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10.08.2011 19:00

Multiple Sklerose ist eine Krankheit des Immunsystems

Dr. Ulrich Marsch Corporate Communications Center
Technische Universität München

    Neurologen vom Klinikum rechts der Isar der TU München haben zusammen mit Forschern aus 15 Ländern neue genetische Varianten identifiziert, die mit der Krankheit Multiple Sklerose (MS) assoziiert sind. Viele der Gene gehören zum Immunsystem, das somit entscheidend ist in der Entwicklung der Krankheit. Die Studie wurde heute in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht, die Studienleitung lag bei den Universitäten Cambridge und Oxford.

    Multiple Sklerose ist eine der häufigsten Erkrankungen des Nervensystems bei jungen Erwachsenen – in Deutschland sind derzeit mehr als 120.000 Menschen betroffen. Bei der Erkrankung wird die schützende Hülle (Myelinschicht) geschädigt, mit der die Nervenfasern im Gehirn und im Rückenmark ummantelt sind, sodass Erregungssignale nicht mehr weitergeleitet werden. Ebenso werden die Nervenfasern selbst geschädigt. Je nachdem welche Bereiche des Nervensystems angegriffen werden, sind die Folgen unter anderen Gehbehinderungen, Taubheitsempfindungen oder Sehstörungen. Die heute veröffentlichten Ergebnisse zeigen die grundlegende Rolle des Immunsystems bei der Zerstörung der Nervenzellen und helfen zu verstehen, wie genau der Immunangriff auf Gehirn und Rückenmark aussieht.

    Im Rahmen der Studie untersuchten die Wissenschaftler die Erbsubstanz von 9.772 Personen mit MS und von 17.376 gesunden Kontrollpersonen. Das internationale Forscherteam konnte 23 bereits bekannte genetische Assoziationen bestätigen sowie 29 weitere neue genetische Varianten identifizieren, die mit der Entstehung von Multipler Sklerose zusammenhängen. Viele dieser Gene spielen eine grundlegende Rolle bei der Arbeit des Immunsystems: Sie sind besonders für die Funktion bestimmter Immunzellen, den so genannten T-Zellen, und die Aktivierung bestimmter Botenstoffe, der Interleukine wichtig. T-Zellen sind eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen: Sie sind verantwortlich für die Vermittlung einer Immunantwort gegen körperfremde Substanzen, spielen aber auch bei Autoimmunerkrankungen eine Rolle. So ist ein Drittel der neu identifizierten Gene an den Autoimmunerkrankungen Morbus Crohn oder Typ 1 Diabetes beteiligt. Dies könnte bedeuten, dass in verschiedenen Autoimmunerkrankungen die gleichen grundlegenden Mechanismen ablaufen, so die Forscher.

    Darüber hinaus hatten frühere Studien einen Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und einem erhöhten MS-Risiko nahegelegt. Neben den zahlreichen identifizierten Genen, die eine direkte Rolle im Immunsystem spielen, konnten die Forscher auch zwei Gene ausmachen, die in den Vitamin-D-Stoffwechsel involviert sind. Dies wäre eine mögliche Verbindung zwischen genetischen und umweltbedingten Risikofaktoren der Multiplen Sklerose.

    Prof. Bernhard Hemmer, der die Münchener Forschungsgruppe leitete, erklärt: „Nur die große Zahl an MS-Patienten – 1.000 haben wir allein in München untersucht und in die Studie eingebracht – hat es möglich gemacht, so detaillierte Einblicke in die Genetik der MS zu gewinnen. Durch die Ergebnisse dieser Studie erhalten wir wichtige Hinweise, welche Immunmechanismen und Moleküle für die Entstehung der MS von Relevanz sind. Dies ist somit auch ein wichtiger Schritt für die Entwicklung neuer Therapien, auch wenn es noch ein weiter Weg sein mag, bis wir MS vielleicht einmal heilen können.“

    An der Studie beteiligten sich mehr als 250 Wissenschaftler in 23 Forschergruppen aus 15 Ländern, die im „International Multiple Sclerosis Genetics Consortium“ unter der Leitung von Prof. Alastair Compston, Universität Cambridge, und im „Wellcome Trust Case Control Consortium“ unter der Leitung von Prof. Peter Donnelly, Universität Oxford, zusammengeschlossen sind. Prof. Bernhard Hemmer ist Mitglied im Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS), das die Studie im Rahmen seiner Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt hat. Weiterhin wurde die Studie durch den britischen „Wellcome Trust“ und der deutsche Anteil durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.

    Kontakt:
    Univ.-Prof. Dr. Bernhard Hemmer
    Direktor der Neurologischen Klinik und Poliklinik
    Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
    Tel. 089 4140 4601
    E-Mail: neurologie@lrz.tu-muenchen.de

    Veröffentlichung:
    „Genetic risk and a primary role for cell-mediated immune mechanisms in multiple sclerosis“, Autoren:
    The International Multiple Sclerosis Genetics Consortium (IMSGC) and the Wellcome Trust Case Control Consortium 2 (WTCCC2), Nature, 11. August 2011


    Weitere Informationen:

    http://www.neurokopfzentrum.med.tum.de/neurologie/index.html Neurologie der TU München


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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