Das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) setzt sich seit Jahren für eine wirksame Bekämpfung des illegalen Handels mit archäologischem Kulturgut zweifelhafter Herkunft ein. Die Preise, die die antiken Stücke auf dem Markt erzielen, bieten einen hohen finanzielle Anreiz und sind Motor für Plünderung und Zerstörung archäologischer Stätten. Die Ausstellung in der Haupthalle des Mainzer Hauptbahnhofs wird noch bis zum 30. Juli über die Problematik der Antikenhehlerei informieren.
Am Beispiel spektakulärer Kriminalfälle der jüngsten Vergangenheit gewährt das RGZM gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern erstmalig Einblick in einen Bereich seiner Aktivitäten, der bereits auf einiges mediales Interesse gestoßen ist. Die Präsentation macht die enge Zusammenarbeit von Archäologen und Kriminalisten zum Schutz archäologischer Stätten durch Prävention von Raubgrabungen und Antikenhehlerei sichtbar.
Auf mehreren großen Informationswürfeln wird u. a. die spannende Suche nach dem offenbar erst vor wenigen Jahren von Plünderern im Irak entdeckten Grab einer sumerischen Prinzessin aus der Mitte des dritten Jahrtausends v. Chr. erzählt. Berichtet wird auch von fünf türkischen Bronzegefäßen, die kürzlich die diplomatischen Drähte zwischen Ankara, Berlin, Wiesbaden und Mainz zum glühen brachten.
Ergänzt wird die Ausstellung durch Dokumentarfilme zum Thema und eine interaktive dreidimensionale Präsentation von sichergestellten Originalfunden die vom Institut für Mediengestaltung der FH Mainz unter der Leitung von Prof. Michael Orthwein erstellt wurde.
Das gestalterische Grundkonzept wurde von Studierenden der FH Mainz unter der Leitung von Prof. Susanne Maier-Staufen entwickelt.
Die Präsentation ist Bestandteil des Projektes „zeit.fenster. Vergangenheit hat Zukunft“ in „Mainz – Stadt der Wissenschaft 2011“ und wurde vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Landeskriminalamt, der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, der Botschaft der Republik Irak und der Fachhochschule Mainz konzipiert.
S. E. Faris Ali Mohammed Al-Shoker, Generalkonsul der Republik Irak in Frankfurt, erläuterte die verheerenden Auswirkungen von Raubgrabungen für die irakische Kultur. Nach den Ereignissen von 2003 war der Irak mangels Rechtstaatlichkeit Ziel von Raubgräbern und Antikenhehlern. Durch den illegalen Handel wurden die z. T. 6500 Jahre alten Kulturgüter in viele Länder der Welt verstreut. „Die Anstrengungen und Ausdauer von vielen beteiligten Personen, die gute Zusammenarbeit der Regierungen – insbesondere die befreundete deutsche Regierung – , die Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Michael Müller-Karpe vom RGZM, dem hessischen Landeskriminalamt und der Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz: Dies alles und die feste Überzeugung, dass diese Schätze in ihr Herkunftsland (Irak) zurückgeführt werden müssen, führte dazu, dass viele geplünderte Antiken nunmehr der irakischen Botschaft übergeben und in den Irak zurückgeführt wurden“, freute sich der Generalkonsul und bedankte sich im Namen der irakischen Regierung für die Unterstützung die seinem Land zuteil wurde.
Eckhard Laufer von der Zentralstelle Kriminal- und Verkehrsprävention (Kulturgüterschutz) des Hessischen Landeskriminalamtes erklärte, dass die Raubgrabungen und der finanzkräftige illegale Handel mit archäologischen Kulturgütern Phänomene sind, mit denen sich das Hessische Landeskriminalamt seit 2003 verstärkt auseinandersetzt. „Durch die Ausstellung“, so Laufer, „werden die kaum bekannten gemeinschädlichen und strafrechtlichen Folgen deutlich und tragen allgemein zu einer Schärfung des Bewusstseins bei, dass es sich um keine Kavaliersdelikte handelt.“
„Deutsche Behörden wenden sich oft an das RGZM, um bei der Verfolgung von Straftaten im Handel mit Kulturgütern zu helfen, da ein großes Fachwissen vonnöten ist, um die Herkunft von archäologischen Gegenständen zu bestimmen“, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Falko Daim, Generaldirektor des RGZM. „Wir hoffen durch die Ausstellung die Sensibilität der breiten Öffentlichkeit für illegalen Antikenhandel zu fördern und das Verantwortungsbewusstsein im Antikenhandel zu stärken“.
„Die Fachhochschule Mainz blickt auf eine lange Zusammenarbeit mit dem RGZM zurück, zunächst mit dem Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik (i3mainz)“, berichtete Prof. Dr. Andrea Beyer, Vizepräsidentin der FH Mainz. „Diese erfolgreiche Kooperation konnte jetzt im Rahmen der Umsetzung von Aktivitäten für »Mainz als Stadt der Wissenschaft« auf das Institut für Mediengestaltung ausgeweitet werden. Hier ist federführend der Bereich 3D-Animation unter der Leitung von Prof. Mike Orthwein. Im Projekt Kriminalarchäologie liegt der Beitrag der FH Mainz im gestalterischen Input bei 3D-Rekonstruktionen und Visualisierungen.“
„Auch die Direktion Landesarchäologie wurde schon das ein oder andere Mal zur Anlaufstelle unsittlicher Angebote“, berichtete Dr. Gerd Rupprecht von der Direktion Landesarchäologie der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz. „Dabei kaufen wir grundsätzlich nichts – besonders wenn wir einen Verdacht des Diebstahls haben. Für uns haben diese Fundstücke ihr historisches Leben verloren. Es ist, als wenn jemand aus einem Buch eine Seite herausreißen würde. Er besäße zwar die Seite, aber den Roman kennt er trotz allem nicht“.
Dr. Michael Müller-Karpe, Archäologe am RGZM, Initiator und Spiritus rector der Ausstellung, erläuterte deren Konzeption. Er betonte die Bedeutung, die der Bewahrung des archäologischen Erbes zukommt. „Die im Fundkontext gespeicherten Informationen über Menschen, von denen wir durch die Zeit getrennt sind, werden durch Raubgrabungen zur Versorgung eines nimmersatten Antikenmarktes mit Hehlerware undokumentiert und unwiederbringlich zerstört. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Bodenarchiv, der Quell aus dem sich das kulturelle Gedächtnis der Menschheit speist, geplündert und den kurzsichtigen Gewinninteressen Einzelner geopfert wird!“
Anschließend verlas Dr. Müller-Karpe eine kurze Botschaft des Vizepräsidenten des Bundeskriminal¬amts, Prof. Dr. Jürgen Stock: „Raubgrabungen und Hehlerei mit antiken Funden sind ein regelmäßiges und einträgliches Geschäft von Kriminellen. Der finanziell eintretende Schaden ist meist hoch, der kulturelle Schaden immens. Die Strafverfolgung sieht sich aufgrund der Besonderheiten, wie dem professionellen und internationalen Vorgehen der Täter vielen Problemen gegenüber. Aus diesen Gründen begrüße ich die von dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum initiierte Ausstellung zum Thema „Kriminalarchäologie“ sehr. Es handelt sich um eine gute Möglichkeit über das Phänomen und die Probleme aufzuklären. Ich wünsche der Veranstaltung ein gutes Gelingen.“
weitere Pressebilder finden Sie unter:
http://web.rgzm.de/index.php?id=1192
Zur Ausstellung erscheint ein Begleitheft unter dem Titel „Kriminalarchäologie“ zum Preis von € 4,50 (ISBN: 978-3-88467-179-5).
Hintergrund: Mainz – Stadt der Wissenschaft 2011
Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft würdigt das besondere Engagement der Landeshauptstadt Mainz zur Förderung von Wissenschaft und deren Vernetzung mit Wirtschaft und Kultur. Er wird dabei unterstützt von der Deutschen Bank.
Stadt der Wissenschaft 2011 ist ein Gemeinschaftsprojekt der Landeshauptstadt Mainz zusammen mit den Mainzer Wissenschafts-, Forschungs- und Kultureinrichtungen, der Wirtschaft sowie dem rheinland-pfälzischen Landesministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.emz2.de
Ausstellung am Mainzer Hauptbahnhof
Foto: RGZM / Nitzsche
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Die Ankeraxt des Königs Schulgi (2097-2047 v. Chr.) wurde 2009 an die Republik Irak zurück gegeben.
Foto: RGZM / Iserhardt
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Kooperationen
Deutsch
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