Unsere Ökosysteme sind durch eine Vielzahl von Wechselbeziehungen zwischen den verschiedensten Organismen gekennzeichnet. Dabei gibt es nicht nur direkte Interaktionen, beispielsweise zwischen Pflanzen und deren Frassfeinden, sondern auch indirekte Interaktionen, die sozusagen über Umwege, beispielsweise durch Mikroorganismen oder natürliche Gegenspieler, vermittelt werden. Die Entdeckung solcher indirekten komplexen Interaktionen hat zu einer intensiven Forschungstätigkeit geführt, die diesen unauffälligen, dabei aber für das Verständnis der Ökosysteme wichtigen Wechselwirkungen nachspürt.
Forscher aus dem In- und Ausland treffen sich zu diesem Thema am 31. März und 1. April 2000 an der Göttinger Georg-August-Universität. In der von Prof. Dr. Stefan Vidal (Institut für Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz) und Prof. Dr. Teja Tscharntke (Fachgebiet Agrarökologie) organisierten Tagung werden aktuelle Forschungsprojekte vorgestellt und Ergebnisse diskutiert
Ein wichtiger Forschungsbereich ist die chemische Ökologie, welche die Wirkung der von Pflanzen ausgesandten "SOS"-Duftstoffe auf das Verhalten von natürlichen Gegenspieler hin untersucht. Pflanzen sind nämlich nicht nur Opfer und werden gefressen, sondern verfügen über ein beeindruckendes Arsenal an Möglichkeiten, andere Organismen um Hilfe zu bitten. Da unsere Kulturpflanzen nicht nur durch Insekten gefressen werden, sondern zum gleichen Zeitpunkt auch von Pflanzenpathogenen befallen sein können, wird in einigen Referaten der Frage nachgegangen, welchen Einfluss diese Pathogene auf die Entwicklung der Insekten oder das Verhalten ihrer Gegenspieler haben. Kartoffelkäfer lieben es beispielsweise, wenn ihre Wirtspflanzen durch Pilze befallen sind - warum?
Ein in jüngster Zeit sehr kontrovers diskutierter Bereich umfasst den Einsatz transgener Pflanzen in der Landwirtschaft. In einem Referat wird die Frage gestellt, ob das veränderte Genexpressionsmuster der Kulturpflanzen die Wechselwirkungen zwischen Kulturpflanzen, Fraßfeinden und Gegenspielern beeinflusst.
Ein weiterer, top-aktueller Forschungsgegenstand, der auf der Tagung diskutiert wird, beschäftigt sich mit der Frage, in welcher Weise sich die Landschaftsstruktur auf die Agrarökosysteme auswirkt. Sind Untersuchungen auf einzelnen Feldern geeignet, komplexe Vorgänge in einem größerem Zusammenahng widerzuspiegeln?
Ziel dieser Tagung ist es, durch die Zusammenführung von Arbeitsgruppen, die an sehr unterschiedlichen Problemstellungen arbeiten, den Gedankenaustausch und die Zusammenarbeit
anzuregen und zu fördern. Auf der Tagung wird daher ein breites Spektrum horizontaler und vertikaler, direkter und indirekter Interaktionen zwischen Organismen vorgestellt und diskutiert.
Veranstalter:
Prof. Dr. Stefan Vidal (Institut für Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz)
Tel. : 0551/39-3700
Fax.: 0551/39-4187
Prof. Dr. Teja Tscharntke (Fachgebiet Agrarökologie)
Tel.: 0551/39-9205
Fax.: 0551/39-8806
ttschar@uni-goettingen.de
Ort: Hörsaal I; Ehem. Erziehungswissenschaftliche Fakultät; Waldweg 26
Beginn: Freitag 31.3.00 - 13:00
Ende: Samstag 1.4.00 - 14:00
Teilnehmer: 80 Personen
Programm: siehe unten
Programm "Multitrophische Interaktionen"
Göttingen Freitag 31.März. - Samstag 1. April 2000
Freitag
13:00 Begrüssung
13:15 S. Scheu / Darmstadt
Pflanzen und generalistische Praedatoren als Vermittler zwischen dem Zersetzer- und dem Phytophagensystem
13:55 H. Pfanz; W. Zelgert / Essen
Sind Landschnecken Gourmets? Der Einfluß unterschiedlicher Luftschadstoffe auf das Fraßverhalten von Cepaea-Arten
14:20 F. Wäckers / Zuerich
Mechanismen über welche Pflanzen die indirekte Verteidigung mittels extraflorale Nektarien optimieren
14:45 Pause
15:15 A. Hilbeck / Zürich
Der Einfluss von gentechnisch veränderten Pflanzen auf die Interaktionen zwischen Herbivoren und Prädatoren
15:55 K. Focke; S. Vidal / Göttingen
Pflanzenpathogene beeinflussen das Herbivoren/Parasitoid-System Trialeurodes vaporariorum/ Encarsia formosa
16:20 D. Schenk; J. Friedli; S. Bacher / Bern
Mutualistische Interaktionen zwischen einem Rostpilz und einem
Ruesselkaefer an der Ackerkratzdistel
16:45 Pause
17:15 J. Ruther / Berlin
Die Rolle wirtsassoziierter Milben bei der olfaktorischen Wirts- und Partnerfindung des Kornkäferparasitoiden Lariophagus distinguendus
17:40 M. Rostás; M. Hilker / Berlin
Reziproke Interaktionen zwischen dem phytopathogenen Pilz Alternaria brassicae und Phaedon cochleariae (Chrysomelidae) an Chinakohl
18:05 G. Mölck; U. Wyss / Kiel
Pflanzenspezifische Orientierung des Parasitoiden Aphelinus abdominalis nach blattlausinduzierten Pflanzenduftstoffen
18:30 Poster Session
JL. Boevé / Brüssel
Ein neues EU-Projekt zur Chemischen Ökologie von Insekten
S. Dorn / Zuerich
Utilisation of interactions between plants and insects: A concept for
a more sustainable agriculture in LDC's.
G. Petersen / Kiel
Kommunikative Wechselwirkungen zwischen Hyperparasitoiden,
Primärparasitoiden und Blattläusen
D. Schenk; J. Friedli; S. Bacher / Bern
Aufenthaltsort herbivorer Insekten auf ihrer Wirtspflanze: Trade-off zwischen Nahrungsqualitaet und Mortalitaetsrisiken?
K. Schöps / Kiel
Wirtspflanzenwahl des Wegerichscheckenfalters, Melitaea cinxia, - Sind Lande-frequenz und Eiablagepräferenz korreliert?
M. Simon; M. Hilker / Berlin
Reziproke Interaktionen zwischen phytopathogenem Rostpilz und herbivorem Weidenblattkäfer an Weide
19:30 Social event
Samstag
9:00 S. Eber; R. Brandl / London & Leipzig
Populationsdynamik eines Pflanzen-Herbivoren-Parasitoid Systems - Effekte von Habitatstruktur und Fragmentierung
9:40 C. Thies; T. Tscharntke/ Göttingen
Landschaftsstruktur und Herbivor-Parasitoid-Dynamik in Agrarökosystemen
10:05 I. Schmale; F. Wäckers; C. Cardona; S. Dorn / Zürich
Nutzung der Wechselwirkungen zwischen Pflanzenresistenz, Herbivoren und Parasitoiden für den integrierten Vorratsschutz mit Parasitoiden
10:30 Pause
11:00 S. Schütz / Giessen
Kartoffelkäfer lieben es verpilzt! Wechselwirkungen zwischen Kartoffelkäfern und Phytophthora infestans über ihre gemeinsame Wirtspflanze Kartoffel
11:40 S. Dobler / Freiburg
Mehrfache Übergänge zur Sequestration von Pflanzensekundärstoffen bei Longitarsus Flohkäfern - was wir daraus über notwendige Präadaptationen lernen können
12:05 M. Hilker; C. Dippel; C. Kobs / Berlin
Insect egg deposition induces Pinus to "call" for egg parasitoids
12:30 Pause
13:00 S. Thießen; T. Tscharntke; W. Boland / Göttingen / Jena
Response of black alder trees to the damage made by insects and to treatment with chemicals
13:25 J. Steidle / Berlin
Verwirrende Vielfalt oder immer das Gleiche? Wie ein generalistischer Parasitoid seine verschiedenen Wirtskomplexe erkennt
14:00 Ende
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Informationstechnik, Tier / Land / Forst
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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