In einem gemeinsamen Stiftungssymposium anlässlich des Wissenschaftsforums Chemie 2009 in Frankfurt stellen die Klaus-Grohe-, die Hellmut-Bredereck- und die Dr. Hermann-Schnell-Stiftung am 31. August herausragende Arbeiten junger Wissenschaftler vor. Je nach Stiftung erhalten die Wissenschaftler Geldpreise in unterschiedlicher Höhe und eine Urkunde. Die Auszeichnungen gelten als wichtige Sprossen auf der Karriereleiter.
Drei Wissenschaftler werden in Frankfurt mit dem Klaus-Grohe-Preis für Medizinische Chemie ausgezeichnet, der mit je 2.000 Euro dotiert ist: Dr. Andreas Koeberle, Universität Tübingen, Dipl.-Chem. Stefan Wetzel, Technische Universität Dortmund, und Dr. Georg Wuitschik, Cambridge University.
Koeberle, 1981 in Sigmaringen geboren, studierte Biochemie in Tübingen, promovierte dort in diesem Jahr in Pharmazeutischer Chemie und ist derzeit Postdoc in Tokyo. Seine Arbeiten zur Entwicklung neuer nebenwirkungsarmer Medikamente zur Therapie von Schmerzen aller Art und entzündlichen Erkrankungen sowie gegen Fieber stoßen auf großes Interesse in der industriellen Pharmaforschung, weil erst vor kurzem wichtige Erkenntnisse zum biochemischen Ablauf solcher körperlichen Fehlverhalten gewonnen wurden. Die mikrosomale Prostaglandin E2 Synthase spielt dabei eine Schlüsselrolle. Für dieses Enzym konnte Koeberle Hemmstoffe entwickeln, deren therapeutisches Potenzial er sofort erkannte. Er etablierte geeignete neue Testsysteme für die detaillierte Wirkstoffanalyse und konnte damit die Wirkungsweise bekannter synthetischer und pflanzlicher entzündungshemmender Substanzen klären. Die neu entdeckten Wirkstoffe von Koeberle könnten Meilensteine bei der Entwicklung neuer entzündungshemmender Arzneistoffe setzen.
Wetzel studierte Diplom-Chemie von 1998 bis 2004 an den Universitäten Regensburg und Heidelberg. Am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie und an der Technischen Universität Dortmund fertigte er seine Doktorarbeit an der Schnittstelle zwischen Chemie, Biologie und Informatik an. Die dabei entwickelten neuen computergestützten Methoden und Lösungsansätze, u.a. zur Vorhersage von Wechselwirkungen von Wirkstoffen in ihrer biologischen Umgebung, unterstützen die medizinisch-chemische Forschung auch in der pharmazeutischen Industrie durch effizientere Analyse hochkomplexer Daten. Zusammen mit der Informatik der TU Dortmund und zwölf fortgeschrittene Informatik-Studenten entwickelte er dazu das Programm "Scaffold Hunter" (Strukturjäger), mit dem derzeit vor allem neuartige Hemmstoffe für Enzyme wie die Pyruvatkinase, die Monoaminoxidase oder die Lysin spezifische Dimethylase, alles Zielsubstanzen pharmazeutischer Forschung beispielsweise zur Behandlung von Malaria, Alzheimer und Krebs, ausfindig gemacht werden sollen. Seit Juli 2008 ist Wetzel Presidential Postdoc bei Novartis in Basel.
Wuitschik, 1980 in Bad Tölz geboren, studierte an der Technischen Universität München Chemie, fertigte seine Diplomarbeit dort und an der Stanford University, sowie seine Doktorarbeit an der ETH Zürich in enger Zusammenarbeit mit der F. Hoffmann-La Roche AG an. Seit November 2008 ist er Postdoc in Cambridge. Wuitschik erhält den Klaus-Grohe-Preis für seine Arbeiten über Oxetane in der Arzneimittelforschung. Die Idee, dass der strukturelle Einbau eines Oxetans die Eigenschaften einer Leitstruktur positiv beeinflussen könnte, wurde in der medizinischen Chemie zunächst zurückhaltend aufgenommen. Heute sind Oxetan-Bausteine bereits kommerziell erhältlich und in vielen Wirkstoffoptimierungen ein Muss. Wuitschik hat neue Synthesewege für den effizienten Einbau eines Oxetans in ein Zielmolekül erarbeitet. Die Synthese und Analyse einer Reihe prototypischer Verbindungen mit und ohne Oxetan lieferte umfangreiche Resultate über die durch den Oxetan-Einbau bewirkten durchweg positiven Eigenschaftsveränderungen. Das führte zu einem Paradigmenwechsel in der medizinischen Chemie.
Der mit 4.000 Euro dotierte Preis der Hellmut-Bredereck-Stiftung geht für vorbildliche Leistungen auf dem Gebiet der bioorganischen Chemie an Professor Dr. Jörg S. Hartig (34) von der Universität Konstanz. Hartig studierte Chemie bis zur Promotion an der Universität Bonn. Nach einem zweijährigen Postdoktorat an der Stanford University erhielt er im September 2005 die Lichtenberg-Professur, ein Programm der Volkswagen-Stiftung zur Finanzierung von Nachwuchsgruppen, an der Universität Konstanz. Hartig beschäftigt sich mit der chemischen und synthetischen Biologie der Nucleinsäuren, die nicht nur als Träger der Gene fungieren. Insbesondere gelten seine neuen Konzepte der Regulation funktionaler Nucleinsäuren - die beispielsweise biochemische Reaktionen ähnlich wie Enzyme katalysieren oder sich ähnlich wie Antikörper verhalten - als innovativ und originell. Ihm gelingt es, unterschiedliche funktionelle Eigenschaften der Nucleinsäuren in einem neuen Molekül zu vereinen. Dieses Nucleinsäure-Engineering stellt einen neuen viel versprechenden Therapieansatz für zahlreiche Erkrankungen dar.
Zweimal wird in Frankfurt das Dr. Hermann-Schnell-Stipendium in Höhe von je 3.000 Euro verliehen, und zwar an Dr. Seema Agarwal, Universität Marburg, und an Professor Dr. Andreas Herrmann, Universität Groningen. Die Dr. Hermann-Schnell-Stiftung fördert Arbeiten zur makromolekularen Chemie, deren physikalisch-chemischer Grundlagen und deren Analytik.
Frau Agarwal (42) studierte an dem international renommierten Indian Institute of Technology, Delhi, Chemie und promovierte dort über Polymerchemie. Nach einer Tätigkeit als Forscherin an einem indischen Regierungsinstitut arbeitete sie von 1997 bis 1999 als Postdoktorandin, gefördert durch ein Stipendium der Alexander von Humboldt Stiftung, an der Universität Marburg. Nach einem kurzen Aufenthalt an der Universität Mainz begann sie ihre Habilitation in Marburg, die sie 2007 abschloss. Mit eleganten Synthesemethoden hat sie neue Substanzklassen von Polymeren erforscht, deren Eigenschaftsprofile innovative Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. Beispiele sind bioabbaubare Polymere auf Basis von Polystyrol und Polymethylmethacrylat. Zu den aktuell laufenden Projekten gehören die Entwicklung hocheffizienter Polymersynthesen für neue, intelligente Nanofasern und präzise funktionalisierte Nanopartikel, neuartige bioabbaubare thermoplastische Elastomere und neuartige antibakterielle Polymere.
Herrmann (39) studierte Chemie an der Universität Mainz und war Doktorand am Mainzer Max-Planck-Institut für Polymerforschung. Nach kurzer Tätigkeit in einer renommierten Unternehmensberatung kehrte er in die Wissenschaft zurück und forschte als Postdoktorand an der ETH Zürich. Ab 2004 leitete er eine Nachwuchsforschungsgruppe am MPI für Polymerforschung, seit 2007 ist er Professor für Polymerchemie und Bioengineering an der Universität Groningen. Herrmann kann beeindruckende Leistungen im Bereich biologisch-synthetischer Hybridmaterialien vorweisen. Das Hermann-Schnell-Stipendium erhält er vornehmlich für seine Arbeiten zu DNA-Blockcopolymeren. Diese neue Materialklasse hat faszinierende Eigenschaften, die man in der Diagnostik (Fluoreszenzsonden) und Biomedizin (Nanopartikel für die gezielte Freisetzung von Therapeutika in Tumorzellen) nutzen kann. Für die neuen Hybridstrukturen mussten effiziente Synthesestrategien systematisch entwickelt werden, bei denen chemische Verfahren und molekularbiologische Methoden gleichermaßen zum Einsatz kommen.
Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) ist mit über 28.000 Mitgliedern eine der größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Ihre bedeutendste Tagung ist das alle zwei Jahre stattfindende Wissenschaftsforum Chemie, das 2009 vom 30. August bis 2. September an der Frankfurter Goethe-Universität veranstaltet wird. Neben den 26 Fachgruppen und Sektionen der GDCh beteiligen sich auch die bei der GDCh angesiedelten Stiftungen an dem wissenschaftlichen Programm. So werden auf dem gemeinsamen Stiftungssymposium nicht nur die Preisträger geehrt und über ihre Arbeiten vortragen, sondern auch weitere Wissenschaftler zur medizinischen Chemie und Polymerchemie zu Wort kommen (zu den Aktivitäten der Karl-Ziegler-Stiftung s. GDCh-Pressemitteilung Nr. 26/09). Zahlreiche Unternehmen, darunter die BASF als Hauptsponsor, tragen zum Erfolg der Tagung bei.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Personalia
Deutsch
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