC-EP), wurde eine Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) etabliert, die den Fall der „falschen Positive“ als "Fall 03: Hinrichtungen und gewaltsames Verschwindenlassen von Personen, die von staatlichen Agenten rechtswidrig als Kampfopfer dargestellt wurden" verhandelt. Die erste Phase der Untersuchung kam 2021 zu dem Ergebnis, dass zwischen 2002 und 2008 insgesamt mindestens 6.402 Menschen unrechtmäßig getötet und fälschlich als militärische Opfer des Krieges dargestellt wurden.
Die am Prozess beteiligten Opferorganisationen gehen allerdings davon aus, dass die Zahl der Fälle höher liegen könnte. Dies ist eine der Fragen, die wir mit unseren Gästen diskutieren möchten. Bis heute haben 22 Angehörige der Sicherheitskräfte und ein Zivilist in zwei öffentlichen Anhörungen vor der JEP die Verantwortung für die Morde und das gewaltsame Verschwindenlassen von Personen, die von staatlichen Stellen als Kampfopfer dargestellt wurden, eingeräumt. Sie sprachen jedoch nicht über die Verantwortung ihrer Vorgesetzten oder von hochrangigen politischen Persönlichkeiten.
Mütter, Ehefrauen und Verwandte der Opfer dieser außergerichtlichen Hinrichtungen schlossen sich zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen und vom kolumbianischen Staat Aufklärung über die Geschehnisse zu verlangen. Ursprünglich hieß diese Bewegung „Madres de Soacha" und wurde 2010 in „Mafapo - Madres de los Falsos Positivos" (Mütter der Falsch-Positiven Meldungen) umbenannt. Diese Personen kämpfen bis heute entschlossen gegen das Vergessen und fordern Gerechtigkeit. Einen Teil dieses Kampfes bilden internationale Kampagnen, um auch jenseits Kolumbiens Aufmerksamkeit zu wecken und diese Staatsverbrechen sichtbar zu machen.
Die Veranstaltung von Red Colombia Rhein-Main bezweckt, den Fall der „falsos positivos“ und seine Aufarbeitung in Kolumbien in Deutschland bekannt zu machen, die Erfahrungen, Sichtweisen und Aktivitäten der MAFAPO zu diskutieren und Handlungsoptionen zu identifizieren. Kooperationspartner sind das Entwicklungspolitische Netzwerk Hessen (EPN), die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG-VK), Peace Brigades International Deutschland, das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V., Misereor, MAFAPO Internacional, Yanacona und das Peace Research Institute Frankfurt (PRIF).
Zu Gast:
Jacqueline Castillo Peña
Rubiela Giraldo (MAFAPO „Mütter der Falschpositiven“ Mitglieder)
Moderation:Jonas Wolff
Die Veranstaltung wird gefördert von dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen sowie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Hinweise zur Teilnahme:
Termin:
16.10.2023 ab 19:00
Veranstaltungsort:
Saalbau Südbahnhof, Hedderichstraße 51
60594 Frankfurt
Hessen
Deutschland
Zielgruppe:
jedermann
Relevanz:
regional
Sachgebiete:
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Pädagogik / Bildung, Politik
Arten:
Seminar / Workshop / Diskussion, Vortrag / Kolloquium / Vorlesung
Eintrag:
02.10.2023
Absender:
Karin Hammer
Abteilung:
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Veranstaltung ist kostenlos:
ja
Textsprache:
Deutsch
URL dieser Veranstaltung: http://idw-online.de/de/event75284
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