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21.03.1997 00:00

Experimente im Space Shuttle: Verhalten metallischer Schmelzen

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Pressedienst der Universitaet Augsburg, 16/97, 25.3.97

    START AM 3. APRIL:

    AUGSBURGER PHYSIK-EXPERIMENTE IM SPACE SHUTTLE COLUMBIA

    FEDERFUEHRENDE BETEILIGUNG AM DARA-PROJEKT "TEMPUS" ZUR UNTERSUCHUNG DES VERHALTENS METALLISCHER SCHMELZEN BEIM ABKUEHLVORGANG

    Wenn alles laeuft, wie geplant, wird am 3. April 1997 um 19.01 Uhr Mitteleuropaeischer Zeit das Space Shuttle Columbia vom Kennedy Space Center in Florida aus zu einer 16taegigen Weltraummis-sion abheben. Mit an Bord werden sich Experimentanordnungen zur Erforschung des Verhaltens me-tallischer Schmelzen befinden, an denen der Lehrstuhl fuer Experimentalphysik I der Universitaet Augs-burg unter der Leitung von Prof. Dr. Konrad Samwer und Dr. Bernd Damaschke federfuehrend betei-ligt ist.

    Das Verhalten metallischer Schmelzen waehrend des Abkuehlvorganges ist Gegenstand des internatio-na-len Forschungsprojekts "Tempus", benannt nach einer die zentrale Rolle spielenden Apparatur, die es ermoeglicht, metallische Proben tiegelfrei zu prozessieren und die Ablaeufe mit hochentwickelter Op-tik zu dokumentieren. Diese Apparatur wurde nach Vorgaben der als "Principal Investigators" fungie-renden Augsburger Forschergruppe bei der DASA-Dornier GmbH und bei der Firma Jena-Optronik entwickelt. Bei der anstehenden Spacelab-Mission wird diese Apparatur an Bord der Raumfaehre Co-lumbia fuer die Experimente von insgesamt neun Forscherteams zur Verfuegung zu stehen; neben der Augsburger Gruppe selbst sind je vier weitere aus Deutschland und den USA an diesem unter dem Dach der Deutschen Agentur fuer Raumfahrtangelegenheiten (DARA) laufenden Tempus-Projekt be-teiligt.

    OPTIMALE VERSUCHSBEDINGUNGEN IM WELTRAUM

    Untersuchungen des Verhaltens metallischer Schmelzen waehrend des Abkuehlvorgangs. lassen sich am besten in einem Induktionsofen durchfuehren, der die Schmelze in einem starken elektromagnetischen Feld in der Schwebe haelt und so stoerende Einfluesse ausschaltet, die ansonsten vom Schmelztie-gel auf die Probe ausgeuebt werden. Unter normalen Laborbedingungen auf der Erde nicht auszuschal-ten ist aber die Erdgravitation, die Konvektionsstroeme innerhalb des verfluessigten Metalls verursacht und damit das Erstarrungsverhalten und die spaeteren Materialeigenschaften beeinflusst. Die Form der Probe wird unter den Bedingungen der Schwerkraft ausserdem stets eine Tropfenform annehmen, was ebenso zu Stoerungen bei der Messung fuehrt. Im Weltraum hingegen ist ausschliesslich die Oberflae-chen-spannung wirksam, die zu einer Minimierung der Oberflaeche und folglich dazu fuehrt, dass die Pro-be die optimale Kugelform annimmt. Insbesondere ist es unter Weltraumbedingungen moeglich, die Probe in den Zustand der unterkuehlten Schmelze zu versetzen, sie also bis weit unterhalb ihres Schmelzpunktes fluessig zu halten.

    Mit den Experimenten an Bord der Columbia werden u. a. Untersuchungen der Erstarrungsvorgaenge, der Viskositaet sowie der Oberflaechenspannung durchgefuehrt. Das von der Augsburger Gruppe ent-wicklete Experiment dient der Messung der thermischen Ausdehung der metallischen Schmelzen, wo-bei das besondere Augenmerk den amorphen Metallen gilt. Im Gegensatz zu normalen Metallen, de-ren Atome sich stets in einem Kristallgitter regelmaessig aneinanderlagern, kommt es bei den amorphen Metallen zu einer unregelmaessigen Anordnung, die der Struktur von Fensterglas aehnelt. Daher werden sie auch als metallische Glaeser bezeichnet. Ihre amorphen Eigenschaften erhalten die Legierungen al-lerdings erst, wenn sie vom fluessigen Zustand in kuerzester Zeit (mehrere 100.000° pro Sekunde) ab-ge-kuehlt werden.

    MASSGESCHNEIDERTE MATERIALIEN FUER KUENFTIGE TECHNISCHE ANWENDUNGEN

    Um die dabei ablaufenden Prozesse nachvollziehbar zu machen, werden die Augsburger Wissenschaft-ler die thermische Ausdehnung und Schrumpfung der Metalle genau dokumentieren: Mittels eines Pyrometers wird die Helligkeit und damit die Temperatur der schwebenden Probe ermittelt und mit einer hochaufloesenden CCD-Kamera aufgezeichnet. Auf der Grundlage der dabei ermittelten Daten werden die Ausdehnungskoeffizienten der Schmelzen ermittelt, von denen man sich wiederum Aufschluesse ueber die bisher weitgehend unbekannte atomare Anordnung der metallischen Glaeser er-hofft. Darueber hinaus ist v. a. aber auch deren Verhalten waehrend des Abkuehlvorgangs und die Art der Kristallisation unter verschiedenen Bedingungen von grossem Interesse, denn das Verstaendnis dieser Zusammenhaenge ist eine notwendige Voraussetzung fuer eine zielgerichtete Entwicklung von massgeschneiderten Materialien fuer zukuenftige technische Anwendungen z. B. im Bereich der Fuege- und Schweisstechnik.

    Fuer die Durchfuehrung und Ueberwachung der Experimente werden sich Samwer und Damaschke im April in Huntsville im US-Bundesstaat Alabama einfinden, von wo aus die wissenschaftliche Leitung des Projektes erfolgt. Obwohl sie bereits einige Male vor Ort waren, um den Ablauf der Operation zu simulieren, wird ihnen beim jetzt anstehenden "Ernstfall" wohl einiges mehr an Stehvermoegen abver-langt werden: Ueber den gesamten Zeitraum der Versuchsreihe, die unter optimalen Bedingungen etwa fuenf bis sechs Tage dauern wird, muessen sie im Schichtdienst rund um die Uhr praesent sein, um die Versuche zu ueberwachen und im Bedarfsfall eingreifen zu koennen.

    KONTAKT: Universitaet Augsburg, Lehrstuhl fuer Experimentalphysik I, Memminger Strasse 6, 86159 Augsburg, Tel. 0821/598-3327


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Mathematik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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