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10.10.1996 00:00

Partnerschaft und Wissenstransfer: Determinanten der Innovationsstärke in der deutschen Automobilind

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Pressedienst der Universitaet Augsburg, 25/96, 10.10.96

    ZWISCHENBERICHT ZU EINEM FORSCHUNGSPROJEKT DES AUGSBURGER LEHRSTUHLS FUER VWL I:

    PARTNERSCHAFT UND WISSENSTRANSFER: DETERMINANTEN DER INNOVATIONSSTAERKE?

    EINE EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG IN DER DEUTSCHEN AUTOMOBILINDUSTRIE

    Hinter den Wirtschaftszweigen Elektro-technik und chemische Industrie gehoert der Kfz-Sektor zu den forschungs-intensivsten in der BRD. Forschung und Entwicklung allein sind aber noch kein Garant fuer erfolgreiche und ein-satz-faehige Innovationen. Aussagen muessen auch ueber jene Innovationsaktivitae-ten getroffen werden, die sich mit F&E-verwandten Taetig-keiten, wie beispielsweise Design, Kon-struk--tion und Prototypbau befassen.

    Fast 90% der Automobilzulieferer in Deutschland konnten in den Jahren 1993 und 1994 einen Innova-tionserfolg verbuchen. Sie konnten entweder neue Produkte in den Markt einfuehren oder neue Herstellungsverfahren in ihren Betrieben einsetzen. Nur im Durchschnitt 20% ihrer Innovationsbemuehun-gen konzentrierten sich dabei auf die eigentliche Forschung & Entwicklung. Dieser Sachverhalt schlaegt sich auf den technologischen Neuerungsgrad der Innovationen durch. Die Bereitschaft der Lieferanten zur Entwicklung grundlegend neuer Produkte oder Ferti-gungsprozesse (Basisinno-vatio-nen) war eher gering. Ein Grossteil der Lieferanten misst Verbesserungsinnovationen eine weit hoehere Be-deutung bei als der Entwicklung grundlegend neuer Produkte oder Fertigungsverfahren. Der tech-no-logische Neuerungsgrad der Innovationen variiert aber in Abhaengigkeit der Taetig-keits--schwer-punkte der Automobilzulieferer.

    Dies ist nur eines der Ergebnisse des Zwischenberichts "Partnerschaft und Wissenstransfer: Determin-anten der Innovationsstaerke?", der Teil eines laufenden Forschungsprojekts des Lehrstuhls fuer Volks-wirtschaftslehre I an der Universitaet Augsburg ist. Ziel der Studie ist die empirische Erfassung und Abschaetzung des Beziehungsgeflechts zwischen Vertragspartnern auf das Innovationsverhalten der Automobilzulieferanten. Hierdurch sollen u.a. fuer Politik und Praxis wirkungsvolle Konzepte zur Verbesserung der Innovations- und Wettbewerbsfaehigkeit deutscher Automobilzulieferer erarbeitet werden.

    Mehr als 400 Automobilzulieferer (Direkt- und Sublieferanten) aus 16 Industriezweigen bzw. aus 30 Gueterklassen wurden in die Untersuchung einbezogen. Beruecksichtigung fanden nur Herstel-ler von serienfaehigen Erstaus-stat-tungs-produkten. Deren Aussagen richten sich auf die Jahre 1993 bis 1995.

    Fuer ein Grossteil der befragten Automobilzulieferer war die Wettbewerbs-situation Mitte der neunziger Jahre sowohl durch sinkende Umsatzrenditen (hervorgerufen durch einen hohen Preisdruck der Kunden) als auch durch eine hohe Verhandlungsmacht der eigenen Lieferan-ten gekenn-zeichnet. Die Umsatzrendite nach Steuern betrug im Durchschnitt in den Jahren 1994 und 1995 knapp 2,5%. Ca. 10% der befragten Zuliefer-betriebe verzeichneten sogar einen Verlust nach Steuern und 25% eine Rendite von weniger als 1%. Nur 5% der Betriebe konnten sich im Wettbewerb sehr gut behaupten und eine Umsatzrendite von mehr als 10% erzielen.

    Die hohe Verhandlungsmacht der Abnehmer (Automobilhersteller und Systemlieferanten) laesst sich nicht nur anhand ihres Einkaufsverhalten dokumentieren. Sie aeussert sich auch durch eine Behinderung der Entschei-dungsautonomie der Zulieferer, einen Zwang zur Offenlegung von technologi-schem Wissen, eine missbraeuchliche Weitergabe von Entwicklungsunterlagen und durch die Gewaehrung zu niedriger Produktionsanteile trotz erfolgreicher Realisierung von Inno-vationen der Lieferanten. Diese As-pekte des marktmaechtigen Verhaltens der Abnehmer wirkten sich nach Aussagen der befragten Be-triebe stark hemmend auf den Innovationsprozess aus.

    Die Kenntnis der innovationshemmenden Faktoren gibt Auskunft darueber, in welcher Art und Weise neue Impulse fuer die Innovationsaktivitaeten der Unternehmen gegeben werden koennen. Insgesamt konnten zwei wichtige Hauptkategorien von Innovationshemmnissen identifiziert werden. Neben der Abnehmermacht wurde einer unzureichenden Kapitalausstattung und zu geringer staat-licher Unterstuetzung die groesste Bedeutung beigemessen. Nur die wenigsten Zulieferer beklagten das Fehlen wichti-ger technologischer Informationen. Betroffen waren hiervon hauptsaechlich die Kleinstbetrieben (we-niger als 50 Mitarbeiter). Auch der Mangel an Kooperationsmoeglichkeiten wird nicht als bedeutendes Hem-mnis des Innovationsprozesses angesehen.

    Ein Grossteil der Lieferanten befindet sich somit in einem Dilemma. Auf der einen Seite fehlt die notwendige Eigen- oder Fremdkapitalausstattung, die fuer risikoreiche Inno-va-tionen notwendig waere. Auf der anderen Seite wird von den Kunden eine Aneignung von aus-reichend hohen Innovationsertraegen verhindert. Daher rufen die Zulieferer ver-staerkt nach staatlicher Unterstuetzung. Das eigentliche Inno-va-tionsproblem kann aber nicht durch staat-liche Subventions- oder Steuerpolitik geloest werden. Nur die Abnehmer selbst koennen ihren innovationshem-menden Einfluss verringern und eine partner-schaft-liche Zusammenarbeit mit ihren Zulie-ferern erreichen.

    Gerade der aktiven Innovationspartnerschaft zwischen Kunden und Lieferan-ten kam in den letzten Jah-ren eine erhoehte Aufmerksamkeit zu. Das traditio-nelle Verhaeltnis zwischen beiden Seiten sollte durch eine Form der intensi-vierten Zusammenarbeit bei der Loesung neuer Probleme ersetzt werden. Von einer Innovationspartnerschaft waren lediglich 40% der befragten Zulieferer in mehr oder weniger hohem Ausmass betroffen. Eine Konzentration der Geschaefte auf einige wenige Kunden ist dabei kein Garant fuer eine bessere, sprich partnerschaftlichere Behandlung der Zulieferer durch die Kun-den.

    Das Eingehen einer Innovationspartnerschaft mit den Kunden wirkt sich nicht erkennbar stimulierend auf die Innovationsbemuehungen der Zulieferer aus. Negative Effekte stellen sich beispielsweise auch fuer jene Zulieferer ein, die ihre Lieferungen hauptsaechlich durch Langfristvereinbarungen abgesichert haben. Nur ein ausgeglichenes Verhaeltnis zwischen Langfrist- und Kurzfristvereinbarungen wirkt nach den Ergebnissen der Studie stimulierend auf die Innovationsaktivitaeten der Zulieferer. Ein eindeutig positiver Einfluss ist auch fuer den Innovationserfolg (hoehere Realisierungswahrscheinlichkeit von Innovationen, hoeherer technologischer Neuerungs-grad u.a.) nicht erkennbar.

    Positive Aspekte der Innovationspartnerschaft ergeben sich hinsichtlich der Ertrags-situation der Lieferanten. Das Eingehen einer Innovationspartner-schaft scheint fuer die Lie-feranten eine wichtige Moeg-lichkeit zur Verbesserung der eigenen Ertragskraft zu sein.

    Neben der Innovationspartnerschaft zwischen Zulieferer und Abnehmer betonen die Automobilherstel-ler immer wieder die Bedeutung des informalen Infor-mationstransfers fuer die erfolgreiche und schnelle Entwicklung neuer Produkte. Hierunter ist ein Austausch technologischer Informationen ohne vertragliche Grundlage und ohne direkte Entgeltleistung zu verstehen. Dieser Informationsaus-tausch stellt in der Automobilindustrie ein weit verbreitetes Phaenomen dar, wobei die Informationen hauptsaechlich einseitig vom Lieferanten zum Kunden fliessen. Die Informationen der Zulieferer be-sitzen nach eigener Einschaetzung auch eine hoehere Bedeutung fuer die Innovationsaktivitaeten ihrer Kun-den als umgekehrt.

    Der informale Informationstransfer vom Lieferanten zum Kunden wird teil-weise von den Abnehmern erwartet, in vielen Faellen sogar erzwungen. Fuer 60% der befragten Betriebe stellt dieser Transfer hingegen eine strategische Entscheidung dar. Die unentgeltliche Informa-tionsweitergabe wird von den Lie-feranten als Moeglichkeit verstanden, sich auf indirektem Weg durch zukuenftige Absatz- oder Preissteigerungen, Innovationsertraege zu sichern.

    Auch die Forschungsergebnisse aus dem Hochschulbereich beeinflussen die Innovationsaktivitaeten der Automobilzulieferer. Die Entwicklung neuer Produkte und Fertigungsverfahren erfordert in vielen Faellen For-schungs- und Innovationsressourcen, die innerhalb eines Betriebes nicht immer vorhanden sind. Das Eingehen von F&E-Kooperationen mit Hochschulen ist ein geeig-netes Mittel, ein solches De-fizit auszugleichen. Kleinstbetriebe scheuen aber die Zusammenarbeit mit Hochschulen. Keiner der befragten Kleinstbetriebe hat einen F&E-Kooperationsvertrag mit einer Hochschule abgeschlossen. Da-bei fehlen aber nach eigenen Aussagen gerade diesen Betrieben wichtige technologische Informatio-nen.

    Die tatsaechliche Relevanz der Hochschulkooperationen drueckt sich in erster Linie darin aus, dass die Zulieferer Zugang zu neuem technologischen Wissen erhalten und sich deren allgemeine Faehigkeiten zur Verarbeitung und Umsetzung neuer technologischer Erkenntnisse verbessern. Hochschulkooperatio-nen tragen auch speziell dazu bei, dass sich Entwicklungskosten einsparen und Zulieferprodukte ent-weder mit einer hoeheren Qualitaet oder schneller in den Markt einfuehren lassen. Eine Verbes-serung des technischen Ablaufs von Produk-tionsverfahren spielt nur eine untergeordnete Rolle.Die Abneh-mer von Zulieferteilen scheinen ein Interesse daran zu haben, dass ihre Lieferanten neue techno-logi-sche Informationen aus den Hochschulkooperationen erhalten. So sind einige der Hochschulkoopera-tionen auf die Initiative der Kunden zurueckzufuehren. Einen entsprechenden Beitrag zu deren Finan-zie-rung leisten sie jedoch nicht.

    Die Studie ist wohl eine der umfassendsten dieser Art. Detaillierte Angaben und Bewertungen sind einem 120seitigen Zwischenbericht zu entnehmen, der am Lehrstuhl fuer Volkswirtschaftslehre I der Universitaet Augsburg angefordert werden kann.

    Kontakt: Dipl. oec. Juergen Peters, Lehrstuhl fuer Volkswirtschaftslehre I, Universitaet Augsburg, Postfach, 86135 Augsburg, Telefon 0821/598-4191/-4188, Telefax 0821/598-4231, e-mail: peters@wiso.uni-augsburg.de, Internet: http://www.WiSo.Uni-Augsburg.DE/vwl/gahlen/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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