Großes Rätselraten herrscht über die Verteilung und die Wirkung der Vulkanaerosole, die den Luftverkehr in Europa fast zum Erliegen bringen. Entgegen anders lautender Meldungen gibt es aber eine Methode, die Licht ins Dunkel bringen kann: Mit moderner Lasertechnik kann sehr genau die vertikale Verteilung der Aerosolpartikel vom Boden bis in die Stratosphäre vermessen werden.
Gestern Abend führten Hohenheimer Forscher vom Institut für Physik und Meteorologie mit einem weltweit einzigartigen Laserfernerkundungssystem die erste Messung über Stuttgart durch. Die Messergebnisse zeigen, dass die Vulkan-Aerosole hauptsächlich zwischen 2-3 km über dem Boden zu finden sind. Die Konzentration wird nun gemeinsam mit anderen Forschungsinstituten bestimmt. So können den Entscheidungsträgern wertvolle Datensätze an die Hand gegeben werden, um die Gefahr für die Flugsicherheit realistisch einzuschätzen.
Die Emission der Aerosole des Vulkans Eyjafjallajok hat den Luftverkehr in Europa nahezu zum Erliegen gebracht. Vulkanasche kann die Triebwerke von Flugzeugen beschädigen und sogar zu deren Ausfall bringen. Die Vorsichtsmassnahmen im Hinblick auf die Flugsicherheit beruhen auf Vermutungen über die Konzentration und Verteilung der Vulkanasche. Diese Informationen werden hauptsächlich aus Daten einer Computersimulation beim Volcanic Ash Advisory Centre in London sowie aus Satellitendaten gewonnen. Da aber Satellitenmessungen auf "passiv" gestreutem Sonnenlicht und auf Emissionen der Strahlung der Erde basieren, erlauben sie weder genaue Messungen über die Vertikalverteilung von Aerosolpartikeln noch über deren Konzentration.
Hier kommt nun eine innovative, lasergestützte Messtechnik ins Spiel, die als Lidar (Light Detection and Ranging) bezeichnet wird. Im Gegensatz zu den Standardmethoden des Wetter- und Klimamonitoring erlaubt sie horizontale und vertikale Messungen mit sehr großer Auflösung. Das Lidar-System des Instituts für Physik und Meteorologie (IPM) der Universität Hohenheim ist sogar in der Lage, räumliche Abtastungen durchzuführen, die Atmosphäre also nach Aerosolpartikeln abzuscannen, und ist damit weltweit einzigartig.
"Wo die Standardmethoden der Wetterdienste an ihre Grenzen stoßen, ist die Wetterforschung gefragt", so Prof. Dr. Volker Wulfmeyer, Leiter des Instituts für Physik und Meteorologie der Universität Hohenheim. "Verschiedene Forschungseinrichtungen in Deutschland verfügen über hochmoderne Lidar-Systeme, die selbst in klarer Luft Aerosole sichtbar machen können. In dieser Krise können sie sich als besonders hilfreich erweisen, wenn sie ihre Messungen miteinander koordinieren." Auf diesem Wege könne, so der Hohenheimer Atmosphärenforscher, den Entscheidungsträgern ein aussagekräftiger Datensatz geliefert werden, um das Gefährdungspotential der Vulkanaschewolke realistisch einschätzen zu können.
Die ersten Messungen geben nun folgendes Bild ab, dass sich natürlich nur auf den Messstandort bei der Universität Hohenheim bezieht, wegen der unmittelbaren Nähe zum Flughafen Stuttgart - ca. 3 km - aber hochinteressant ist: Die Vulkan-Aerosole sind hauptsächlich zwischen 2-3 km über dem Boden zu finden sind. Die Konzentrationen überschreiten kaum die Signale, die durch industrielle Emissionen oder den Verkehr auftreten. Von 3-8 km sind keine signifikanten Aerosolmengen nachweisbar und eine Schicht von 8-9 km zeigte Zirruswolken, die eventuell von Aerosolpartikeln beeinflusst sein könnten.
Heißt das nun, dass von einer großen Aschewolke über Stuttgart keine Rede sein kann, dass also die Auswirkungen des Vulkanausbruchs zumindest für die Region Stuttgart überschätzt wurden? "Eine solche Schlussfolgerung wäre voreilig", warnt der Hohenheimer Atmosphärenforscher. "Wenn die Messungen des DLR - Forschungsflugzeugs Falcon vorliegen, mit denen wir unsere bodengestützte Messung zeitlich und räumlich koordiniert haben, wissen wir schon mehr. Die Konsequenz aus unserem Datensatz für die Flugsicherheit können natürlich nicht die Meteorologen allein ziehen, denn hier kommt es auf Expertenwissen aus der Luftfahrttechnik an." Die in der Wolke gesammelten Daten werden so schnell wie möglich ausgewertet und dem Deutschen Wetterdienst und der Flugsicherung für eine Beurteilung des Flugverbots übermittelt. Der erste Eindruck nach der Hohenheimer Messung deutet jedoch auf eine weniger dramatische Kontamination der Atmosphäre hin, als bisher befürchtet wurde.
Ansprechperson für Medienvertreter:
Prof. Dr. Volker Wulfmeyer, Universität Hohenheim, Institut für Physik und Meteorolgie,
Tel.: 0711/ 459-22150, E-Mail: volker.wulfmeyer@uni-hohenheim.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie, Verkehr / Transport
regional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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