Trotz erreichter hoher Qualität steigen in Deutschland Anforderungen an die Qualität der Pränataldiagnostik durch neues Gendiagnostikgesetz – bessere psychosoziale Beratung Schwangerer als Ziel.
Ethische Prinzipien sind gerade in der Pränatal- und Geburtsmedizin von besonderer Bedeutung: „Hier müssen sich die Ärzte zumeist mit zwei Personen befassen, nämlich mit den Eltern des ungeborenen Kindes. Sie kommen obendrein als Gesunde und tragen auch noch für ein drittes, heranwachsendes Leben die Verantwortung“, sagte DGGG-Vorstandsmitglied Professor Bernhard-Joachim Hackelöer, Sprecher des Boards für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, auf dem DGGG-Kongress in München (5. bis 8. Oktober).
„Mit den nicht nur medizinisch, sondern auch gesellschaftlich diskutierten Themen der pränatal-genetischen Untersuchung – etwa der erweiterten Ultraschalldiagnostik – kann nur adäquat umgegangen werden, wenn von Untersuchern und Beratern hohe qualitative Standards eingehalten werden“, sagte Hackelöer.
Experten der DGGG arbeiten daher zurzeit an den Ausführungsrichtlinien des neuen Gendiagnostikgesetzes entscheidend mit, das seit Februar 2010 genetische
Untersuchungen beim Menschen und die Verwendung genetischer Proben und Daten regelt. „Unser Ziel ist es sowohl die Qualität der Pränataldiagnostik zu verbessern als auch das Informations-und Beratungsangebot erheblich auszuweiten.“
Qualitätskonzentration und Zentralisation
Auch wenn in Deutschland in der Pränataldiagnostik bereits ein sehr hohes Niveau erreicht wurde. Ein Indiz dafür, dass dabei noch zu viele Fehler passieren, sind medizinisch indizierte Spätabtreibungen ab der 23. Schwangerschaftswoche – im sechsten Schwangerschaftsmonat. Die Statistik verzeichnet für 2009 insgesamt 237 solcher Spätabbrüche. Da diese Eingriffe oft als Fehlgeburten deklariert werden, gehen Experten wie Hackelöer von tatsächlich 800 Spätabbrüchen aus. Die Konsequenz aus Sicht der DGGG: Mit qualitätskontrollierter Diagnostik durch ausgewiesene Experten das Übersehen von Fehlbildungen vermeiden: „Zur Zeit werden etwa 700.000 Ultraschalluntersuchungen pro Quartal über die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet – ohne, dass in der Breite die erforderliche Qualität erbracht wird“, kritisiert der Chefarzt für Geburtshilfe und Pränatalmedizin der Asklepios Klinik in Hamburg-Barmbek. „Ultraschaller mit einer Stufe-1-Qualifikation erkennen 20 Prozent der Fehlbildungen, mit einer Stufe-2-Qualifikation etwa 60 bis 70 Prozent und mit einer Stufe-3-Qualifikation 95 Prozent.“ Analog der Mindest-mengendiskussion für Perinatalzentren mache daher auch in der Pränataldiagnostik ein Zwang zur Qualitätskonzentration und Zentralisation Sinn. In vielen anderen europäischen Ländern sei das bereits der Fall.
Bessere Beratung Schwangerer – längere Bedenkzeiten
Auch bei der psychosozialen Beratung müssen die Qualitätsstandards überarbeitet werden: „In der Pränatalmedizin haben wir ein großes ethisch-moralisches Konfliktpotential, gerade, wenn es um Schwangerschaftsabbrüche geht. Je unqualifizierter damit umgegangen wird, desto größer sind die Probleme für die Betroffenen.“ In ihrer Stellungnahme zum späten Schwangerschaftsabbruch hat die DGGG deshalb Grundlagen erarbeitet, die sich auch im neuen, seit Anfang 2010 gültigen Schwangerschaftskonfliktgesetz niedergeschlagen haben. Die von der DGGG geforderte intensive Beratung durch qualifizierte Frauenärzte, der Hinweis auf erweiterte Möglichkeiten der psychosozialen Beratung und Beratungsangebote durch Selbsthilfegruppen sowie die analog der Fristenlösung eingeführte dreitägige Bedenkzeit sind die wesentlichen Neuerungen des Gesetzes. Ziel der DGGG sei es, die Qualität der Beratung zu verbessern, damit Frauen noch besser in der Lage sind, selbst zu entscheiden, welche Schwangerschaftsuntersuchungen sie wahrnehmen möchten – und welche nicht.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Medizin
überregional
Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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