idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.11.2009 12:16

Was entscheidet über Erfolg oder Scheitern von Reformen?

Achim Fischer Pressestelle
Universität Mannheim

    Universität Mannheim erhält Zusage für den DFG-Sonderforschungsbereich 884 "Politische Ökonomie von Reformen"

    Warum konnte die Große Koalition unter Führung von Angela Merkel weitreichende Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise ergreifen, während notwendige Änderungen im Bereich des Gesundheits- und Rentenwesens ausblieben? Warum führt die Agenda 2010, die zum Fall der Regierung von Gerhard Schröder beigetragen hat, nach wie vor zu heftigen Auseinandersetzungen in Deutschland, während in- und außerhalb Europas von einem deutschen Erfolgsmodell gesprochen wird? Warum kann Präsident Obama nur mit Mühe die Kostenängste gegenüber einer Gesundheitsreform ausräumen, während eine große Mehrheit gleichzeitig ein Krisenprogramm in Höhe von 1 Trillion Dollar verabschiedet? Und warum kündigen Europäische Staats- und Regierungschefs zuerst Volksabstimmungen an und setzen dadurch eine Reform der Europäischen Union aufs Spiel, wenn sie anschließend ein Nein-Votum der Bevölkerungen übergehen?

    Die Ursachen für Erfolg und Scheitern von Reformen, die individuellen Interessenlagen von Wählern, Interessengruppen, Parteien und Regierungen sowie ihre Rolle im politischen Prozess stehen im Mittelpunkt des Sonderforschungsbereichs 884 "Politische Ökonomie von Reformen", der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt wurde.

    Ab Anfang 2010 können Mannheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Volkswirtschaftslehre und der Politikwissenschaft vier Jahre lang zum Thema "Reformen" forschen. "Ziel ist es, die Forschungsansätze der Ökonomie und der Politikwissenschaft gemeinsam nutzbar zu machen und methodisch fundiert sowohl Reformerfolge als auch Scheitern von Reformvorhaben zu analysieren. Wir brauchen ein besseres Verständnis über das Zusammenwirken von ökonomischen und politischen Faktoren in sehr komplexen Prozessen, das uns über den Kenntnisstand von anekdotischer Evidenz und oberflächlichen Zustandsindikatoren hinausbringt", erklärt der Politikwissenschaftler Professor Dr. Thomas König, der Sprecher des Sonderforschungsbereichs (SFB) ist.

    "In der Fachliteratur kommt bisher vor allem dem Reformversagen und dem Phänomen des Reformstaus große Aufmerksamkeit zu. Um Reformprozesse zu verstehen müssen aber sowohl gelungene wie auch missglückte Vorhaben systematisch evaluiert werden", betont Professor Dr. Hans Peter Grüner, einer der federführenden Volkswirte in dem 20 Personen umfassenden Forscherteam des SFB. Auch gelte es, die im Vorfeld erwarteten Auswirkungen mit den tatsächlich eingetretenen Folgen von Reformen abzugleichen.

    Insbesondere die umstrittenen Reformprozesse in Wohlfahrtsstaaten wollen die Forscher untersuchen: Etwa Reformen des Gesundheitswesens, des Arbeitsmarkts, des Rentensystems oder des Föderalismus. Aber auch globale Herausforderungen wie die Krise der Finanzsysteme und der Klimawandel stehen auf der Agenda der Mannheimer Wissenschaftler. Neben der Unterscheidung der individuellen Interessenlagen von Akteuren stehen die Kontexte und politischen Prozesse, die Reformvorhaben zu durchlaufen haben, im Mittelpunkt von langfristigen Untersuchungen.

    "Reformvorhaben sind oft langwierig, unvollständig und werden nur halbherzig umgesetzt. Dies führt unter Umständen zu sehr hohen gesellschaftlichen Kosten", erklärt Professor Dr. Thomas König. Die politischen Probleme seien daher oftmals auch ökonomischer Natur - und umgekehrt. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Ökonomen und Politologen solle die theoretische und empirische Grundlage der quantitativen Forschung zur gesellschaftlichen Entscheidungsfindung im Allgemeinen und zu Reformen im Speziellen verbessern.

    Entstehen soll auch ein umfangreicher Datenschatz, der Reformvorhaben über einen längeren Zeitraum nachvollziehbar macht, so dass beispielsweise sich verändernde Positionen politischer Akteure im Zeitverlauf abgebildet werden können. Neben den Einstellungen und Interessen der Akteure werden auch die räumlichen Kontexte dokumentiert - also etwa beteiligte Länder und Regionen - sowie die politischen Prozesse der Anbahnung, Umsetzung oder Blockade von Reformen.

    Neben der Fakultät für Volkswirtschaftslehre und der Fakultät für Sozialwissenschaften sind auch das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), das Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) und das Mannheim Research Institute for the Economics of Aging (MEA) an dem neuen SFB 884 beteiligt. Der SFB 884 trägt mit einem langfristig geplanten jährlichen Mittelzufluss von über 2 Millionen Euro, die fast ausschließlich in die Beschäftigung von 30-40 Mitarbeiterstellen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler fließen, erheblich zur Standortprofilierung Mannheims und der Region bei.

    Kontakt und weitere Informationen:

    Prof. Dr. Hans Peter Grüner
    Universität Mannheim
    Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre,Wirtschaftspolitik
    hgruener@rumms.uni-mannheim.de

    Prof. Dr. Thomas König
    Universität Mannheim (derzeit Stanford, USA)
    Sprecher des Sonderforschungsbereichs 884 "Politische Ökonomie von Reformen"
    t.koenig@uni-mannheim.de

    Zum Antrag der Universität Mannheim auf Einrichtung des SFB 884:
    http://www.sowi.uni-mannheim.de/lspol2/SFB_884_-_Research_Programme_and_Projects...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).