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01.04.2011 11:59

Leipziger Forscher untersuchen Wolken in der Karibik

Susann Huster Pressestelle
Universität Leipzig

    Wissenschaftler aus Deutschland starten im April eine Messkampagne, um Passatwolken in der Karibik zu untersuchen. Die Forscher wollen so herausfinden, wie die Bildung von tiefen Cumuluswolken im Detail funktioniert und wie diese durch unterschiedliche Aerosole beeinflusst wird. Das Verstehen dieser Prozesse ist von großer Bedeutung für mögliche Auswirkungen auf das Klima. Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Bund und Land fördern die Kampagne daher mit insgesamt 250.000 Euro.

    Im November 2010 hatte das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT) zusammen mit dem Meteorologischen Institut der Universität Leipzig (LIM) bereits eine erste Messkampagne auf der Karibikinsel Barbados durchgeführt, die nun drei Wochen lang fortgesetzt wird. 2010 gelang mit Hilfe eines neu entwickelten Partikelzählers und der direkten Kombination mit Strahlungsmessungen die bisher genaueste Untersuchung von einzelnen Wolken weltweit. Das Experiment ist eingebettet in eine Langzeitstudie des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, das dort eine Beobachtungsstation aufgebaut hat.

    Weil tiefe Cumuluswolken in der Region der Passatwinde weit verbreitet sind, spielen sie eine wichtige Rolle beim Transport von Wasser in die freie Atmosphäre und beim Strahlungshaushalt der Erde.
    Außerdem beeinflussen diese Wolken die Dynamik der gesamten atmosphärischen Grenzschicht, indem sie den vertikalen Transport von Feuchtigkeit und Wärme zwischen der Oberfläche der Ozeane und der freien Atmosphäre verstärken.

    In den Modellen der globalen Kreisläufe sind diese Wolken bisher nicht ausreichend berücksichtigt, obwohl ihr Einfluss auf das Klima von Bedeutung ist und der letzte IPCC-Report kritisch anmerkte, dass "niedrige Wolken den größten Anteil an den Unsicherheiten der Klimamodelle haben". Typisch für die Region der wolkenreichen Passatwinde ist eine 300 bis 800 Meter hohe feuchte und gut durchmischte Luftschicht über dem Ozean. Darüber befindet sich eine instabile Wolkenschicht von bis zu zwei Kilometern Höhe. Durch die vertikale Begrenzung existieren diese Passatwolken nur wenige Stunden, was größtenteils Regen verhindert. Kommt es trotzdem zu Niederschlägen, dann kann es zu überraschenden Starkniederschlägen führen.

    Barbados am Rand der Karibik wurde für die Untersuchungen ausgewählt, weil die Bedingungen optimal für diese Experimente sind. Bereits seit den 1960er Jahren laufen dort Langzeitstudien der University of Miami zusammen mit dem Caribbean Institute for Meteorology and Hydrology.
    Charakteristisch für Barbados sind die gleichmäßigen Passatwinde aus östlicher Richtung. Weil die Insel die östlichste der Karibischen Inseln ist und die Luft vom Atlantik kommt, gibt es hier - abgesehen von Schiffen und Flugzeugen - über Tausende von Kilometern praktisch keine von Menschen verursachte Luftverunreinigungen und damit auch keine anthropogenen Aerosolpartikel. Das größte Potenzial als Kondensationskeime die Eigenschaften von Wolken zu verändern haben hier neben Seesalz vor allem Staubteilchen aus der Sahara, die mit den Winden aus Afrika über den Atlantik gelangen.
    Eine erste Messkampagne wurde im November durchgeführt, da in diesem Monat das Risiko von Hurrikans und starken Niederschlägen geringer als im Sommer, die Passatbewölkung aber schon wieder ausreichend vorhanden ist.

    "Und dann trifft uns in der Vorbereitungsphase der Hurrikan Tomas - wohl seit Jahrzehnten der erste Hurrikan, der Barbados wirklich voll getroffen hat. Zum Glück gab es weder bei der Technik noch bei unseren vier Kollegen, die die Kampagne vorbereitet haben, nennenswerten Schaden", berichtet Dr. Holger Siebert vom IfT. Untersuchungen von Satellitenaufnahmen hatten ergeben, dass um diese Jahreszeit etwa die Hälfte von Barbados mit Wolken bedeckt ist. Die verlässliche "Versorgung" mit geeigneten Wolken sowie die ideale Lage der Insel im Atlantischen Ozean und die damit verbundene Entfernung zu signifikanten Quellen anthropogener Verschmutzung, waren Gründe, Barbados auszuwählen.

    Dazu kommt, dass die Höhe der Wolken mit der Passatinversion bei rund 1500 Metern Höhe begrenzt ist.Damit sind die Wolken sehr gut per Helikopter zu erreichen, der das Messgerät an einem 150 Meter langen Seil schleppt und in die Wolken manövriert. Da ein Hubschrauber fünfmal langsamer als ein Flugzeug fliegen kann, erreichen die Forscher damit eine viel bessere räumliche Auflösung. Zusammen mit einem neu entwickelten
    Hochgeschwindigkeitspartikelzähler konnten über Barbados erstmals verschiedene Eigenschaften einer Wolke mit einer räumlichen Auflösung von unter einem Meter untersucht werden. Diese Messtechnik wurde hier erstmals bei Luftgetragenen Messungen eingesetzt.

    Für solche Messungen wurde in Leipzig das Turbulenzmesssystem ACTOS (Airbone Cloud Turbulence Observation System) entwickelt. Dabei handelt es sich um einen autonomen Messgeräteträger für räumlich hoch aufgelöste Wolkenmessungen im Zentimeter- bis Dezimeterbereich, der im Jahr 2000 erstmals erfolgreich eingesetzt wurde. Das System beinhaltet eine große Anzahl von verschiedenen, teilweise neu entwickelten Sensoren. Bei der Messkampagne wurden Ende 2010 erstmals viele wichtige Parameter parallel und in sehr hoher räumlicher Auflösung gemessen. Dazu zählen auch Strahlungsdaten, die das vom Meteorologischen Institut der Universität Leipzig (LIM) entwickelte Messgerät SMART-Helios geliefert hat. "Dies ist bisher einzigartig da man sonst zwei direkt übereinander fliegende Flugzeuge benötigen würde, was bestenfalls theoretisch funktionieren würde", erläutert Holger Siebert.
    Zusätzlich werden auch bodengebundene Messungen zur Charakterisierung des atmosphärischen Aerosols durchgeführt, die die Vergleichbarkeit von bodengebundenen Daten mit solchen in größeren Höhen untersuchen sollen.

    Die Anzahl der Kondensationskeime - also Aerosolpartikel im Größenbereich um 100 Nanometer - sind zwar von großer Bedeutung für die Wolkenbildung und Strahlungseigenschaften - könnten aber nicht der Hauptfaktor bei der Entwicklung von Niederschlägen in diesen tropischen Wolken sein, vermuten die Wissenschaftler. "Viel wahrscheinlicher sind turbulente Prozesse, bei denen große Tropfen zusammenstoßen und noch größere Tropfen bilden. In den Tropen gibt es wenig Kondensationskerne und daher muss sich das Wolkenwasser auf wenige, aber dafür größere, Tropfen verteilen. Um so schneller können diese bei Kollisionen zur Größe von Niederschlagstropfen wachsen", sagt Dr. Siebert.
    Momentan gibt es immer noch eine große Diskrepanz bei den Niederschlägen zwischen den Ergebnissen der Modelle und den tatsächlichen Wetterbeobachtungen. Neben der Niederschlagsbildung einzelner Passatwolken ist auch deren Rolle im globalen Wasserkreislauf bisher noch nicht ausreichend erforscht.

    Die Auswertung der Daten wird mehrere Monate bis Jahre dauern. Anschließend werden die Daten in Wolkenmodelle eingehen, die das Max- Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg erstellt. Diese Modelle werden von großer Bedeutung für die künftige Klimamodellierung sein.

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    Weitere Informationen:
    Dr. Birgit Wehner, Dr. Holger Siebert und Dr. Heike Wex
    Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT)
    Telefon: +49 341 235-2841, -2469, -2159
    www.tropos.de

    Prof. Dr. Manfred Wendisch
    Leipziger Institut für Meteorologie (LIM)
    Telefon: +49 341 97-32851
    E-Mail: m.wendisch@uni-leipzig.de
    www.uni-leipzig.de/~meteo/de/index.php


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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