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11.06.2010 10:18

Fußball-WM: Wenn das Herz mitfiebert

Dr. Ellen Katz Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Tübingen

    Elfmeterschießen im WM-Halbfinale oder ein umstrittener Pfiff des Schiedsrichters: Da steigt auch bei gesunden Fußballfans der Blutdruck. Kann die Aufregung beim Fußballgucken einen Herzinfarkt auslösen? Woran erkennt man einen drohenden Infarkt und wer ist besonders gefährdet? Was muss man als erstes tun? Wir sprachen mit Prof. Andreas May, Kardiologe und Wissenschaftler auf dem Gebiet der koronaren Herzerkrankung am Tübinger Uniklinikum.

    Herr Prof. May, wie erkennt der Laie einen Herzinfarkt?

    Die typischen Anzeichen eines Herzinfarktes sind plötzlich auftretendes und anhaltendes Enge- oder Druckgefühl im linken Brustkorb mit Ausstrahlung in die linke Schulter, den linken Arm oder in den Unterkieferbereich. Bei Frauen können die Beschwerden häufig auch atypisch verlaufen.

    Was passiert dabei im Körper?

    Der Infarkt entsteht, wenn sich ein Blutgefäß (Koronargefäß), das den Herzmuskel mit Blut, also Sauerstoff versorgt, verschließt. Diesem Vorgang liegen meist atherosklerotische Gefäßwandverkalkungen zugrunde. Wenn diese Kalkplaques „aufbrechen“, bilden sich auf ihnen in Sekundenschnelle Blutgerinnsel (Thromben), die das Gefäß komplett verschließen können. Das von diesem Gefäß versorgte Gebiet des Herzmuskels stirbt ab, wenn keine rasche Wiedereröffnung erfolgt.

    Sonne, Hitze, Alkohol? Kann das das Herzinfarktrisiko zusätzlich steigern?

    Sonne, Hitze, und Alkohol im Übermaß können zu Veränderungen im Elektrolythaushalt und zu Kreislaufproblemen führen und dadurch auch einen Herzinfarkt auslösen. Auch emotionaler Stress ist ein Faktor, der als Auslöser zu einem Herzinfarkt beitragen kann. Interessanterweise kam es zum Beispiel bei der Fußball-WM 2006 in München und Umgebung bei den heiß umkämpften Deutschland-Spielen zu gehäuften Notarzteinsätzen wegen Herzinfarkt.

    Was soll man als erstes tun, wenn der Verdacht auf ein Herzproblem besteht?

    Den Notarzt anrufen und bis zu dessen Eintreffen in Begleitung von Angehörigen oder Bekannten bleiben

    Wie soll man den Betroffenen lagern?

    Aufrecht und bequem sitzend.

    Jede Minute zählt, warum ist Eile angebracht?

    Je schneller das betroffene Gefäß wiedereröffnet ist, umso günstiger sind die Erholungschancen für das Herz.

    Was wird in der Klinik als erstes gemacht?

    Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt werden am Uniklinikum Tübingen sofort in einer speziellen Brustschmerzeinheit („Chest Pain Unit“) in der Kardiologie der Medizinischen Klinik (Ärztlicher Direktor Prof. Meinrad Gawaz) aufgenommen. Dort wird anhand der Symptomatik, der körperlichen Untersuchung und des EKGs rasch die Diagnose gestellt. Bei einem akuten Herzinfarkt kann zu jeder Tages- und Nachtzeit mit einer Herzkatheterbehandlung das verschlossene Gefäß wiedereröffnet werden.


    Gibt es Personengruppen, die besonders gefährdet sind?

    Ja, dies sind vor allem Patienten mit Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Hypercholesterinämie sowie Raucher, übergewichtige Personen und Personen mit familiärer Belastung.

    Was raten Sie Personen mit Herzproblemen? Müssen sich Patienten, die schon einen Infarkt hatten besonders in Acht nehmen?

    Diese Patienten sollten in regelmäßiger fachärztlicher Betreuung sein und bestimmte Medikamente zur sogenannten Sekundärprophylaxe einnehmen. Darüber hinaus sollten sie versuchen, ihr individuelles Risiko durch eine Änderung ihres Lebensstils und/oder die Einnahme von Medikamenten zu senken. Rein medizinisch betrachtet sollten diese Patienten zur Fussball-WM und auch sonst die Chipstüte ungeöffnet lassen. Aber, so Prof. May schmunzelnd, ob sie beim etwaigen Elfmeterschießen im WM-Finale Deutschland gegen England zum deutlich weniger aufregenden Rosamunde Pilcher-Film oder Promi-Dinner wechseln, möchte ich allerdings jedem Patienten selbst überlassen.

    Gucken Sie selber WM und wer ist ihr Favorit?

    Selbstverständlich. Ich hoffe, dass Deutschland eine gute WM spielt, glaube aber, dass im Finale Argentinien oder Spanien das Rennen machen!

    Die Fragen beantwortete Prof. Dr. med. Andreas May, Kardiologe am Tübinger Uniklinikum.

    Ansprechpartner für nähere Informationen

    Universitätsklinikum Tübingen
    Medizinische Klinik, Abteilung Innere Medizin III
    Kardiologie und Kreislauferkrankungen
    Prof. Dr. Andreas May, Stv. Ärztlicher Direktor
    Tel. 07071/29-8 36 74
    Andreas.May@med.uni-tuebingen


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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