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18.08.2011 14:45

Um die Wasserqualität in Deutschlands Flüssen ist es schlecht bestellt

Bernd Hegen Referat Öffentlichkeitsarbeit
Universität Koblenz-Landau

    Der durch die EU-weite Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geforderte gute chemische und gute ökologische Zustand wird in großen deutschen Gewässern bis 2015 wahrscheinlich nicht erreicht werden können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Koblenz-Landau, des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung und der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, die nun in der internationalen Fachzeitschrift für Umweltwissenschaften „Environmental Science & Technology“ erschienen ist. Über einen Zeitraum von zehn Jahren wurden Daten von den vier größten Flüssen Norddeutschlands ausgewertet: Elbe, Weser, Aller und Ems.

    „Diese Studie ist weltweit die bislang größte ihrer Art“, erklärt Ralf B. Schäfer, Juniorprofessor am Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau. Die Wissenschaftler werteten behördliche Gewässer-Monitoring-Daten aus einem Zeitraum von zehn Jahren von 1994 bis 2004 aus. Ausgewertet werden konnten die Daten erst jetzt dank einer neuen Methode zur Vorhersage der Toxizität von bisher ungetesteten Stoffen. „Spätere Daten lagen aufgrund der Auflösung des niedersächsischen Landesamtes für Ökologie nicht mehr in dem erforderlichen Umfang vor“, so Schäfer. 331 organische Schadstoffe wurden auf ihr Vorkommen und mögliche toxische Effekte hin untersucht. Auf dieser Basis wurde dann die Belastung der Flüsse eingestuft. Das Ergebnis: 257 der im Visier der Wissenschaftler stehenden Stoffe wurden in den Gewässern gefunden, und das zum Teil in Konzentrationen, die akute toxische Effekte auf Gewässerorganismen wahrscheinlich erscheinen lassen. Viele der Substanzen, die schädlich für Gewässerorganismen sind, fallen jedoch nicht unter die von der Europäischen Union als prioritär eingestuften Stoffe, die zur Beurteilung des chemischen Zustandes von Oberflächengewässern im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie herangezogen werden. Lediglich zwei der EU-weiten 33 prioritären Stoffe überschritten die entsprechenden Grenzwerte. Darüber hinaus wurden auch nicht zugelassene Pestizide in den Gewässern nachgewiesen.

    „Zwar sind die Trends rückläufig“, so Schäfer. Insgesamt seien die Belastungen beispielsweise durch Pestizide und Industriechemikalien allerdings so hoch, dass die toxischen Auswirkungen auf Flora und Fauna sehr wahrscheinlich seien. „Die Annahme, dass durch die Verdünnung der Chemikalien in großen Gewässern diese nicht so stark beeinträchtigt würden, lässt sich durch diese Ergebnisse widerlegen“, so Peter C. von der Ohe vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Bleiben die Belastungen in den großen Strömen auf dem heutigen Niveau, werden die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie schwer zu realisieren sein, sind sich die Wissenschaftler einig.

    Zur Beurteilung der Gewässerkonzentration glichen die Wissenschaftler die Daten aus dem behördlichen Monitoring mit Laborwerten aus Standardtests mit Wasserflöhen, Fischen und Algen ab. „Wir haben teilweise Stoffe in besorgniserregender Konzentration ausgemacht, die in vorliegender Höhe unter Laborbedingungen bei 50 Prozent der Wasserflöhe tödlich wären und zu einer großen Abnahme des Algenbestands führen könnten“, so Schäfer. Auch sei zu beachten, so von der Ohe, dass die verwendeten Monitoringdaten durch punktuelle Probenahme erfasst wurden, Pestizide dagegen eher episodisch auftreten würden und die Belastungen daher in der Praxis zeitweise noch höher sein könnten. Derzeit werde behördliches Gewässermonitoring nur punktuell und aus Kostengründen immer mehr mit Blick auf die 33 prioritären Stoffe durchgeführt, die in der vorliegenden Studie größtenteils keinen Anteil an der Gewässerbelastung hatten. Das größte Risiko würden dagegen andere Substanzen bergen, so die Einschätzung der Wissenschaftler. Diese sollten zukünftig stärker bei der Gewässerüberwachung in den Blick genommen und die genauen Quellen identifiziert werden.

    Die Studie:
    Ralf B. Schäfer, Peter C. von der Ohe, Ralph Kühne, Gerrit Schüürmann, Matthias Liess: „Occurence and Toxicity of 331 Organic Pollutants in Large Rivers of North Germany over a Decade (1994 to 2004). http://pubs.acs.org/est
    DOI: 10.1021/es2013006

    Beteiligte Einrichtungen: Institut für Umweltwissenschaften der Universität Koblenz-Landau, Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, Technische Universität Bergakademie Freiberg.

    Die Methodenstudie zur Vorhersage von Toxizität
    Gerrit Schüürmann, Ralf-Uwe Ebert, and Ralph Kühne, „Quantitative Read-Across for Predicting the Acute Fish Toxicity of Organic Compounds”. http://pubs.acs.org/est DOI: 10.1021/es200361r

    Kontakt:
    Universität Koblenz-Landau, Campus Landau
    Institut für Umweltwissenschaften
    Jun.-Prof. Dr. Ralf B. Schäfer
    Tel.: 06341 280-31536
    E-Mail: schaefer-ralf@uni-landau.de

    und

    Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
    Department Wirkungsorientierte Forschung
    Dr. Peter C. von der Ohe
    Tel. 0341-235-1581
    E-Mail: peter.vonderohe@ufz.de
    http://www.ufz.de/index.php?en=14838


    Bilder

    Saalemündung in die Elbe. In den vier größten Flüssen Norddeutschlands Elbe, Weser, Aller und Ems werteten Wissenschaftler über einen Zeitraum von 10 Jahren Daten aus, um den ökologischen und chemischen Zustand zu bestimmen.
    Saalemündung in die Elbe. In den vier größten Flüssen Norddeutschlands Elbe, Weser, Aller und Ems we ...
    André Künzelmann/UFZ
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    Um Schadstoffe in Flüssen nachzuweisen, müssen Wissenschafter Wasserproben entnehmen und untersuchen -- unter anderem mit Hilfe von Glasgefäßen.
    Um Schadstoffe in Flüssen nachzuweisen, müssen Wissenschafter Wasserproben entnehmen und untersuchen ...
    André Künzelmann/UFZ
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Saalemündung in die Elbe. In den vier größten Flüssen Norddeutschlands Elbe, Weser, Aller und Ems werteten Wissenschaftler über einen Zeitraum von 10 Jahren Daten aus, um den ökologischen und chemischen Zustand zu bestimmen.


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    Um Schadstoffe in Flüssen nachzuweisen, müssen Wissenschafter Wasserproben entnehmen und untersuchen -- unter anderem mit Hilfe von Glasgefäßen.


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